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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0192
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176

Mecklenburg.

vergebung der sünd und trost erlangen, wie nu
oft gesagt ist. Und ist gewislich die bepstliche
lere, das contritio vergebung der sünd verdiene,
eitel blindheit und irthum. Sondern vergebung
der sünden hat man allein durch den son gottes,
Jesum Christum, durch glauben. Und in dieser
angst und rechter bekerung kan man verstehen,
was dieser glaub ist, der die verheissung der
gnade annimt und uff den herrn Christum ver-
trauet.
Von der confessio streiten die bepstlichen
noch itzund heftig, das nötig sei, alle sünd dem
priester in der beicht zu erzelen. Und haben diesen
irthum itzund im concilio zu Trident gescherft,
mehr denn zuvor. Denn sie sprechen ausdrück-
lich, diese erzelung sei aus göttlichem gebot nötig,
und darum, damit man einem jeden gebürliche
satisfaction ufflegen möge. Dieses sind öffentliche
lügen. Denn im evangelio ist kein gebot von
dieser erzelung. Auch ist die erzelung aller
sünden unmöglich. Wie der psalm spricht: Wer
verstehet seine missethat?
Contra. Ein richter kan nicht urteil sprechen,
oder jemand ledig sprechen, er hab in denn ver-
höret.
Der priester ist da als richter, sprechen sie.
Darum ist die verhör nötig.
Antwort. Dieses argument zihen sie an, im
Concilio Tridentino, und ist ire blindheit hierin
zu merken. Der priester ist in den heimlichen
sünden nicht als richter, sondern als der diener
Jesu Christi, der befehl hat, diese menschen, die
bekert werden, und trost suchen an Christo, ledig
zu sprechen, wie der spruch Joh. 20. sagt. Und
wird diese absolutio gesprochen, nicht ratione
iudicii, sondern ratione ministerii. Und ist kreftig
aus diesem hohen befehl des herrn Christi: Wie
mich mein vater gesand hat, so sende ich euch.
Denn der son gottes ist selb kreftig durch das
evangelium.
Was aber von den kirchen gerichten zusagen
ist, in öffentlichen und bekanten sünden und vom
bann, davon wird ernach erinnerung geschehen.
Das dritte stück, bei den bepstlichen ist ge-
nent satisfactio, daraus viel grosser blindheit und
abgötterei gefolget ist. Und heissen bei inen satis-
factio oder gnugthuung, werk die gott nicht ge-
boten hat, sondern welche den leuten uffgelegt
werden, ausser gottes geboten, durch die personen,
welche die beicht hören, als unterschied der
speise, walfarten, etlich jar nicht ehelich pflicht
thun, anrufung der gestorbnen heiligen, mess be-
stellen etc.
Und aus diesen irthumen sind ernach gefolget
die indulgentien, wie sie es nennen, welche nicht
anders gewesen sind, denn nachlassung der satis-
faction. Daraus man ernach einen jarmarkt ge-

macht hat. Und ist in summa die bepstliche lere
von der gnugthuung voll lügen und abgötterei.
Und ist dagegen der einig spruch zu halten,
Matth. 15.: Vergeblich ehren sie mich mit
menschen geboten. Denn sie bekennen selb und
wissen, das diese satisfaction werk sind, von gott
nicht geboten etc.
Weiter, so sind sie ein grosse verblendung
des evangelii. Denn sie weisen den menschen uff
eigne besondere werk und nicht uff die vergebung,
um des herrn Christi willen, one verdienst, zu-
gesagt.
Dieses ist hie zu erinnerung der ordinanden
kurz gemeldet, und sollen die gelarten aus des
ehrnwirdigen herrn Lutheri schriften davon weitern
bericht haben. Denn es stecken viel groswichtiger
sachen im ganzen artickel von der bekerung, und
ist hoch nötig, rechten verstand davon in der
christenheit zu erhalten.
Was christliche kirche sei, und wo sie sei, und durch welche
zeichen sie zuerkennen sei.
Christliche kirche, in diesem leben, ist ein
sichtbare versamlung aller menschen, die reine
lere des evangelii annemen und rechten brauch
der sacrament haben. In welcher versamlung der
herr Christus, durch den dienst des evangelii,
kreftig ist und viel zum ewigen leben bekert und
heiliget, und sind gleichwol in dieser versamlung
viel, die nicht heilig sind, doch in eusserlicher
gemeinschaft, eintrechtig mit den heiligen, in
der lere.
Hie merk, das wir nicht von der kirchen, als
von einer idea platonica reden, da niemand wisse,
wo sie zu finden sei. Sondern wie droben gesagt
ist, gott wil aus grosser barmherzigkeit gegen dem
menschlichen geschlecht, im fur und fur ein heuflin
samlen, das in und den heiland Jesum Christum
recht erkenne und anrufe. Und wil darum, das
seine lere öffentlich gepredigt werde, wie im psalm
geschrieben ist, in alle land ist ire stim ausgangen.
So oft wir nu diesen artikel im symbolo
sprechen: Ich gleube, das eine heilige kirche sei,
das ist eine versamlung, die das evangelium in
rechtem gleichen verstand helt, darin viel aus-
erwelte sind zu ewiger seligkeit, sollen wir uns
der göttlichen zusage trösten, die bezeuget, das
der son gottes gewislich fur und fur , bis zu der
ufferweckung der todten, ein ewige kirche im
menschlichen geschlecht samlet.
Darnach sollen wir uns auch umsehen, wo
die selbige ist. Nemlich, wo diese zeichen ge-
funden werden, die nicht verborgen sein können,
sondern mit ohren und augen zu merken sind,
nemlich reine lere des evangelii, rechter brauch
der sacrament, und der gehorsam gegen dem mini-
sterio in göttlichen geboten.
 
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