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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0038
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Livland.

unter den Geistlichen der Stadt Eintracht und Liebe geherrscht habe, „des in den Zeiten des
Pastoren (= Oberpastors) nichts vermerket“ (der Rath hat hier den unverträglichen Pastor Marsow
im Auge). Die Vertreter der Gilden machten dagegen den Vorschlag, einen besonderen Ausschuss
„aus allen Parten“ (d. h. dem Rath und den beiden Gilden) zur Weiterberathung einzusetzen. Der
Rath war damit einverstanden und erklärte den wieder vorgeladenen Geistlichen, dass man aus
vielen beweglichen Ursachen die Sache wegen des Pastors noch beruhen lassen, wegen der „Ge-
brechen“ aber einen besonderen Ausschuss aus den drei Parten einsetzen wolle. (Die drei
Parten sind hier der Rath und die beiden Gilden. Die Schwarzen Häupter werden in Zukunft
in den Protokollen gar nicht mehr genannt; sie werden wahrscheinlich deshalb nicht mit heran-
gezogen, weil sie sich stets sträubten, mit zu zahlen. Übrigens sind in anderen Fällen unter
den drei Parteien der Rath, die zwei Gilden und die Geistlichen zu verstehen.) Die Kirchen-
diener sollten ihre Wünsche diesem Ausschusse schriftlich überreichen.
Diese „Gebrechen“ der Kirchendiener wurden vor dem Ausschusse am 26. September 1554
verhandelt (Protoc. consul. Bl. 458 a). Den Ausschuss bildeten Bürgermeister Evert Neustede,
Anton Tyle, Thomas Stralborn, Moritz Schröder, Rathsleute, Berndt zur Brede, Bartholomäus
Delgen und Joachim Zunagel (oder Thonagel) als Vorstände der gemeinen Kasten. (Diese Kasten-
vorsteher gehören wohl auch den beiden Gilden an, so dass letztere auch als vertreten
erscheinen.) Die Geistlichen werden vor diesen Ausschuss vorgeladen, und es wird ihnen er-
öffnet, dass sie ihre Wünsche jetzt mündlich vorbringen sollten; wenn sie es schriftlich thäten,
würde der Ausschuss es dem Rathe vorlegen. Die vorgetragenen Wünsche der Geistlichen
Albanus, Crispinus, Wettermann, Lövemann, Clemens, Kindt, Kackerack, Fegesack betrafen
Besoldung, Pension und Wohnung. Der Ausschuss nahm sie entgegen und versprach, sie an
den Rath und die Gilden zu bringen. Am 2. Oktober 1554 hat der Ausschuss (der dieses Mal
aus Neustede, Tyle, Stralborn, Engelstede, Rathsleuten, und den verordneten Vorstehern des
gemeinen Kastens bestand) die „Gebrechen“ erneut berathen und beschlossen, die Geistlichen,
deren Besoldungen verbessert werden sollten, im Namen des Rathes und der ganzen Gemeinde
zu befragen, ob sie, wenn zunächst ein oberster Pastor nicht bestellt werden könne, doch wie
bisher ihres Amtes walten wollten. Die Geistlichen antworteten zustimmend, was dem Rathe
zu besonderem Wohlgefallen gereichte (Protokoll vom 10. Oktober 1554, Bl. 463 a ff.). Der Aus-
schuss berichtete an den Rath, er habe eine „Notel“ verfasst, durch welche, wie er glaube,
die Geistlichen für dieses Mal zufrieden gestellt sein könnten, auf die Dauer müsse aber doch
wohl ein oberster Pastor erwählt werden. Der Rath beschloss aber, diese Notel der Gemeinde
nicht zu eröffnen, sondern befragte die Gilden, wie sie sich zur Wahl eines Pastors verhielten.
Diese erklärten, dass sie mit dem, was der Rath thun würde, einverstanden seien; sie schoben
also dem Rath die Verantwortung zu.
Dem Pastor zu St. Johannis ertheilte der Rath einen Tadel wegen seiner ständigen
Gesuche um Urlaub zur Verrichtung von Casualien bei dem Adel ausserhalb der Stadt, s. oben
S. 19. Im Übrigen hat der „Rath und ganze gemene“ den Kastenvorstehern befohlen, die
Wünsche der Geistlichen zu erfüllen: Crispinus darf die leer stehende Wohnung zu St. Marien
beziehen bis zur Ernennung eines obersten Pastors; der Pastor zu St. Johannis und die drei
deutschen Predikanten zu Unseren lieben Frauen erhalten jährlich drittehalb hundert Mark
Rigische zur Besoldung; Clemens und Kackerack als „Mitarbeiter im Worte“ erhalten 20 Mark
Rigische zugelegt. Wenn sie damit nicht zufrieden seien, müssten sie kündigen, und zwar
gemäss altem Rechte mit halbjähriger Frist. Der Rath spricht die Erwartung aus, dass sie
sich nunmehr der alten Ordnung gemäss verhalten würden und verlangt, dass die Kirchen-
diener die nachstehenden Punkte, welche zur Ergänzung der alten Ordnung von „Rath und
Gemeinde“ aufgerichtet seien, ins Werk setzen würden. Diese neue Ordnung von 1554 ist dem
Protocoll einverleibt und wird daraus hier erstmalig abgedruckt. (Nr. 6.)
 
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