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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0098
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Kurland.

verfasset an den superintendenten und das con-
sistorium ferner zu dijudicirn remittirt werden.
Reuber, ungerechte, wucherer, die wider der
obrigkeit constitution und der lande aufgerichtete
recesse ungebürliche contract machen und allerlei
unbilligkeit, mit falscher masse und gewichte,
landgrenzen und scheidung handhaben.
Meineidige und falsche zeuge, die unter dem
schein des rechten, falscher siegel und briefen,
oder jenigs behelfs ihren nechsten zuvervortheilen
geneigt.
Alle gewalt, unzucht und frevel, so den
kirchen , kirchhöfen , widmen, hospitaln , schulen
und gottsackern oder heusern zu grosser profana-
tion und verunglimpfung beigefüget werden.
Alle schult und ausstehende einkommen der
kirchen und hospitaln angehörig.
Alle anklage der ungebauten kirchen, widmen,
schulen, hospitaln und unverrichteten besoldung
der kirchendiener.
Alle zwist und spaltung der kirchendiener.
Da alle sache, die kirchendiener und der-
selbigen anklage belangent, an das consistorium
und sonst nirgends hin verwiesen werden.
Summa alle streit der lehr und urtheil wider
die unbussfertigen, das sie bekeret oder offentlich
durch den christlichen bann nach folgender in-
struction gestrafet werden.
Dis seind die fürnemsten artickel, die sachen
und personen, so an das consistorium gehören,
belangende. Was aber mehr vom consistorio zu
bedenken, das wird sich der superintendens mit
den zugeordenten, aus andern gelarten schriften,
nach gelegenheit zubescheiden haben.
Das dritte theil der kirchenordnung,
von den christlichen ceremonien.
Was für ein grosser unterscheid sei zwischen
den ceremonien zum kirchendienst, von menschen
verordnet, und dem allein seligmachenden wort
gottes und hochwirdigen sacramenten, des müssen
alle christen zu allen zeiten fleissig unterrichtet
werden.
Denn diese beiderlei, nemlich gottes wort
und die zwe sacramente, die taufe und des herrn
abentmal, seind alleine die nötigsten stücke zu
unser seligkeit, die nümmer können, sollen oder
mugen ohne grosse erschreckliche sünde, wider
das gewissen und unvermeidliche ergernus der
kirchen gottes von engeln oder menschen geendert,
verkeret, vermehret oder vermindert werden.
Darum Sanct Paulus zun Galatern am 1. capit.
klerlich sagt, so auch wir oder ein engel vom
himel euch wolte ein ander evangelion predigen,
der sei vefluchet. Und in der 1. ad Corin. cap. 2.
Ich habe es vom herrn entfangen, das ich euch

gegeben. Und erzelet also des nachtmals ein-
setzung. Darnach von den ceremonien redet er
unterscheidlich, das ander (sprechende) wil ich
ordnen, wenn ich komme, als solchs weiter aus
dem 14. cap. zuersehen.
Die ceremonien aber sein externi ritus, eusser-
liche werke in der gemeinen versamlung der
christlichen kirchen, nach notturft oder gelegen-
heit der personen und örter, vermüge unser christ-
lichen freiheit von gottseligen frommen christen
fürgestellet, eintrechtiglich beliebet, christlich be-
willigt und einhelliglich angenommen, auf das es
alles ordentlich und zur besserung in der christ-
lichen gemeine zugehen müge, und seind disfals
veluti adiaphora ganz unnötig zur seligkeit, können
und mügen unterzeiten in casu necessitatis et di-
lectionis in sonderlichen fellen der dringenden not
und christlicher liebe unterlassen, oder da sie
nicht zu erbauung der kirchen gottes dienstlich
und (wie leider vielmals geschicht) in einen ab-
göttischen missbrauch gerathen, wo nicht geendert,
genzlich abgethan werden.
Zu solchen ceremonien, damit gottes wort
desto gefüglicher gelernet, die sacrament andechtig
gebrauchet und die christliche kirche besser und
bequemer erweitert werden möchte, ist für allen
dingen hochnötig der ceremonien eintracht und
einhellige vergleichung, darum muss man sich
höchstes vermügens hüten für dem beschwerlichen
und uberaus schedlichen laster der neupflichterig-
keit, ohne not und ehaften ursachen ichteswes in
den kirchen ceremonien zu endern, verneueren,
verkürzen, verlengern, vermehren, verringern oder
leichtfertig von einem veralteten, löblichen, nütz-
lichen, ublichen gebrauche und bekanter unerger-
lichen gewonheit, zu andern neuen erfundenen
und aufgebrachten ceremonien und kirchendiensten
sich begeben oder hinwenden lassen. Solchen
unbestand und grosse leichtfertigkeit strafet der
liebe apost. 1. Cor. 14., 2. Cor. 11. Und in der
ersten Thimot. 5. werden solche arrogantissima et
nocentissima praeiudicia ernstlich verboten.
Demnach das in ceremonien durch das ganze
land gleicheit gehalten werde, das ist sehr löblich,
und thut den zuwachsenden christen bevorab bei
dem albern unverstendigen landvolk nicht den
wenigsten fürschub und befürderung. Denn wenn
die armen leutlein, die nicht alleine noch schwach,
sonder auch mehres theils nicht unterrichtet, heute
an dem einen orte eine ander ordnung und gebrauch
der ceremonien sehen als an andern, so wissen sie
nicht, woran sie es mit der ganzen religion haben,
und können sich ohne ergernus in der sachen mit
nichten schicken. Darum wollen wir uns einer
christlichen ordnung in den kirchen dieses fürsten-
thums stets befleissigen, und gar nichts anfechten
lassen der Calvinisten schwermerei, die aus ver-
 
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