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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0199
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Kirchenordnung von 1552.

183

willen allezeit anschauet, sihet auch unsere herzen
und seufzen, und ist der versüner, nemlich, der
son gottes Jesus Christus.
Daraus ist nu klar, das grausame abgötterei
ist, andere mittler, nemlich, die gestorbene menschen
zu tichten und durch andere einen zutritt zu gott
furnemen, und der göttlichen maiestet eine andere
ordnung machen.
Die dritte ursach. Man sol keinen gottes-
dienst und anrufung in die kirche einfüren, one
gottes wort. Nu ist öffentlich, das von der ge-
storbenen menschen anrufung kein gottes wort oder
exempel in göttlicher schrift ausgedruckt ist.
Die vierde ursach. In der anrufung sol
glauben sein, der gottes wort habe, das gott solcher
dienst gefellig sei. Das kan in der gestorbnen
heiligen anrufung auch nicht sein.
Aus diesem allen ist klar, das ganz nötig ist,
der gestorbenen heiligen anrufung zustrafen und
das volk zum herrn Christo zu weisen. Und wie-
wol itzund viel sophistrei gesucht wird, diese ab-
göttische , heidnische gewonheit zu erhalten, so
ist doch öffentlich, das dadurch das amt des herrn
Christi verblendet wird.
Item, so jemand die heiligen menschen auch
als helfer anrufet, wie viel bepstliche gesenge
lauten, der macht öffentlich abgötter aus inen, wie
die heiden allerlei abgötter gemacht haben.
Wie aber von den heiligen recht zu predigen
sei, das werden die gelarten pastores selb wissen,
und mag man die andern berichten, nemlich, das
man die historien von anfang lerne, welchen
menschen sich gott geoffenbaret hat und sein wort
gegeben. Und welche lere zu jeder zeit die heiligen
gepredigt und gestritten haben, das wir durch ir
zeugnis gesterkt werden. Item, wie die kirch fur
und fur unter dem creuz gewesen sei und gleich
wol durch göttliche macht erhalten etc. Und
sollen die gelarten pastores uff die andern acht
haben, das nicht in solche predigt irthum ein-
gemenget werden.
Von den ceremonien, die von menschen
in der kirchen erdacht sind.
Ists auch recht, das die menschen ertichtet
haben unterschied der speise, bestimte tage zu
fasten, ehe verboten, müncherei uffgericht etc. ?
Antwort. Es ist unrecht und abgötterei, das
menschen ausser gottes wort, lere von gottes wesen
und willen oder gottesdienst ertichten. Denn die
regel ist ganz öffentlich, Matth. 15.: Vergeblich
ehren sie mich mit menschen geboten. Gott wil
erkant, angerufen und geehret sein, wie er sich
selb aus grosser barmherzigkeit durch sein wort
geoffenbaret hat. Aber wie der teufel die Heva
im paradis von gottes wort uff eigene gedanken

füret, also ernach haben die heiden gottes wort
verlassen und grausamlich eigene fantaseien von
gott ertichtet. Und mancherlei götter und werk
furgenomen, endlich auch menschen zum opfer
getödtet etc.
Also sind die ketzer und Mahomet auch von
den teufeln getrieben und von gottes wort ge-
wichen und haben andere götter und andere gottes-
dienst gemacht. Und mit dieser weise schleicht
allezeit die abgötterei in die welt, so man von
gottes wort weichet, und folget eignen fantaseien.
Also haben bepst und mönche gottes wort
verlassen und eigene gottesdienst uffgericht, ehe
verbot, unterschied der speis, heiligen anrufung,
gebot von erzelung der sünden und satisfactio,
bepstliche mess, möncherei etc. Und haben an
solche ire werk diese lesterung angehengt, das
diese werk vergebung der sünden verdienen,
welches offentlich ist dem herrn Christo seine
eigene ehre geraubet.
Diese irthum sol man strafen und verlassen,
und diesen regeln folgen. Wer ein ander evange-
lium prediget, sol verflucht sein. Item, man sol
gott mehr gehorsam sein, denn den menschen.
Und sol die bekentnis folgen, wie die israe-
liten zu Babylon des königs götzen nicht anbeten
wolten, und allezeit die rechtgleubigen bekentnis
gethan haben, wenn man sie hat zwingen wollen,
abgötterei oder falsche lere anzunemen.
Darum sollen wir itzund auch bekentnis thun,
nicht die bepstlichen irthum, interim, wider-
teuferei etc. annemen, sondern in reiner, göttlicher
lere des evangelii bleiben.
Und sollen glaub und werk durch gottes
wort regiert werden, wie der prophet spricht:
Lucerna pedibus meis verbum tuum. Und sind
alle gesetz, die wider göttliche gebot streiten,
unrecht.
Darum alle die personen, welchen der ehe-
stand nötig ist, sollen in ehelicher keuscheit leben.
Denn gott zürnet ernstlich uber unzucht und alle
vermischung wider seine gebot. Er selb ist rein
und keusch, und wil, das wir im gleichformig sein
nach seiner ordnung und unterschied merken
zwischen keuscheit und unzucht, und in erkennen
als einen reinen gott, der keuscheit liebet, und
dagegen wissen, das die teufel unreine geister sind
und treiben grausamlich zu allerlei unzucht und
blutschanden, gott zu schmach und verdries und
den armen menschen zu schaden. Denn sie wissen,
das seer grosse strafen zeitlich und ewiglich nach
der unzucht folgen, wie die strafen Sodoma und
der Cananeer etc. beweisen.
Und ist hoch zubeklagen, das der teufel die
elende menschliche natur, so mancherlei zu grau-
samer unreinikeit treibet. Und ist noch mehr zu
beklagen, das solche sünden gesterkt und ge-
 
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