Kurländische Kirchenordnung von 1570.
109
verwirkung nach darüber etwas widerfüre, des
die weltliche obrigkeit existens custos prioris et
posterioris tabulae, die zum schrecken und strafe
der bösen und handhabung der guten mit be-
vohlenem sehwerte der iustitien von gott gesetzet,
nicht umgang haben könte, das mag derselb auch
alsdenn vorlieb nemen und gedenken, das es nicht
wider sein tragendes theures amt, sondern dem-
selben zu ehren und die befunden ubelthat zu-
strafen, wider den ubeltheter und buben für-
genommen werden müssen.
So viel aber die enturlaubung der pfarner
und versetzung der kirchendiener belanget, sol
ohne sonderliche ehaftige, wichtige und merkliche
ursachen , bewilligung und vorwissent des super-
intendenten jemand mit nichte verweiset, viel
weniger veriaget werden. Auch sol niemand seines
eigen, wilkürlichen gefallens, ohne bewilligten be-
ruf und sonderliche ehafte ursachen seine pfarre
verlassen und eine andere erwehlen, sonder alles
mit der obrigkeit, derselben kirchen als der patronen
und des superintendenten wissen, rath und zulas
anfahen und ausrichten.
Die versatzunge der prediger sol nicht ge-
schehen ohne sonderliche merkliche ursachen, das
sie von einer kirchen genommen und auf eine
ander versetzet werden und dasselbige auch mit
bewilligung der obrigkeit und ganzen kirchspils.
Summa, sanct Paulus, ja gott der heilige
geist selbst wil, das zur besserung der christlichen
gemeine alles ordentlich zugehen sol, darum müssen
zugleich geistliche und weltliche amtstragende per-
sonen, denen gottes ehr und der seelen ewige
wolfart, wie sie es für gott zuverantworten haben,
zu herzen gehet, christlicher und einhelliger be-
willigung nach, um der eintracht willen, reiner
göttlicher lehr und vermeidung aller rotten und
schwermergeister einschleichendes schafskleides,
da uns Christus für warnet Matth. 7. Ein jeder
sich in seinem stande seines berufs wisse gebür-
licher weise zuverhalten, das die obrigkeit und
sonderlich diejenigen, so an den kirchen die be-
lehnung, ius patronatus genant, haben, wenn
kirchen oder schulen vacirn und ledig sein, kirchen
und schuldiener vocirn, berufen, bestellen und
annemen, jedoch mit des praesidenten bewilligung,
sonderlich wo es unbekante, fremde, verdechtige,
noch nicht geordinirte personen sein, so sollen sie
dem superattendenten zu examinirn, zu ordinirn
und zu introducirn oder in das lehramt zu be-
stetigen praesentirt und dargestellet werden. Der-
selbigen ordnung nach, sol es auch mit der ent-
urlaubung der pfarherrn und kirchendienern eine
ordentliche gestalt und gelegenheit haben, ut
omnia ordine et decenter in ecclesia fiant, salvo
iure et integra omnium legitima autoritate pacem
et ecclesiae tranquillitatem quantum fieri potest
apud omnes retinentes ac sedulo iuxta apostoli
praeceptum conservantes.
Und weil die kirchen dergestalt bewidmet,
das auch inventaria albereit vermacht und ferner
ordentlich sollen gestellet und gestiftet werden, so
wil es sich auch nach rechte gebüren, das die
pastorn, wenn sie abziehen, treulich bei den ent-
fangenen gütern im inventario verfasset, handlen,
dieselbigen alle neben dem gebeude zu uber-
reichen, wie sie die entfangen, und da irer eigen
verseumnis und der ihren untreu und nachlessig-
keit halben, dem gebeu und zeunen jenigerlei
ansehenlicher schade zugewant were, alles wie es
auch in der kirchen reformation praecaviret, re-
stitueren und bezalen, für allen dingen aber, das
sie ihre successores mit der winter und sommer-
sath nach aller billigkeit versehen, versorget und
bewaret wissen, da aber hiewider gehandelt und
darüber geklaget, sol der verbrecher in gebürliche
strafe ungeschonet genommen werden.
Bitten derhalben zum beschlus und am ende
dieser kirchenordnung, den almechtigen, einigen,
ewigen und warhaftigen gott und vater unsers
lieben herrn Jesu Christi, desgleichen seinen gleich
almechtigen eingebornen sohn, unsern lieben herrn
und heiland Jesum Christum, darzu gott den
wirdigen heiligen geist, das er vermittelst dieser
christlichen und heilsamen kirchenordnung in dem
semtlichen einwohnern dieses landes einen jedern
predigern und zuhörern, in sonderheit vollen-
bringen wolte, was angefangen ist zu seines allein
heiligen namens lob und preise, zu seiner christ-
lichen kirchen erweiterung, versamlung, erbauung
und ausbreitung, sowol als aller deutschen und
undeutschen ewiger und seliger wolfart. Darum
sprechen billich alle fromme gottselige christen in
der zerstörung langweiliger unruhe und kriegs-
beschwerligkeit dieses ganzen landes aus dem
79. psalm:
Gedenke nicht, herr, unser vorige missethat,
erbarm dich unser balde, denn wir seind fast
dünne und elend geworden.
Hilf du uns gott, unser helfer, um deines
namens ehre willen, errette und vergib uns unsere
sünde um deines namens willen.
Warum lessestu die heiden sagen, wo ist nun
ihr gott?
Und mit dem heiligen Mose aus dem 90. psalm
beten ohn unterlas die heiligen gottes.
Herr, kere dich doch wieder zu uns und sei
deinen knechten gnedig.
Fülle uns frü mit deiner gnade, so wollen
wir rühmen und frölich sein unser lebenlang.
Erfreu uns nu wider, nach dem du uns so lange
plagest, nach dem wir so lange unglück leiden.
Zeige deinen knechten dein werk und deine
ehre ihren kindern.
109
verwirkung nach darüber etwas widerfüre, des
die weltliche obrigkeit existens custos prioris et
posterioris tabulae, die zum schrecken und strafe
der bösen und handhabung der guten mit be-
vohlenem sehwerte der iustitien von gott gesetzet,
nicht umgang haben könte, das mag derselb auch
alsdenn vorlieb nemen und gedenken, das es nicht
wider sein tragendes theures amt, sondern dem-
selben zu ehren und die befunden ubelthat zu-
strafen, wider den ubeltheter und buben für-
genommen werden müssen.
So viel aber die enturlaubung der pfarner
und versetzung der kirchendiener belanget, sol
ohne sonderliche ehaftige, wichtige und merkliche
ursachen , bewilligung und vorwissent des super-
intendenten jemand mit nichte verweiset, viel
weniger veriaget werden. Auch sol niemand seines
eigen, wilkürlichen gefallens, ohne bewilligten be-
ruf und sonderliche ehafte ursachen seine pfarre
verlassen und eine andere erwehlen, sonder alles
mit der obrigkeit, derselben kirchen als der patronen
und des superintendenten wissen, rath und zulas
anfahen und ausrichten.
Die versatzunge der prediger sol nicht ge-
schehen ohne sonderliche merkliche ursachen, das
sie von einer kirchen genommen und auf eine
ander versetzet werden und dasselbige auch mit
bewilligung der obrigkeit und ganzen kirchspils.
Summa, sanct Paulus, ja gott der heilige
geist selbst wil, das zur besserung der christlichen
gemeine alles ordentlich zugehen sol, darum müssen
zugleich geistliche und weltliche amtstragende per-
sonen, denen gottes ehr und der seelen ewige
wolfart, wie sie es für gott zuverantworten haben,
zu herzen gehet, christlicher und einhelliger be-
willigung nach, um der eintracht willen, reiner
göttlicher lehr und vermeidung aller rotten und
schwermergeister einschleichendes schafskleides,
da uns Christus für warnet Matth. 7. Ein jeder
sich in seinem stande seines berufs wisse gebür-
licher weise zuverhalten, das die obrigkeit und
sonderlich diejenigen, so an den kirchen die be-
lehnung, ius patronatus genant, haben, wenn
kirchen oder schulen vacirn und ledig sein, kirchen
und schuldiener vocirn, berufen, bestellen und
annemen, jedoch mit des praesidenten bewilligung,
sonderlich wo es unbekante, fremde, verdechtige,
noch nicht geordinirte personen sein, so sollen sie
dem superattendenten zu examinirn, zu ordinirn
und zu introducirn oder in das lehramt zu be-
stetigen praesentirt und dargestellet werden. Der-
selbigen ordnung nach, sol es auch mit der ent-
urlaubung der pfarherrn und kirchendienern eine
ordentliche gestalt und gelegenheit haben, ut
omnia ordine et decenter in ecclesia fiant, salvo
iure et integra omnium legitima autoritate pacem
et ecclesiae tranquillitatem quantum fieri potest
apud omnes retinentes ac sedulo iuxta apostoli
praeceptum conservantes.
Und weil die kirchen dergestalt bewidmet,
das auch inventaria albereit vermacht und ferner
ordentlich sollen gestellet und gestiftet werden, so
wil es sich auch nach rechte gebüren, das die
pastorn, wenn sie abziehen, treulich bei den ent-
fangenen gütern im inventario verfasset, handlen,
dieselbigen alle neben dem gebeude zu uber-
reichen, wie sie die entfangen, und da irer eigen
verseumnis und der ihren untreu und nachlessig-
keit halben, dem gebeu und zeunen jenigerlei
ansehenlicher schade zugewant were, alles wie es
auch in der kirchen reformation praecaviret, re-
stitueren und bezalen, für allen dingen aber, das
sie ihre successores mit der winter und sommer-
sath nach aller billigkeit versehen, versorget und
bewaret wissen, da aber hiewider gehandelt und
darüber geklaget, sol der verbrecher in gebürliche
strafe ungeschonet genommen werden.
Bitten derhalben zum beschlus und am ende
dieser kirchenordnung, den almechtigen, einigen,
ewigen und warhaftigen gott und vater unsers
lieben herrn Jesu Christi, desgleichen seinen gleich
almechtigen eingebornen sohn, unsern lieben herrn
und heiland Jesum Christum, darzu gott den
wirdigen heiligen geist, das er vermittelst dieser
christlichen und heilsamen kirchenordnung in dem
semtlichen einwohnern dieses landes einen jedern
predigern und zuhörern, in sonderheit vollen-
bringen wolte, was angefangen ist zu seines allein
heiligen namens lob und preise, zu seiner christ-
lichen kirchen erweiterung, versamlung, erbauung
und ausbreitung, sowol als aller deutschen und
undeutschen ewiger und seliger wolfart. Darum
sprechen billich alle fromme gottselige christen in
der zerstörung langweiliger unruhe und kriegs-
beschwerligkeit dieses ganzen landes aus dem
79. psalm:
Gedenke nicht, herr, unser vorige missethat,
erbarm dich unser balde, denn wir seind fast
dünne und elend geworden.
Hilf du uns gott, unser helfer, um deines
namens ehre willen, errette und vergib uns unsere
sünde um deines namens willen.
Warum lessestu die heiden sagen, wo ist nun
ihr gott?
Und mit dem heiligen Mose aus dem 90. psalm
beten ohn unterlas die heiligen gottes.
Herr, kere dich doch wieder zu uns und sei
deinen knechten gnedig.
Fülle uns frü mit deiner gnade, so wollen
wir rühmen und frölich sein unser lebenlang.
Erfreu uns nu wider, nach dem du uns so lange
plagest, nach dem wir so lange unglück leiden.
Zeige deinen knechten dein werk und deine
ehre ihren kindern.