Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0033
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung für Riga von 1530. — Dorpat.

17

ist, die auf den selbigen tag des testaments Christi
begeren.
Am wercktag aber, so die communicanten ver-
handen sind, singt man vor der predigt, wie ge-
wonlich, aber bald nach der predigt, hebt man
an das gesetzte lied des vater unsers, das es die
ganze versammlung singe (da mit die knaben in
der schulen an irer lere nicht verhindert werden).
Darauf spricht der priester die wort der benedei-
ung über das brot, über den wein, eben wie oben
angezeigt, und bald darnach singt man das lied,
gott sei gelobet etc., darunter communicirt man
die so verhanden sind etc. Sonst so nicht communi-
canten verhanden, singt man nach der predigt
oder lection einen deutschen psalmen, oder sonst
ein deutsch christlich lied etc.
Von gefessen und anderer zubehörung.
Im thum alhie zu Riga und auch zu St. Peter,
bedarf man an iglichem orte drei kelche, einen
für gemeine siechen und krancken, den andern
von wegen etlicher unreinen krancken, so an-
hangende schedliche seuche haben, den dritten
kelch am sontag und sonst die woche durch, vor
die communicanten in der kirchen und zum altar.
Zu St. Jacob muss er der gleichen auch versorgen,
und were gut das einem iedern diacon oder diener
ein kelch überreicht würde, vor die siechen, das
also kein verseumnuss an den krancken, des nachtes
oder sonst in der eil geschehe.
Der kleidung halben des dieners unter der
deutschen mess, wollen wir uns dis frei fürbehalten
haben, ein chorröckel des sontags, und sonst, so
communicanten verhanden. Auf sonderliche fest

aber, als da sind, ostern, pfingsten etc. eine chor-
kappen, oder casel zu brauchen, oder nach zu-
lassen, wie es bequem ist, nemlich das man des
sontags schlecht ein chorröckel hab. Auf die fest
aber, mag er ein chorkappe oder casel (die weil
ihr noch genug verhanden ist, und doch sonst,
wiewol sie viel gelt gekost haben, da verterben)
schlecht über das röckel ziehen, auf das durch
solche stete verwandlung und enderung die frei-
heit solcher eusserlichen ding, destebas vermerckt
werd, auf das man sehe, das wider dis noch jens
nötig sei, und das eben so wenig an schwarze
oder blaue röckel, als wenig als an chorröckel
oder chormentel oder casel, die freiheit des evan-
geliums gebunden ist, auf das man nicht alzuser
auf die ander seite falle, und gewinne eine falsche
tolle meinung, gleich als musse es nicht anders
dann in schwarzen oder blauen kleidern ge-
schehen etc.
Von festen.
Alle festa Christi unsers herrn und erlösers,
woll wir halten, auf das man das gedechtnus der
heilsamen und grossen gnadenreichen werck, die
uns zu trost geschehen sind, mit predigten und
ermanung des volcks jerlich begehe, als nemlichen
weinachten, circumcisionis, epiphanie, purificationis,
annunciationis, ostern, pfingsten, mit den andern
folgenden tagen, auch ascensionis Christi, und
visitationis, die weil das die erste offenbarung
Christi ist gewesen, da er noch in mutter leib
war, donnerstag und freitag vor ostern predigt
man vom obentmal des herrn, und neuen testament
und die passion, doch in stunden geteilet.

Dorpat.
Litteratur. Körber, Materialien zur Kirchen- und Prediger-Chronik der Stadt Dorpat.
Dorpat 1860; Bienemann, in Balt. Monatsschr. 29, S. 431; Hausmann, in Mittheil, aus
der livl. Geschichte XVII, 2 (Riga 1899), S. 187 ff.; Otto, Über die Dorpater Klöster und ihre
Kirchen, in Verhandlungen der Gelehrten Estnischen Gesellschaft XXII, 2 (Dorpat 1910), S. 1 ff.
Über die Anfänge der Reformation, namentlich den Bildersturm des Jahres 1524, die
Vertreibung der Orden, vgl. Hörschelmann, Andreas Knopken. Leipzig 1896. S. 62 ff.;
die interessante Abhandlung von Hausmann, Die Monstranz des Hans Ryssenberg in der
K. Ermitage zu St. Petersburg, in Mittheil, aus der livländischen Geschichte XVII, 2 (Riga
1899), S. 187 ff.; Otto, in Verhandl. der Gelehrten Estnischen Gesellschaft XXII, Heft 2
(Dorpat 1910), S. 1 ff., 47, 59.
Die Quellen für die Dorpater Kirchengeschichte sind sehr spärlich. Erhalten ist von
den Beständen des während der ersten Russenzeit (1558—1582) nach Russland verschleppten
Sehling, Kirchenordnungen. V. 3
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften