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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0433
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Kirchenordnung von 1585.

417

dem heiligen evangelio und ihrem beruf wirdiglichen
wandeln mügen, dass nicht uber sie komme, was
der apostel schreibet Rom. 2: Umb eurend willen
wird mein name gelestert unter den heiden, wie
das? Denn du lerest, man solle nicht stelen,
und bist selbst ein dieb. Man solle nicht die ehe
brechen, und bist selbst ein ehebrecher etc.
In dem beichtstuhle sollen sie mit aller sorg-
feltigkeit und fleisse mit den leuten handeln, dass
ja niemand zu seinem gerichte, oder unwirdig
zum tische des herrn gehen müge. Und bei dem
altare in der communion, auch bei der taufe, und
auf der canzel, auch bei der vortrauunge bräuti-
gams und der braut eine solche erbarigkeit, zucht,
andacht, ehrerbietunge und ernst, an sich er-
scheinen lassen, dass auch an ihren geberden
jedermann spüren und merken könne, dass sie
mit hohen göttlichen , ernsten sachen zu thunde
haben, und die andacht der leute dadurch ge-
mehret werde.
Sollen sich auch nicht unternemen, dem
saufteufel, vollerei, wucher, dobbeln, spielen, leicht-
fertigkeiten, tanzen und springen etc. mit den zu-
hörern nachzuhengen, viel weniger auf den letzten
mann, in den gastebaden, hochzeiten, vorlöbnussen
oder sonst collationen auszuwarten, sondern zu-
vor und ehe das bier und drunk in ihre zuhörer
kümpt, und alldieweile man sie noch herr pastor,
pfarrherr, kirchherr und dergleichen mit ehrlichen
namen nennet, sich von dannen machen, und nicht
so lange bei ihnen vorziehen, dass man sie pfaffe
und dergleichen zu teufen und nennen anfehet.
Desgleichen auch sollen die prediger weder
bier, wein oder brantewein schenken, noch kauf-
hendel treiben, ohn allein, was zu ihrer haus-
haltunge nötig ist.
Sollen auch willig sein, auf erfoderung der
kirchspielleute, unvorweigert, ohn verzug zu
taufen, die kranken zu besuchen und zu communi-
ciren, auch den verstorbenen zum begrebnuss zu
folgen, und was sonsten ihres amptes weiter ist,
zu vorrichten.
Auch in teglichem ihrem gebete gott umb
beistand des heiligen geistes in ihrem ampte, und
also für sich, die obrigkeit, auch die ganze ge-
meine mit grosser andacht treulich anrufen.
Zu dem ihren eltesten und obern, so wol den
specialen als dem generalsuperintendenten, ge-
horsam, folgig und unweigerlichen sein, und dagegen
sich anders zu vorhalten nicht gelüsten, noch von
jemand bereden lassen. Summa, sollen högstes
fleisses in allen dingen sich erweisen, wie ge-
treuen, gottfürchtigen dienern Christi gebüret.
Und sol dazu sie immer reizen, die wirdigkeit
und hocheit ihres amptes, und auch ihres fleisches
und blutes, nicht alleine schwach- sondern auch
bosheit, des teufels list und der welt ergerniss,
Sehling, Kirchenordnungen. V.

und die schwere harte rechnunge, welche von
ihnen wird desfalls gefodert werden.
Was der superintendenten ampt, die gemeine
visitationes der kirchen, synodos und conventus
ministerii anlanget, davon sol hernach zu seiner-
zeit, am gebürenden orte, bericht geschehen.
IX.
Von den geistltchen kirchen-, pfarren-,
auch capellen - und dergleichen güter
Weil diese güter den namen daher haben,
dass sie denen kirchen, pfarren und capellen,
etwan von gottfürchtigen leuten, guter wolmeinung,
den heiligen gottesdienst davon zu unterhalten,
und die pfarrherrn und kirchendiener darmit zu
vorsorgen, kirchen und capellen, sampt aller
kirchendiener wohnunge und kirchhöfen, davon
im baulichen wesen zu halten, für vielen oder
wenig verlaufenen jaren, mit gutem freiem willen
und bedachtsam gegeben, und vor sich und alle
ihre nachkömlinge, sich alles rechten, anfoderung,
zusprache und widernahm, daran genzlich, schrift-
lich oder mündlich, vorziehen haben, oder auch
etliche dieser güter zu solchem behuf sein an die
kirchen, capellen und pfarren erblich, durch be-
stendigen aufrichtigen kauf gebracht, und also
gottes güter geworden. Sie hat hieraus mennig-
licher bei ihm selbst, liederlich abzunemen, dass
den nachkömlingen nicht gebühren wolle, sich
solcher güter, zinse, ecker, wiesen, hölzungen,
wasser, höfe, dörfer, gründe, oder wie es einen
namen haben kan, wiederumb zu unterfangen und
an sich zu zwacken, es geschehe wie es müge,
mit gewalt oder list, sondern wie auch zuvor ge-
saget, was gott einmal ist gegeben, beigebracht
und eigen worden, wirt ihm billig gelassen. Thut
jemand dagegen, wirt er daran gewinnen, was
der adler gewan, da er von des Jovis altar ein
stücke fleisches vom opfer seinen jungen in das
nest zufürete. Denn da blieb unversehens eine
glüende köle mit anhangen, welche darnach das
nest anzündete, dadurch die jungen adeler gar
zu pulver vorbranten, und der alte renber kaum
entfliegen könte. Oder wirt ihm gesegnet werden,
wie dem Heliodoro im tempel zu Jerusalem wider-
fuhr, 2. Maccab. 3. Aber weil panis Christi
dulcis est, wil manniger dessen schmecken, dem es
zu essen nicht gebüret, und beisset derwegen
hernach sich und seinen nachkommenden erben
darin die zehnen aus. Derhalben wöllen wir ernst-
lichen hiemit menniglichen auferlegt haben,
solcher güter im geringsten sich nicht zu unter-
fangen, noch von den kirchen, capellen und pfarren,
bei ernster unnachlessiger strafe, zu entwenden, und
wo jemands alten und vorfaren, oder jemand
 
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