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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0257
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Consistorialordnung von 1570.

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allem gehorsam erbitten, und soll der mann er-
innert werden, dass man auch solcher armen
weiber schonen soll, dann sie können hernacher
nicht wiederum zu ehren kommen. Item, es sei
gott gefellig, dass ein mensch des andern schande,
so viel möglich ist, zudecke.
Zum dritten, so aber der mann hart ist
und will dem weibe nicht gnad erzeigen, auf
vorgeschehen gütliche erinnerung, und begehrt
endlich, dass man ihn ledig spreche, soll der
richter zuvor auch diese fürsichtigkeit uben, nem-
lich der mann und das weib sollen gefraget
werden: ob der mann das weib auch hernacher be-
rührt habe, nach dem er gewüst habe, dass sie
zuvor von einem andern beschlafen sei, und so
man solches befindet, dass er sie auch berührt
hat, soll man sie nicht scheiden, dann er hat
nach diesem wissen in sie gewilliget und kann
errorem nicht allegirn.
Die andere fürsichtigkeit ist, das man das
weib heimlich frage: ob der theter sie auch
nach dem verlübnus berührt habe, und so dieses
geschehen ist, so kann der richter den mann ledig
sprechen, als in casu adulterii, und ist des richters
gewissen sicherer.
Wann aber der mann nach allen diesen pro-
cessen darauf beharret, dass er entlich begert,
man soll in ledig sprechen und hat das weib
nicht berürt nach der zeit, da er innen worden,
dass sie zuvor von einem andern beschlafen ge-
wesen , mag in das consistorium in namen gottes
ledig sprechen.
Und wiewohl die bürgerlichen gesetz im
Mose uns nicht binden, so siebet man dennoch
darin, was gott zulest oder nicht zulest, nun ist
öffentlich in Deut. 22.: Dass man nicht allein
den mann ledig sprechen, sondern auch das weib
tödten soll. Aus diesem grund ist der richter
sicher, so er den mann ledig spricht, und dieweil
in vielen gesetzen im Mose klerlich zu finden,
dass gott ernstlich darüber zörnet, so soll dennoch
das weib von der obrigkeit, um ihrer begangenen
unzucht willen gestrafet werden.
Tit. IX.
Von verjehrung und prescription wider
der kirchen und göttlicher milder
sachen, schuld oder güter.
Nachdem es sich oft und vielmahl begiebt,
wann die debitores und schuldener der kirchen,
gemeinen kastens oder anderer piorum locorum
gemanet, der schuld mit siegel und briefen über-
zeuget, dass sie dagegen mit der präscription sich
entschuldigen, und das klagende theil dahin
dringen, register vorzulegen und die quasi possession
Sehling, Kirchenordnungen. V.

der rente oder zinshebung zu erweisen, sintemahl
die verenderung der religion und ausrottung des
pabstthums, die vicarien und andere, so den
kirchen vorgestanden, verweilet, dass die ein-
kommen nicht gemanet, darüber die register und
personen mit langheit der zeit verkommen, und
die hauptverschreibung nichts desto weniger bei
dem kasten und andern piis locis noch zur zeit
verhanden. So soll unser consistorium in diesen
sachen, nach entstandenen handelungen, gute für-
sichtigkeit gebrauchen, damit die präscription zu
verderb und grossem nachtheil kirchen und schulen,
auch der hospitalien und armenheuser nicht leicht-
lich gestattet, besondern, so viel es sich zu recht
leiden will, hindersatzt werde. Dann ob wohl,
vermöge der rechte, wider kirchenanforderung
innerhalb vierzig jahr kan präscribirt werden , so
ist doch allhier zu sehen, ob der praescribent
malam fidem, und also er oder seine vorfaren
wissenschaft solcher schuld gehabt. Darum sollen
erstlich die substantialia praescriptionis fleissig er-
wogen werden, und soll denjenigen, so über vierzig
jahr nicht gemanet sein, der eid, ihre wissen-
schaft zu entdecken, auferleget werden. Und da
sie den geleistet, seint sie von den ansprücheren zu
absolviren. Es were dann, dass die kirchen und
pia loca diesfals justa ex causa, als probabili
ignorantia und dergleichen rechtmessigen erheb-
lichen ursachen, vermöge der rechte, die resti-
tution in integrum wieder die präscription haben
könten, dieselbige ist zuforderst in achtung zu
haben.
Tit. X.
Von publication der urtheil.
Wann die verordneten commissarii die ge-
fasten urtheil zu publiciren bedacht sein, sollen
beide parte ad audiendam sententiam gerechtlich
citirt werden. Die urtheil aber und abscheide soll
man schriftlich fassen und in öffentlicher audienz
ablesen. Wo aber jemand meinet, dass er durch
des consistorii urtheil beschweret were, soll auf
sein begehren und unkösten die revisio actorum
secundarie von dem consistorio und dreien land-
räthen, vier hofräthen und dreien superintendenten
fürgenommen werden, und was alsdenn für recht
erkannt, davon soll nicht appellirt werden.
Tit. XI.
Von execution der urtheil, strafen und
vertragenen sachen.
Vertragene sachen, sie seint in oder ausser-
halb des gerichts verglichen, wann sie ge-
standen oder bescheiniget und auch die, welche
durch recht in diesem gericht erkannt, sollen mit
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