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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0418
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402

Das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln.

geben, auch mit zulassen und ordination un-
gelerter , ungeschickter , unbelesener, ergerlicher
und untüchtiger personen, sich nicht frembder
sünden, mit der armen kirchen grossen schaden,
auch vieler seelen erschreckliche verseumniss und
verdammniss theilhaftig machen. Wie dann hie-
von sie dem gerechten richter am jüngsten tage
schwere rechnunge zu geben schuldig sein, und
also wol zusehen sollen, dass nicht ungelerte
leute, noch verdorbene handwerkes leute, noch der
herrschaften oder sonsten schreiber, oder un-
geschickte paedagogi in die kirche, etwa jemande
zu gefallen, oder umb geschenkes, geniesses oder
eigen nutzes, noch vorwantniss willen, ein-
geschoben werden, welcher die leute hernach umb
so viel deste weiniger achten, oder solche prediger,
auch wol hernacher von etlichen leuten für
schreiber, register und rechnungesvorwalter, oder
für der vogte fürsprachen im gerichte, oder ihrer
kinder praeceptoren oder zu dergleichen andern
sachen bisweilen missgebraucht werden, zu ge-
schweigen, dass hiedurch auch oft des herrn Christi
rock jemmerlich zerteilet, die kirchen güter
untergezogen, und an der pastorn jehrligem
unterhalt und besoldunge, nicht wenig kan ab-
gekürzet werden, weil der pastor ungeschicket, oder
nicht ordentlicher weise berufen ist worden, und
derhalben alles mit stillschweigen leiden muss, wie
mans nur mit ihm treibet und fürnimpt. Der-
wegen sollen zum predigampt gebraucht werden
düchtige personen, welche von jugend auf, oder
ja etliche zimliche lange jar fleissig die schrift
gelernet haben, 2. Tim. 3. Denn solches gedeiet
zu gottes ehren, erhaltunge der reinen lehre, der
kirchen erbauung, vieler leute heil und seligkeit,
und zu der obrigkeiten, neben dem superintendenten
und ganzen ministerio, auch den patronen selbst
zu ruhm, ehren und lob.
Und muss auch das in fleissige acht ge-
nommen werden, dass nicht gar allzu junge leute
zum predigtampt berufen und bestellet werden.
Dann der apostel für die neulingen die kirchen
warnet, und die alten canones dessen fleissig er-
innern.
Zu dem sollen in examine fleissig von dem
examinando gefördert und erkleret werden die
usitatae definitiones vocabulorum, ut pastoris seu
concionatoris verbi dei, dei patris, filii et spiritus
sancti, legis, evangelii, peccati, gratiae, fidei, justifi-
cationis, bonorum operum, liberi arbitrii, etc. Denn
in den descriptionibus und definitionibus wird die
summa der ganzen lehre eines jeden artikels kurz
vorfasset.
Wo dann das examen zeugen würde, dass die
fürgestalte personen der christlichen lehre un-
erfahren, oder im leben ergerlich und unleidlich,
oder die lehre nicht vorstendiglichen nach der

zuhörer einfalt und gelegenheit fürtragen, oder
sonst zu dem ampt nicht düchtig sein könte, so
sol der superintendens schriftlich von seiner un-
geschickligkeit die patronen, oder die jenige,
welche ihn gesandt und praesentiret haben, hie-
von berichten, und sie ermanen, mit fleisse nach
einer besseren düglicher person sich umb zu sehen,
oder, wo der superintendens jemand zur hand
hette, denselbigen ihnen angeben und fürschlahen,
dass also die confirmatio bei den patronen oder
obrigkeit stehe, und der consensus der kirchen
gottes worte nach auch gesucht werde, und das
jus patronatus niemande zu nachtheil geschwechet
werde, dass also der predigstuhl zu rechter ge-
bürender zeit nach notturft besetzet werde.
Wo aber die examinirte person in der lehre
rein, und zu allem, was zum prediger gehöret,
zimlicher notturft nach, geschicket und bequeme
erfunden were worden, dass man ihm ohn fahre
wol und sicherlich das ampt vertrauen möge, und
sein beruf auch ordentlicher, richtiger weise ohn
mangel befunden worden, so sol er darnach erst-
lich durch den superintendenten und die mit an-
wesenden prediger fleissig erinnert werden, wie
ein schwares und gefehrliches hohes ampt er für
gott auf sich nehme, und mit was ernsten fleisse,
treu, sorgfeltigkeit, mühe und arbeit er solches
verrichten solle und müsse, und wo er darin zu
der kirchen nachtheil, unheil und ergerniss, durch
seinen unfleiss, hinlessigkeit und vorseumniss
etwas wissentlich verwarlosen solte, er solches
mit einem geferlichen und ernster rechenschaft
am letzten gerichte werde gegen gott verantworten
müssen.
Zum andern, dass er nichts, denn was gott
in seinem heiligen beschriebenen worte der bibel
offenbart hat, lehren und predigen solle, nach er-
klerunge der dreien vorgenanten symbolorum
ecclesiae, der uhralten und ungeanderten Augspurgi-
schen confession, apologia, schmalcaldischen ar-
tikeln, der schriften D. Martini Lutheri und
cathechismi gross und kleins, oder formulae con-
cordiae, belangend die streitige lehr puncta, und
derwegen diese bücher fleissigen und alle tage durch-
sehe, evolvire, und ihm bekandt mache, und auch
täglichen in der bibel und andern richtigen un-
vordechtigen büchern fleissig studiren.
Zum dritten, dass er in seiner haushaltung,
der seinen und seiner eigen vorhaltung, in
leben, wandel, thun und lassen, kleidungen, ge-
berden, essen und trinken, niemand ergerlich sei.
Auch mit nichten, in einige frembde sachen und
hendel, welche seinem ampt nicht angehörig, sich
einlasse noch begebe, sondern nur seines amptes
sachen abwarte. Sich auch befleisse, im leben und
wandel seiner kirchen ein christlich fürbilde zu
sein. Denn wenn ein prediger recht und heilsamlich
 
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