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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0437
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Kirchenordnung von 1585.

421

des pastorn und cüsters fleissig besichtigen, und
was schadhaftig werden wil, zeitlich bessern, ehe
grösser unkosten von nöten wirt, und wo zu
der behuf es an hölzungen mangeln würde, sol
auf ihre ansuchen ihnen von unsern beampten
auch den erb und leenherrn jedes kirchspiels da-
mit gedienet werden.
Zum neunden sollen sie empsige nachforschunge
bei den alten thun, ob sie etwa erkunden und
beschlahen könten, was irgend vor jaren jemand,
wer derselbige auch gewesen, von den kirchen,
capellen, gilden, calanden oder auch pfarrgütern
und einkommen, abhendich gemacht, das es
wiederumb müge an seinen rechten ort gewendet
werden, und in deine niemandes vorschonen, bei
harter strafe, wo sie hierin mit jemande solten
durch die finger sehen wollen.
Zum zehenden sollen sie schüldig sein, dem
pastori bei dem caspel volke fleissig ansuchung
zu thunde, dass sie ihme seine fronen und ge-
wöhnliche dienste, mit miste, und auch korn ein-
zuführen, und den acker zu pflügen und beseen,
und was sich sonsten eigent, willig leisten, als
ihrem lieben getreuem seelserger, der auch solches
wiederumb, mit willigkeit in seinem ampte umb
sie vorschülden sol.
Zum eilften sollen sie nicht macht haben,
einige liegende gründe, welche den kirchen oder
capellen zustendig, noch calandes oder gilden
güter, ohne des landesfürsten oder der patronen
wissen und willen zu verpfenden, noch erblich zu
vorkaufen, viel weniger ihren kindern, so sie ver-
heiraten , ohn bewust des landesfürsten, auch
superintendenten und kirchen über zu lassen.
Zum zwölften, ist in gehaltener visitation be-
funden, dass mit dem kirchengelde, auf jehrlige
zinse auszuthunde, wucherische hendele getrieben,
und die leute zu hoch damit übersetzet sein
worden. Sollen derwegen die kirchgeschworen
alle ihre ausgeliehene gelde und hauptsummen
in der leute güter zu erbligen und wiederkäuf-
lichen jehrligen renten vorschreiben und vor-
wissern lassen, und solche vorschreibunge und vor-
trege in obgedachtes kirchenregister vorzeichnen
lassen, und von der mark jehrliges nicht mehr
denn einen schilling zinse empfangen.
Zum dreizehenden sol niemand unter inen
alle schlüssel zu und bei sich alleine haben, viel
weiniger ohne beisein der andern seiner mit ver-
ordenten, sampt dem pastorn, zu den clausuren
oder kasten gehen, und etwas allda besehen oder
auslangen.
Zum vierzehenden sollen sie alle sontage und
auf den feiertagen und hohen vierzeiten festen
die bete von den leuten unter der predigt fleissig
samlen, aufschreiben und beilegen, und davon
notturftigen hausarmen und kranken, mit rat

und wissen des pastorn, in notfellen almosen
geben, und sol der pastor das volk, hiezu willig
zu sein, von der canzel treulich vormanen.
Und letzlich sol genzlich abgeschaffet sein
auf den hohen vierzeiten festen die collation und
frass, welchen der pastor bis daher den kirch-
geschworen auf solchen festen hat geben müssen.
Dass aber sie dem pastori deste williger für sein,
sol er sie sonsten, zu andern gelegenen zeit, zu
sich fodern, und ihnen mit zweien essen, neben
butter und kesen, mit einer malzeit gütlich thun,
doch dass keine tonne bier dabei ausgeschwelget,
oder sonsten grosses saufen geschehe, bei strafe
beide des pastorn und der kirchgeschworen.
Und dass diesem also in allen nachgesetzet
werde, sol der pastor ihnen solches aus dieser
kirchenordnungen fürlesen, und sie daran zu sein,
erinnern.
XI.
Von den stülen in den kirchen.
Demnach oft klage fürkömpt von den stühlen,
so in den kirchen gebauet werden, dass die so
angerichtet, dass dadurch einer den andern an
dem gehör göttliches wortes und dem gesichte
nach dem tische des herrn merklichen vorhindert,
auch die gemeine genge dadurch verengert werden,
auch dass manniger seine stüle erblich andern
leuten, bei seinem leben, mit der kirchen nachtheil
vorkauft, so vorordnen wir hiegegen, das weder
in stedten noch dörfern niemand einigen stuhl
machen zu lassen, sich ohn des pastorn und der
kirchgeschworen wissen und vorstattunge hinfurt
unterfangen, viel weniger die gemeine genge da-
mit vorsperren oder engere solle, wo es geschicht,
sol der stul dadurch der kirchen erblich heim-
gefallen sein.
Zu dem, wenn stüle aufgerichtet werden, sol
es mit der höhe, also und dergestalt gemessiget
werden, dass die in den hindern stühlen durch
die fordersten am gehör, auch gesichte, nicht ver-
hindert werden. Auch sol der cüster jedes ortes,
wofern die stüle geschlossen werden, zu allen
solchen stülen einen schlüssel haben, und so bald
die predigt angefangen, und niemand darin stehet,
sie alle aufmachen, dass nicht hiedurch die leute
aus den kirchen ausgebauet werden. Welche
stüle aber nicht schlossveste sein, darin sol nach
angefangener predigt niemande darin zu treten und
gottes wort zu hören vorboten sein. Sol auch
kein stul einigem manne oder weib erblichen,
sondern nur sein lebenlang allein darin zu stehen
vorkauft und vorgönnet sein, aber nicht macht
haben bei seinem leben, seinen stul jemande
erblich zu vorkaufen und abzutreten, sondern
nach des besitzers tode sollen die stüle der
 
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