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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0256
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240

Mecklenburg.

Nachdem sichs aber je zu zeiten zutregt,
dass eheleute aus unwillen, zorn und dergleichen
einander nicht beiwohnen, und doch in unsern
landen, auch wol zu zeiten in einer stadt wesent-
lich oder wohnhaftig bleiben, dieselben sollen
durch die pfarrherrn versünet und in weigerung
der versünung durch das consistorium mit dem
bann, und in verachtung des banns durch uns,
vermittelst gebührliches ernsts einsehens, zur bei-
wonung gedrungen werden.
VI.
Von ehescheiden.
Nachdem unser herr Jesus Christus selbst
gesagt, dass der ehebruch ein ursache sei, die
ehe zu scheiden, so soll das concistorium die
parteien hören, die da klagen über iren ehe-
genossen und begeren, sie von dem ehebrüchigen
zu scheiden und ihnen zu vergünnen, ein ander
ehegemahl zu nehmen. Und soll demselben erst-
lich im besten untersagt werden, dass sie wolten
mit iren ehegenossen ein wenig gedult tragen,
ihn erstlich vermahnen von dem laster abzustehen,
das nicht mehr zu thun, und sich also mit ime
zu versünen.
Da aber das bei inen nicht zu erhalten,
soll ihnen gesagt werden, dass sie erstlich
ire ordentliche obrigkeit, darunter ein jeder ge-
sessen, darum ersuchen, und von denselbigen eine
schrift an das consistorium bringen, daraus zu
verstehen sein möchte, ob es gebührlich, sich auf
ire bitte einzulassen. Und da die klagende
partei also ire obrigkeit um billiges einsehen
angelangt und dieselbige in strafung des ehebruchs
hinlessig, so mag das consistorium nach gelegen-
heit der personen und der obrigkeit verwar-
losung, auch der beschwerten partei lang oder
kurz getragene gedult ein zeitlang stille stehen,
und sehen, ob die obrigkeit ir amt nachmahls
darbei bedenken und ins werk setzen wölle.
Da aber die obrigkeit mit der strafe seumig
oder der verbrechende teil flüchtig, das er
zur strafe nicht gebracht werden möchte, so soll
das consistorium procediren, den beschüldigten
durch eine rechtliche vorladunge, und da er ab-
wesend, per edictum citiren, ime zween oder
aufs lengste drei monat frist geben und klagendes
theil das fürgewandte adulterium, so viel sich ge-
bührt, an tag bringen, darthun und ausführen,
und dem beschüldigten seine gebürliche defen-
siones und schutzrede dagegen vergönnen und zu-
lassen, sich auch das consistorium selbst bei dem
rath der stagt, da der beschüldigte gewohnet und
bei den nachbaurn, auch sonsten wie müglich, um
die ursach des ehebruchs von amtswegen er-
kündigen.
Und da der ehebruch ausfündig gemacht oder

aber der beklagte theil ungehorsamlich aussen-
bliebe und keine erhebliche einrede thete und
des klagenden theils unschuld vermerkte, so soll
das consistorium zu verhütung weiterer sünde und
schande ein scheidurtheil geben und dem unschül-
digen theil, sich mit einem andern zu verehlichen,
erlauben.
Gleichwohl aber sollen die verordenten des
consistorii hierin die mass und fürsichtigkeit
in alle wege gebrauchen, auch die umstende und
gelegenheit der personen und verursachung des
ehebruchs wohl und mit fleiss erwegen, und also
darin handelen, damit kein ergernuss noch stat und
raum gegeben werde, der gütigkeit unsers erlösers
und seligmachers zu ungebührlicher und unchrist-
licher ehescheidung und zu leiblicher wollust zu
missbrauchen.
Auch soll in allewege durch die pfarrherrn
fürgewendet werden, die eheleute in solchen
und dergleichen ehesachen mit einander in Christo
wiederum zu versöhnen, sonderlich da sich das
verbrechende theil durch die gnade gottes er-
kennte, um verzeihung und gnade bete, und sich
hinfüro bessern wolte.
Zuvor aber und ehr dann durch das con-
sistorium in diesen und dergleichen fellen sen-
tentia divortii gesprochen, und dem unschüldigen,
wie obgemeldt, die andere ehe erleubt, soll keinem
gestattet werden, ein ander ehegenossen zu nemen,
und da ein solchs understanden würde, sollen sie
die pfarherrn nicht zusammen trauen, sonder
ein solch eigentlich fürnemen vielmehr durch die
obrigkeit gestrafet werden.
VII.
Wann einer eine für jungfrau neme. so vorhin von einem
andern geschwechet ist.
Nachdem wir alle wissen, das gottes ernster
wille ist, das der ehestand recht gehalten und
unzucht verhütet werde, dann er als reiner gott
warhaftiglich über alle unzucht zürnet und die-
selbige ernstlich strafet, darum soll in ehegerichten
forthin diese ordenunge in solchen fellen steif und
fest gehalten werden.
Erstlich, so die that nicht bekannt oder
bewiesen ist, so ist unzweifentlich und offenbar,
dass der man nicht ledig gesprochen werden kan,
sondern demselbigen vielmehr geboten werden
soll, in dieser ehe zu bleiben und darin christlich
zu leben und sich und seine hausfrau nicht zu
schanden zu machen. Wie die text Deut. 22.
den mann ernstlich strafet, der mit ungrund sein
eigen weib zu schanden machet.
Zum andern, so die that bekannt oder
bewiesen ist, als so sie schwanger gewesen vor
der zeit. Hie soll abermahl der richter erstlich
die versünung suchen, die frau aber soll um
gottes willen um verzeihung bitten und sich zu
 
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