Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0260
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
244

Mecklenburg.

nicht heimlich zwischen ihnen beiden allein, son-
dern für allen zuhörern öffentlich vermanet und
gestrafet hat, also befehlet er auch Timotheo: Die
da sündigen, die strafe für allen , auf dass sich
die andern dafür scheuen. Und Christus ver-
manet die pharisäer nicht heimlich zwischen
in und ihnen allein, sondern dieweil sie öffent-
lich falsche lehre vertheidingten und die warheit
verfolgeten, strafet er sie für allen zuhörern: Ihr
seit von dem vater dem teufel etc. Wie auch
Johannes der täufer zu den phariseern sagt: Ihr
otterngezicht.
Und ist solche offentliche strafe der öffent-
lichen sünder und die heimliche abweisunge
von den sacramenten in der beicht oder sonst
privatim geschicht, kein bann oder öffentliche aus-
stossung oder verwerfung aus der gemeine gottes,
sondern er ist der erste gradus der kirchenstrafe,
nemlich die vermanung zur busse und bekerung,
und wenn der sünder dieselbigen annimmt oder in
todesnöten um verzeihung seiner sünden und um
die absolution und das hochwirdige sacrament
bittet, so ist weiter keiner kirchenstrafe von
nöten, sondern der prediger soll den kranken,
wenn er gefordert, besuchen, und in gegenwertig-
keit dreier oder vier zeugen seine sünde und
gottes zorn und die verdiente ewige verdammnuss
ernstlich fürhalten. Wenn er nun vermerket, dass
dem kranken seine sünde leid sein, und dass er
die absolution ernstlich begert und besserung
zusaget, und die beleidigte kirchen um verzeihung
seiner ergernuss bitten will lassen, so soll in der
prediger, ohne auflegung einiger weiterer strafe
oder satisfaction , mit dem evangelio trösten und
von seinen sünden absolviren und mit dem hoch-
wirdigen sacrament versorgen.
Wann aber ein pastor, seinem von gott
befohlenen amt nach, einen öffentlichen bekannten
gotteslesterer, rottengeist, zeuberer, muthwilligen
verechter des predigamts und der heiligen sacra-
ment , aufrürer, todtschleger, ehebrecher etc. in
den öffentlichen bann verkündigen und aus der
christlichen gemein ausstossen und ganz ab-
schneiden will, so sollen die superintendenten
und prediger allein nicht aus eigenem gutdünken
die leute öffentlich mit namen in den bann thun,
sondern zuvor dem consistorio anzeigen und damit
folgender process gehalten werden.
Erstlich, soll der pastor und prediger den
selben offenbaren sünder oder sünderin zu sich
forderen oder selbst ansprechen, und ine allein
oder in gegenwertigkeit zweier oder dreier un-
verdechtiger, unverwürflicher zeugen treulich und
ernstlich, und doch one alle hönische bitterkeit
vermanen und bitten, dass er seine sünde er-
kenne , sich für gottes zorn und der ewigen ver-
dammnuss, deren er alle stunde und augenblick

zu erwarten habe, fürchte, warhaftige herzliche
reue und leid uber seine sünde habe und sich zu
gott bekere, sein leben bessere und die christ-
liche kirche, die er lange zeit geergert, um ver-
zeihung bitte. Solche vermanung soll der pfarrer
ein mal oder zwei thun und darbei vermelden,
wo der sünder nicht würde von seinem ungebür-
lichen laster abstehen und busse thun, so würde
er gedrungen, vermöge seines amts, andere wege
mit ime fürzunehmen, dero er doch für seine
person lieber wolte uberhoben sein.
Wann nun diese vermanung stat findet und
der gefallene sünder um verzeihung bittet, so ist
keiner kirchenstrafen mehr von nöten, sondern es
sollen ime die prediger auf sein begehren die
absolution mittheilen und zur gemeinschaft der
hochwirdigen sacramenten und aller kirchenrecht
unverhindert zulassen.
Zum andern, wann der offenbar sünder
seines pastors veterliche vermanunge verachtet
oder in seinen sunden trotziglich und ruchlos fort-
feret., so soll ine das consistorium, sobald es
davon berichtet, ex officio citiren oder es soll der
pastor dem kirchengericht oder consistorio an-
zeigen, nach dem befehl Christi: Dic ecclesiae, und
Paulus: Judicet ecclesia etc. Es nennet aber
Christus die kirche oder gemein nicht den ge-
meinen, unverstendigen, unerfahren pöfel, auch
nicht einen tyrannischen bapst oder bischof allein,
viel weiniger öffentliche feinde des evangelii, son-
dern die fürnemsten gliedmassen der waren
kirchen, nemlich gottselige, christliche, gelahrte,
verstendige mennere und eltesten, nicht alleine von
pastorn und predigeren, sondern auch von andern
verstendigen christen aus allen stenden, denen die
gemein gottes der kirchengericht befohlen hat,
wie Christus daselbst Matth. 18. spricht: Wo zween
oder drei versammlet sein in meinem namen, da
bin ich mitten unter inen. Und soll das con-
sistorium denselbigen angezeigten, unbussfertigen,
hartneckigen sünder auf eine bestimte zeit für
sich forderen und citiren, mit anzeigung, was nach
verlaufenem termin, nach gottes wort und befehl,
wider ine soll fürgenommen und zu procediren
befohlen werden.
Zum dritten, wenn der, so mit einem stref-
lichen irrthum in der lehre oder andern öffentlichen
lastern beschmitzt ist, für dem consistorio erscheinet,
soll er nochmals treulich und ernstlich vermanet
werden, von seinem irrtum und lasteren ab-
zustehen. Und wann er das factum leugnen oder
seine gefasste irrige meinunge oder straflichs
leben noch für recht und unsträflich verteidingen
würde, soll er, was das factum belanget, durch
zweier oder dreier unverdechtiger, unverwürfiger
zeugen mund, was aber die irrige lehre belangt,
mit gottes wort und der reinen kirchen gezeugnis,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften