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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0064
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Kurland.

29 in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück (nach Mittheilung des Herrn Archivdirektors
Stavenhagen).
Herzog Gotthard starb im Mai 1587. Nach seinem Tode regierten seine beiden
Söhne Friedrich und Wilhelm gemeinsam. Die weitere Geschichte des Landes bietet für unsere
Zwecke nichts. 1737 erlosch der Kettler’sche Mannesstamm.
Das 17. Jahrhundert entfaltete ein regeres kirchliches Leben. Man vergleiche die zahl-
reichen Aufsätze in den Sitzungsber. der kurl. Gesellsch. für Litteratur u. Kunst. Hierauf ist
an dieser Stelle nicht näher einzugehen.
Grössere evangelische Schulen, die in enger Verbindung mit den Kirchen standen, besass
Kurland im 16. Jahrhundert in Mitau, Goldingen, Windau, Bauske und Libau. Die älteste
bekannte Schulordnung, eine libausche, datirt aber erst vom 30. Januar 1638. Vgl. Otto, a. a. O.
II. Ein gesondertes Schicksal vom übrigen Kurland hatte der Kreis Pilten. Er
hatte seit dem 13. Jahrhundert das Bisthum Kurland gebildet. Bischof Johann von Münch-
hausen, der zugleich Administrator des Bisthums Oesel war, verkaufte 1559 seine Besitzrechte
an beiden Stiften dem König Friedrich II. von Dänemark. Dieser überliess beide Bisthümer
seinem Bruder, dem Herzog Magnus von Holstein, als Entschädigung für Ansprüche auf Holstein.
Magnus regierte als letzter Bischof von Kurland bis 1583. Nach seinem Tode brachen wegen
Pilten Streitigkeiten zwischen Dänemark und Polen aus, die damit endeten, dass Polen Pilten
von Dänemark zurückkaufte, es aber zugleich für die Kaufsumme an den Markgrafen Georg
Friedrich von Brandenburg-Ansbach, den damaligen Regenten des Herzogthums Preussen, ver-
pfändete. 1611 übernahm Herzog Wilhelm von Kurland Pilten von der preussischen Pfand-
herrschaft, verlor es aber bereits 1616 zusammen mit seiner Herrschaft im Herzogthum Kur-
land. Pilten bildete nun eine unter polnischer Oberhoheit stehende Adelsrepublik, die im
17. Jahrhundert zeitweilig in eine mehr oder weniger lose Union mit dem Herzogthum Kurland
trat, im 18. Jahrhundert aber nur die polnische Oberhoheit anerkannte. In dieser Gestalt kam
es 1795 an Russland. Vgl. L. Arbusow, Grundriss der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands,
3. Auflage, Riga 1908.
Aus dem 16. Jahrhundert sind kirchliche Ordnungen für ganz Pilten nicht überliefert.
Eine gewisse Organisation scheint in Anlehnung an die kirchlichen Einrichtungen im Herzog-
thum bestanden zu haben, da es piltensche superintendenten gab, von denen zwei aus den
Jahren 1587 bis 1589 genannt werden, s. Kallmeyer-Otto, S. 179. Der letzte Bischof,
Herzog Magnus, betheiligte sich selbst als Protestant an der Gründung und Erhaltung lutheri-
scher Pfarren. Erst 1622 publizirte die piltensche Landesregierung eine von der piltenschen
Ritter- und Landschaft angenommene Kirchenordnung als „Geistliche Jurisdiction im Stiefftischen
Kreyse Pielten“. Im Druck erschien sie viel später, 1741 und 1743, s. Winkelmann, Bibl.
Livoniae hist. Nr. 3894; ein neuer Druck findet sich bei Tetsch, Kurländische Geschichte
(Königsberg 1768) II, S. 26 ff. Eine mir von Herrn Archivdirektor Stavenhagen zur Verfügung-
gestellte Abschrift des Originals im Kurl. Landesarchiv weist gegenüber dem Drucke von
Tetsch nur vereinzelte, unwichtige Abweichungen auf.
Für ein Kirchspiel des piltenschen Kreises, für Sackenhausen, liegen aber wohl zwei
Kirchenordnungen des 16. Jahrh. vor. Die erste ist „nach dem Original“, das jetzt unbekannt
ist, abgedruckt im „Inland“ 1839, Nr. 51; die zweite daselbst Nr. 52 ohne Angabe der Vorlage,
aber offenbar auch nach einem Original. Darnach geben am 6. Januar 1568 sämmtliche Vetter
und Gebrüder von Sacken gen. von der Osten, die die Sackenhausenschen Strandgüter besitzen,
ihrer Kirche zu Sacken eine Ordnung, die sie mit neun Siegeln besiegeln. Die zweite Ordnung
ist vom 4. November 1586 datirt und durch acht Unterschriften und sechs Siegel derer von Sacken
beglaubigt (von ihr ist im kurl. Landesarchiv eine gute Abschrift vom Ende des 17. Jahr-
hunderts vorhanden). Beide Ordnungen werden hier abgedruckt. (Nr. 22 u. 23.)
 
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