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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0052
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Estland.

Dubberch, S. 8). — Beide Stücke sind bei Winkler (Dubberch, S. 5 ff. bezw. 8 ff.) ausführlich
beschrieben und werden hier nicht abgedruckt.
Da Agrikola bereits am 19. Februar 1586 verstarb, so werden die vorstehenden Aus-
arbeitungen wohl auf dem Papiere stehen geblieben sein. Zu rühmen ist, dass Agrikola dem
Befehle Johannes III. vom Jahre 1583, die schwedische Kirchenordnung und Liturgie von 1572,
die bekanntlich katholisirend ist, in Estland einzuführen, nicht nachgekommen ist.
Nach dem Tode Agrikola’s erteilten die schwedischen Kommissare Dubberch Vollmacht,
mit Zuziehung von zwei Landgeistlichen in ganz Estland Visitationen vorzunehmen. Von
Dubberch stammt eine ausführliche Visitations-Ordnung von 1593, die vom Gouverneur Jürgen
Boye (1592—1600) bestätigt worden ist. Ihr von Dubberch’s Hand geschriebener Entwurf liegt
im Schwedischen Reichsarchiv zu Stockholm (Papierheft von 24 Bl. fol., s. Schirren, Ver-
zeichn livl. Geschichts-Quellen in schwed. Archiven u. Bibliotheken, S. 170, Nr. 2060; Excerpte
des Generalsuperintendenten A. Knüpffer im Domkirchen-Archiv zu Reval). Auch von ihr giebt
Winkler (Dubberch, S. 12) eine gute Inhaltsangabe.
Winkler schildert weiter die Visitationen Dubberchs in den einzelnen Landgemeinden,
soweit uns Nachrichten erhalten sind. Von besonderer Bedeutung sind die Visitationen seit 1593.
Dubberch war beauftragt worden, die Dekrete des Conzils zu Upsala, welches am 20. März 1593
die Abschaffung der Liturgie Johannes III. und „alles päpstlichen Sauerteiges“ beschlossen
hatte, durchzuführen. Die Visitationsakten hat Winkler gründlich verwerthet (a. a. O. S. 22 ff.).
Über eine Kirchenvisitation in Kegel von 1593, der ersten, die ausserhalb der Wiek
stattfand (vgl. dazu Winkler, a. a. O. S. 31), findet sich ein Manuskript in Reval, Estländische
Bibliothek: Iversen. Coll. Esthon. 40, S. 45 (Mittheilung von Herrn Stadt-Archivar Feuereissen
in Riga). Vgl. das Nähere bei Winkler, S. 31 ff.
Über die Beschlüsse des Landtages zu Wosel (einem Dorfe im Kirchspiel Kosch) vom
25. und 26. August 1595 (die namentlich die Zuziehung von zwei Edelleuten zur visitation
verordneten und damit das Interesse des Adels für die Kirchenreform erhöhten) und über die
darauf hin erfolgenden weiteren Visitationen Dubberch’s von 1595, 1596, 1597 (hier spielen
namentlich die Finanzen eine Hauptrolle) vgl. die Darstellung bei Winkler. Sie liefert einen
Beweis für die treue Arbeit Dubberch’s, aber gleichzeitig auch dafür, wie wenig noch am Ende
des 16. Jahrhunderts die kirchlichen Verhältnisse als abgeschlossene betrachtet werden können.
Die rechtliche Stellung des Bischofs, des Landkirchenvisitators, zum König, zum
Gouverneur und den weltlichen Behörden war formell keineswegs klar gestellt, aber wohl den
thatsächlichen Massverhältnissen entsprechend geregelt. Das Verhältniss des Consistoriums zu
den weltlichen Gerichten war kein scharf abgegrenztes (vgl. Winkler, a. a. O. S. 21 ff.). -
Eigene kirchliche Ordnungen hat das Land ausser den oben erwähnten Instruktionen
Agrikola’s und Dubberch’s nicht aufzuweisen. Die kriegerischen Zeiten liessen auch keinen
Raum zu solchen Werken des Friedens. Da man die schwedische Liturgie von 1572 nicht ein-
geführt hatte, so ist vielleicht anzunehmen, dass man sich der kurländischen Kirchenordnung
von 1572 bediente (vgl. Richter II, 1, S. 154; Carlblom, a. a. O. S. 6).
Im Jahre 1627 fand in Estland und den inzwischen dazu erworbenen Provinzen Liv-
land und Ingermanland eine General-Visitation durch Bischof Dr. Rudbeck, Bischof zu Westeräs,
statt (vgl. Nottbeck, Gustav Adolf und die Rudbeck’sche Kirchenvisitation, in Balt. Monats-
schriften 33, S. 29 ff. [dortselbst finden sich Angaben über ältere Litteratur]; Christiani,
Bischof Dr. Johann Rudbeckius und die erste estländische Provinzial-Synode, in Balt. Monats-
schriften 34, S. 549, 697). Die Geschichte des 17. Jahrhunderts fällt aus unserem Programm.
Eine Sonderdarstellung beansprucht die Stadt Reval.
 
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