Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0196
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
180

Mecklenburg.

Psal. 77. : Er hat nicht den ganzen zorn an-
gezündet.
Hosea. 11.: Mein herz ist mit barmherzigkeit
bewegt, und ich wil den grim meines zorns nicht
ausschütten.
Joel. 2.: Der herr ist barmherzig nnd reuet
in die strafe.
Habakuk: Im zorn gedenkestu an deine
barmherzigkeit.
Darum ob wol die leiblich erledigung un-
gleich ist, so ist dennoch dein glaub und anrufung
und hoffnung nicht vergeblich, sondern erlanget
gewislich linderung der strafen und des elendes,
und erlanget oft ganze erledigung, wie David und
Manasses widerum zum königreich kamen.
Und in allen diesen artikeln vom trost sollen
wir zugleich den herrn Christum anschauen. Erst-
lich ist er das aller höhest exempel der demut
und gedult, dieweil er dem ewigen vater in dem
allerschrecklichsten leiden gehorsam gewesen ist,
sollen wir billich auch, nach unserer geringen mas
gehorsam sein.
Darnach sollen wir wissen, das er eben darum
unsere straf getragen hat, das wir nicht in der
straf versinken und ewiglich verworfen werden,
sondern das wir allein um dieses mittlers willen,
vergebung unserer sünden und gnad haben durch
glauben.
Zum dritten, von der hülf sollen wir wissen,
das der son gottes eben darum menschlich natur
an sich genomen hat, das er ir hülfe thun und
sie erhalten wil in zeitlichen trübsaln und im
tode. Denn wie ein menschlicher leib verfaulet
und zerfelt, wenn die seel weg ist, also were die
ganze menschliche natur ewiglich verdorben ge-
wesen , wenn sie der son gottes nicht ergriffen
hette und angezogen, ir leben und gerechtigkeit
zu geben. Darum ist er bei uns und unser Im-
manuel. Und ist dieses ein hoher trost in aller
betrübnis, gedenken, das deine natur auch dem
herrn Christo am hals hange, der nicht allein die
straf fur dich getragen hat, sondern ist auch selb
der erhalter dieser schwachen natur, dieweil er
sie selb also an sich genomen hat.
Vom gebet.
Was nennet man gebet?
Antwort.
Bitten und danksagung. Diese zwei werk
sollen beide zugleich geübt werden und sind die
höhesten gottesdienst. Denn darin betrachtet man,
wer gott ist, wie er sich geoffenbaret habe, und
erkennet in als allmechtig, gnedig und einen
helfer etc.
Und ist bitten, vergebung der sünd, gnad,
geistliche und leibliche hülf und güter von gott

in gutem gewissen und glauben, um des furbitters
Christi willen, begeren, und nicht im zweivel
stecken bleiben, ob dein gebet gefellig und frucht-
bar sei.
Und mag man zu unterricht diese ordnung
halten, das zum bitten furnemlich diese fünf stück
gehören.
Das erst. Du solt anfenglich betrachten, wen
du ansprechen wollest, wer gott ist, und wie er
sich geoffenbaret hat. Und solt deine anrufung
weit von aller heiden, türken und secten anrufung
absondern. Denn also stehet geschrieben: Den
herrn deinen gott soltu anbeten und im allein
dienen. Darum sol dein herz diesen warhaftigen
gott ansprechen, der sich durch den herrn Jesum
Christum geoffenbaret hat, und hat zeugnis von
sich geben, durch seine wunderthaten, ufferweckung
der todten und andere. Und solt weiter be-
trachten, was er ist, nemlich, ein allmechtig, ewig,
einig wesen, vol weisheit, gütikeit, gerechtikeit,
barmherzikeit warhaft, rein und keusch, freiwillig.
Und das in diesem ewigen wesen sind drei personen,
der ewige vater, der son Jesus Christus und der
heilige geist, welche personen alles erschaffen
haben. Und das dieses warhaftig göttlich wesen den
menschen gnedig sein wil, und wil sie gewislich
erhören und selig machen, um des herrn Christi
willen.
Das alles ist nötig, in aller anrufung anfeng-
lich zu betrachten. Und magest zur erinnerung
die tauf des herrn Christi mit dem glauben an-
schauen, gleich als werestu selb am Jordan die
zeit gestanden bei Johanne und anderen heiligen,
da die drei personen unterschiedlich geoffen-
baret sind.
Das ander, betrachtung der gebot vom an-
rufen, und warum gott dieses gebot gegeben habe
und so gros achte. Gott selbst treibet dich zur
anrufung. Denn er wil uns helfen und wil dabei
erkant sein, wie er sei, nemlich, allmechtig, weise,
gütig etc. Das lernet man furnemlich in der an-
rufung, darum achtet er diesen dienst hoch. Denn
darin gibt man gott die höheste ehr, damit er
unterschieden ist von allen creaturen.
Dazu soltu etliche gebot gedenken.
Matth. 7.: Bittet, so werdet ir empfahen.
Luc. 18.: Man sol allezeit bitten, und nicht
lass werden.
Psal. 50.: Ruf mich an in der not, so wil
ich dich erretten.
Das dritte, betrachtung beiderlei verheissungen,
von der gnad und von zeitlicher hülf.
Diese sprüch reden von vergebung der sünden,
Joh. 3.: Also hat gott die welt geliebt, das er
seinen eingebornen son gegeben hat, das alle, die
an in gleuben, nicht verloren werden, sondern
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften