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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0259
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Consistorialordnung von 1570.

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greuel geschehen ist, so sollt du denselben
menschen strafen.
Derhalben, wo das begangene laster und
ergernuss nicht ganz eigentlich, gründlich und ge-
wisse bekannt ist (als dass einer öffentlich falsche
lehr durch den druck halsstarriglich vertheidingte)
und also das factum oder geschicht nicht ganz
notorium und kundbar, so soll ein prediger nie-
mand öffentlich mit namen in den bann thun, der
zuvor nicht durch einen ordentlichen process ver-
manet und überzeuget ist. Und soll gleichwol
die frage, ob dieselbe sünde notorisch und offen-
bar sei oder nicht, bei dem superintendenten oder
pastorn eins jeden orts nicht allein, sondern auf
des consistorii erkündigung, bedünken und er-
kenntnuss stehen. Und ist mit sonderlichem fleiss
zu merken, der unterscheid zwischen den sünden
und lastern, die von treuen predigern und seel-
sorgern zu strafen seint. Dann etliche laster und
sünde seint heimlich und verborgen, die dem
theter oder prediger oder weinig anderen leuten
allein bekannt sein und nicht die ganze gemeine
öffentlich geergert haben. Als wenn einer etwa
mit einem irrthum in der lehre behaft, den er
doch nicht öffentlich ausgesprenget und vertheidiget
hette, oder wenn ein prediger wuste, dass einer
einen todtschlag oder andere sünde begangen hette,
oder wenn einer des andern person mit worten
oder werken beleidiget hette ; oder, wie Augustinus
meldet, dass etwan die frauen irer menner unzucht
und ehebruch den beichtvetern anzeigen, nicht
allein aus eifer, sondern auch, dass sie für irer
ehemenner busse und ewige seligkeit sorgfeltig
seint etc.
In solchen heimlichen sünden soll und muss
vor allen dingen und mit allem fleiss und treuen
der befehlich Christi gehalten werden: So dein
bruder wider dich sündiget, so gehe hin und strafe
ine zwischen dir und ime allein. Denn , dieweil
die prediger der sünder schand und gebrechen
nicht verrathen, sondern heilen und ihnen ver-
geben sollen, so ist nötig, dass sie solche heim-
liche sünder ernstlich und in geheim auf das
allertreulichste und veterlichste unterrichten, und
inen gottes zorn und irer sünden greuel und
die ewige strafe und verdamnuss fürhalten, und
sie auf das allerernstlichste und treulichste zu der
busse und bekerunge zu gott vermanen. Wenn
sie nun die vermanung annehmen, ire sünden
erkennen und besserung zusagen und die abso-
lution und des herrn abendmahl begehren, soll
inen der prediger dieselbe mittheilen, und inen
keine öffentliche strafe auflegen, sie auch nicht
von der canzel nennen, sondern soll die sünde,
die heimlich ist, heimlich lassen bleiben und dem
andern zu nachtheil niemand auf erden ver-
melden. Wie von diesem fall der heilige Augustinus

gar deutlich und treulich erinnert mit diesen
worten: So dein bruder wider dich sündiget
(spricht Christus), so strafe ine zwischen dir und
ime allein; warum? Ei, er hat wider dich ge-
sündiget. Warum sagt er aber, so er wider dich
gesündiget? Du weist es, dass er gegen dich
gesündiget hat, so gehe nun mit im allein an
einen besondern ort, wenn du ine darum strafen
willt, was er an dir gesündigt hat, denn dieweil
du es allein weist, dass er gegen dich hat ge-
sündiget, und woltest in gleichwol für allen
strafen , so würdest du nicht sein beforderer zur
besserung, sondern sein verrether sein. Darum
soll man die heimlichen sünden in geheim, die
öffentlichen aber öffentlich strafen.
Etliche aber seint offenbare bekannte sünden,
dadurch viele leute oder eine ganze gemeine,
kirche und versammlung geergert und geunehret
wird. Als da der Corinther seine stiefmutter
öffentlich zur ehe hatte, und desselben lasters
öffentlich bekannt war etc. Item, da ein falscher
lehrer öffentliche irrthume und gotteslesterungen
in der offentlichen predigte oder büchern ver-
theidinget, da eine obrigkeit mit offentlichen
mandaten und gewalt das heilige predigamt und
treue prediger verfolget, da einer einen offent-
lichen todtschlag, meineid oder ehebruch begehet,
der da bekannt oder dessen er überzeuget ist.
Wo nun dergleichen offentliche sünden be-
gangen werden, die man nennet notoria peccata,
und sonderlich solche sünde, die im werke und
in der that offenbar seint und sich selbst also aus-
weisen und allen oder vielen für augen stehen,
und also helle am tage sind, dass sie mit keinem
glaubwirdigen scheine können geleugnet werden.
Item, wo notoria juris, das ist, solche sünden ver-
handen seint, welche einer selbs williglich bekannt
hat oder derselben mit gründlichem beweiss über-
zeuget ist.
In solchen fellen ist auch nöthig, dass,
ehe man zu dem öffentlichen bann greifet, die
sünder vorhin ernstlich und hart mit gottes wort
gestrafet und zur busse vermanet werden, aber
dieses ist nicht allezeit nöthig, dass sie ins geheim
oder zwischen dem prediger und theter allein an-
gesprochen und vermanet werden, sondern es soll
der seelssorger neben seiner straf und vermanung
dem consistorio solche offenbare sünde anmelden,
und wann das consistorium dieselbige vor notoria,
kundbar, öffentlich und unverneinlich helt und
erkennt, auch davon urteilt, dass die ganze
kirchen dadurch entweder mit falscher lehre oder
bösem leben geergert wird, so soll alsdenn der
prediger auch öffentlich dieselbige offenbare sünder
vermanen und mit gottes wort strafen, wie St.
Paulus den apostel St. Petrum, da er mit seiner
heuchelei die ganze gemeine zu Antiochia ergerte,
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