Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0229
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kirchenordnung von 1552.

213

geschrieben, und hat geboten , das man der pro-
pheten und aposteln bücher lesen und lernen
sol, ja wir sind also daran gebunden, das keine
kirch gottes ist, wo nicht diese einige lere, die
in der propheten und aposteln büchern gefasset
ist, bekant und angenomen ist, und fur und fur
andern furgetragen und verkündigt wird.

Unde is gewisslick wahr, dat flitige betrachtinge
von gades gebade unde van den schreckliken strafen
in velen herten gude frucht bringet. Darumme ock
godt besonder desse lere vaken vorkündiget, und er-
halet hefft. Dit alle is jo darumme geschen unde ge-
schreven, dat men idt to allen tiden unde stedes be-
trachten schal. So sprecht ock de söne gades sülvest
to Abraham, he wolle em seggen, dat he Sodoma umme
der sünde willen vordelgen wolle. Wente Abraham
werd dit ordeel gades sinen kinderen und kindes
kinderen trüwlick predigen. Darumme schöle vor desse
lere ock vakene anderen vordregen, unde sülvest be-
trachten.
Unde dit is sehr wol to merkende, dat bi nenem
affgödeschen volke in der ganzen werlt rechte lere van
dem ehestande unde küscheit gebleven is, sonder alleine
in der warhaftigen kercken gades. Dar hefft godt sin
gebot erholden. Unde dit is eine besondere hoge ehre
der warhaftigen kercken und is ein apenbar tüchenisse
wedder alle affgödesche, dat alleine dit hüpeken gades
volk si, bi weicherem desse sine warheit gebleven is.
S. Paulus settet dit ock vor ein teken unde
kennefaneken der kettere unde rotten geistere, dat se
de ehe vorheden, untucht billiken unde sterken werden,
als Martion unde andere de ehe ganz vorbaden hebben
allen minschen. Carpocrates und andere hebben als
ein hillich werk geleret, dat de frowen gemein sin
scholden. Wor nu in densülvigen desse erdom des
düvels brantmahl gewesen sint, dar bi de godtfürchtigen
erkant hebben, dat Martion, Carpocrates unde der-
geliken nicht gades kercke sint, also schaltu ock weten,
dat pawst unde bischoppe, de den eestand vorbeden,
unde de wedderdöpere, de sonst den ehestand toriten,
nicht gades kercke sint. Unde desse trost is in unsern
kercken grodt to achten, dat godt rechte lere unde
recht bestellede gerichte van dem ehestande in unsern
kercken gifft. He wolde ock gnade geven, dat vele
minschen rechter lere folgen, unde en in christliker
küscheit anropen.
Bauen dit alle, is dit ock to betrachtende, dat
godt wil, dat men dar van recht predigen schöle, tom
ordele wedder de unreinen düvele.
Desse korte vorinneringe unde underricht is hir
angehenget, dat ein ider wolle sülvest dat gödtlike
ordeel betrachten, 1. Corinth. 16.: Horer, ehebreker
unde blotschendere etc. werden dat rike gades nicht
erven, unde wolle godt gehorsam sin, untucht flegen
und godt umme gnade unde hülpe tor küscheit anropen.
Idt is ock alle werltlike overicheit schüldich, apen-
baren ehebrock unde andere apenbare untucht ernstlick
to strafen. De allmechtige warhaftige godt, de vader
unsers heren Jesu Christi, de gewisslick küscheit levet,
wolle uns alle gnedichlick regeren to sinem gehorsam
to allen gebaden, amen.

So man nu aus den selbigen büchern die
lere lernen mus, so ist hoch nötig, das etlich
sind, die lesen können, und wer andere unter-
richten sol, der mus selb zuvor bei sich ein
ordenliche summa der ganzen lere haben, und
wissen wo und wie alle artikel in göttlicher schrift
nach einander gegründet und erklert sind.
Und damit man gewis sei vom verstand gött-
licher schrift, müssen viel sein, die der propheten
und apostel sprach verstehen, und vom gründ-
lichen verstand bericht thun und zeugnis geben
können.
Und in summa, wer andere leut recht und
ordenlich unterweisen sol, der mus gerüst sein
mit löblichen künsten, die zu solchem werk dien-
lich sind.
Und ist vom lesen ausdrücklich geboten,
1. Timo. 4. : Du solt anhalten mit lesen, trösten
und leren, in welchem spruch das lesen nicht
vergeblich am ersten genennet ist, denn das evan-
gelium ist ganz weit unterschieden von allen
andern künsten, religion und secten, ander
künsten werden angefangen aus natürlichem ver-
stand, als zelen, messen, wenn sie gleich nicht in
schrift gefasset weren. Aber die göttliche ver-
heissung von der gnad ist nicht ein liecht, das
uns angeborn sei, wie zelen oder gesetz lere,
sondern ist ein wunderbarlicher rat gottes, uber
und ausser aller creaturen verstand, und ist be-
sonder geoffenbaret und durch die propheten und
ernach durch die aposteln in schrift gefasset, darum
ist der anfang der christlichen lere vom lesen.
Und 2. Pet. 1. ist also geschrieben: Ir thut
recht daran, das ir vleis thut in der propheten
schrift, und euch daran haltet, als zum liecht im
finstern, etc.
Paulus zun Galatern : So jemand ein ander
evangelium predigt, denn ich gepredigt habe, der
sei verflucht. Nu hat Paulus seine lere selb in
schrift gefasset, die muss man lesen und be-
trachten, sol man wissen, was seine lere ist.
Aus diesen und viel andern sprüchen ist
öffentlich, das gottes ernster will ist, das etliche
menschen sind, die im lesen, schreiben, sprachen,
künsten andere unterweisen, und etlich besondere
zuhörer, die lernen und zue erhaltung der bücher,
sprachen und christlicher lere und künsten dienen.
Und ist dieses den lerern und zuhörern tröst-
lich, das sie wissen, das diese ir arbeit von gott
geboten und gott gefellig ist, und das gott dabei
sein wolle, wil verstand und gnade geben, und
wil auch sonst für sie sorgen, wie er spricht zu
den leuten : Ich bin euer erbe etc.
Gott hat auch allezeit diese weise erhalten,
das bei den fürnemesten kirchen, ehrliche schulen
gewesen sind, als bei dem tabernakel in Israel,
und ernach zu Antiochia, Alexandria etc. Und
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften