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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0422
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406

Das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln.

schnellet, noch ihrer freiheit und rechten, in
sachen ihres predigers beruf helangend, durch das
juris patronatus missbrauch, verkürzet werden.
Derhalben es christlich und recht, wie auch bei
christen ublich, und allerhand unheil, in diesen
bösen letzten zeiten vorzukommen, hoch nötig,
dass kein prediger in keiner kirche aufgenommen
werde, es sei denn, dass man zuvor gar fleissige
unterredung der lehre halben, pro et contra, mit
ihme pflege. Dann wo solches vorbleiben solte,
müste hernach die arme kirche Christi darüber
haar lassen, und den schaden uber sich nehmen.
Zu deme könte auch nimmermehr die obrig-
keit, noch das ministerium, noch die kirche oder
gemeine gottes mit stillschweigen erdragen und
vorstatten, dass man ihr wider gottes wort, ord-
nung und befehl etwa eine solche persone zum
seelsorger mit gewalt, oder des juris patronatus
missbrauch, aufdringen solte, welche ihres vörigen
lebendes und wandels halben zu einem prediger
undüchtig were. Denn gott will ja nicht haben,
dass der ein prediger sein solle, welcher mit
groben ergerlichen unleugbaren lasten und offent-
lichen sünden, so auch sonsten an einem gemeinen
biederman und leien untreglich und abscheulich
sein, sich verunehret hat, 1. Tim. 3. Tit. 1. Als
da sein vollereie, wucher, betriegereie, unzucht,
leichtfertiges leben, simonia und dergleichen. Denn
die schrift dringet heftig darauf, dass ein prediger
solle gute zeugnussen haben von denen, so draussen
sein, dass man wissen müge, wie er sich vorhin
vorhalten, damit er den lesterern nicht müge in
die schmach und stricke fallen, noch das evangelium
Jesu Christi, oder auch der teure heilige name
gottes, seinent halben, vorlestert werden, Rom. 2.
Demnach schliesslich hievon zu setzen, so
wollen wir inhalt göttlicher heiliger schrift, der
alten christlichen conciliorum, constitutionum et
decretorum zu der kirchen erbauung in diesem
unserm fürstenthumb, nicht weniger denn andere
christliche potentaten und obrigkeiten, in diesem
puncte, belangende das jus patronatus, es halten
wie folget:
Erstlich, dass wir mit nichten einigem patrono
oder leenherren an seinem wolhergebrachten und
beweislichen jure patronatus den geringsten ein-
griff oder eintracht nicht thuen, noch ichtes daran
gefähren wollen. Sondern christlicher rechtmessiger
weise, wie billig, gebrauchen lassen, und jederman
bei seinem beweislichen gebürenden und rechten
jure patronatus handhaben und schützen.
Zum andern sol auch niemand den patronen
zu nachtheil, fürgriff oder krenkunge ihres juris
patronatus in ihre ecclesias patronatus einen
prediger setzen, es were denn, dass solche erheb-
liche ursache und unumbgengliche not fürfiele,
dass man darin ampts und not halben etwas

anders handeln müste, aber dennoch sol gleichwol,
wenn eine solche not sich ereugen würde, dessen
der patron und seine freunde nicht unberichtet
bleiben, noch an ihrem jure patronatus geschmelert,
sondern als eine dispensation oder notfall zuvor
wol beratschlaget und bewogen werden, als zu
setzen, da irgend sich zutragen würde, dass etwa
der patronus nicht binnen landes were, und
derhalben von ihm kein bescheid zu bekommen,
oder der patronus (welches gott gnediglichen ver-
hüte) in den heuptpuncten christlicher lehre, gegen
diese unsere kirchen ordnung unrichtig were und
gleichwol einen unleidlichen prediger einsetzen
wolte, welche unserm christlichen glauben und
lehr nicht gleichsinnig were, oder sonsten etwa
streitigkeit zwischen den freunden, uber dem jure
patronatus einfallen, oder dergleichen ursachen mehr
sich künftiglichen zutragen möchten, welche man
jtzt für dem schlage und zeit nicht alle ernennen
mag. Denn in solchen fellen müste gleichwol ja
billig ex officio, mit rath und bedenken des con-
sistorii, der armen kirchen (doch sagen wir ohn
abbruch eines jeden wohlhabender gerechtigkeit)
geraten werden.
Zum dritten sol jeder patronus seinem ge-
bürenden rechten nach, zu gebürlicher zeit,
wenn seine patronat kirche eines predigers be-
nötiget, entweder von sich selhst, oder auf er-
innerunge unsers general superintendenten zur
Lowenburg, eine düchtige, gelehrte, unberüchtigte
ehrliche persone, unserm consistorio oder gemelten
superintendenten, mit fürschrift zuschicken, und
zu der vorledigten kirchspiel kirchen praesen-
tieren, und begeren, dass er examiniret, und also,
wir zuvor von beruf und bestellunge eines pre-
digers gesagt worden, weiter die ordnunge in
allen puncten mit ihme müge gehalten werden.
Zum vierten, wenn er dann in der lehre
richtig, im leben untadelhaft befunden, und man
in seiner probe predigt, so er erstlich zur Lowen-
burg, und darnach in seinem zukunftigen kirch-
spiel gehalten hat, so viel gespüret, dass die zu-
hörer und scheflein mit ihm zur notturft und
gebür können vorsorget und friedlich sein, so
wird ihm billig, dieser unser kirchen ordnungen
nach vom general oder special superintendenten
desselbigen cirkes, in beisein des patronen oder
kirchspiel leuten, das ampt darauf befohlen, und
er mit der pfarren vom patronen belehnet. Wo
aber sich das widerspiel, uber zuvorsicht, bei der
praesentirten personen zutrüge, sol der patron
durch den superintendenten, aller an ihr be-
fundenen gebrechen, feil und ungelegenheiten be-
richtet und ermanet werden, sich nach einer
tüchtigere persone umbzuthunde, oder wo der
patron hierin nicht raten könte, sol der super-
intendens, mit des kirchspiels rath und wissen,
 
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