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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0443
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Kirchenordnung von 1585.

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und sein cüster ihre korn von den leuten einzu-
sammeln pflegen, dem volke zuvor am sontage
solches von der canzel ankündigen, und sol darauf
ein jeder sein korn, gegen die zeit, wenn der
pastor und cüster das zu empfangen ankommen,
in des baurmeisters oder schulzen haus bringen,
und also ihrem pastori und cüster dasselbige
liefern, damit sie nicht von hause zu hause solches
von einem jeden fodern dürfen, und auch aus
einem jeden dorfe einen wagen ausmachen, solches
korn ihnen anheim zu führen.
17. Und was hieher mehr gehörig, davon
sollen unsere visitatores jedes mal die notturft
zu bestellen, macht haben.

Das dritte theil der kirchenordnung.
Von visitationibus der kirchspiele und
synodis der prediger.
Demnach es damit nicht alles vorrichtet, wenn
man die lehre nach gottes worte lauter und un-
vorfälschet führet, und die heilige sacramente nach
Christi befehl ausgeteilet, und auch fleissig
empfahet, und ein christlicher guter zustand und
wandel bei dem volke angerichtet ist worden.
Sondern dass es nicht wiederumb in abfall ge-
rate , getreue fleissige aufsicht nötig ist. Also
erkennen wir hochnötig zu sein, und wollen auch,
christlicher gottfürchtiger obrigkeiten exempel
nach, davon die schrift meldet, das unser general-
superintendens alle jahr, wo nicht zwei, doch zum
wenigsten ein mal, alle kirchen und schulen im
ganzen fürstenthumb bereisen und visitiren solle,
und das darumb, dass durch gottes gnaden die
lehre göttliches wortes in allen punkten unver-
felschet, und die heiligen sacramente, beides, was
ihr wesen und rechten gebrauch angehet, unvor-
rücket erhalten, die ceremonien in unsern kirchen
durchaus von den predigern eindrechtig und gleich-
förmig ohn mutwillige neuerunge gehalten, und
bei allen kirchen auch schuldienern, und den
christen, in allen stenden und emptern ein ehr-
bares, christliches leben und wandel, neben rich-
tiger execution ihres befohlenen ampts bleiben,
und allen unehrbaren wesen und lastern gesteuret
werde. Und sol zu des superintendenten gut-
achten gestellet sein, solche zeit des jahres zu
der visitation zu wehlen, darin das volk dem
hohen nützem werke ohn verhindernus ihres acker-
baues bequemest beiwonen kan. Damit auch
solches ordentlicher besser weise geschehen müge,
sol durch unser canzeleie, auf des superintendenten
anhalten, die visitation dem volke schriftlich vor-
meldet, und bei der hand zu bleiben, bei strafe
auf erleget werden, und ein jedes kirchspielvolk,

so lange die visitation bei ihnen wehret, an dem-
selbigen orte mit den herren und fronendiensten
von unsern amptleuten und vöigten übersehen und
vorschonet bleiben.
Und aber diese arbeit nicht eines enzelen
menschen werk ist, so sollen vom hofe, allewege
neben einem secretario, einer oder zween vom
adel, auch der amptman eines jeden ampts, sampt
dem specialsuperintenden in einem jeden gebiete
oder ampte, so lange die visitation des ortes
dauret, gegenwertig zu sein, dem superintendenti zu-
geordnet werden, und allezeit, etliche tage zuvor
ehe man in ein jedes kirchspiel anlanget, der patron
oder collator jgliches kirchspiels erinnert werden,
dass er auf dieselbige zeit, wenn man in seine
patronatkirche zu visitiren einkommen werde, sich
gewisslich einheimisch finden lasse, und wegen
seines habenden juris patronatus der visitation ge-
treulichen mit obliegen wolle. Und kan man denn
auch zugleich andere vom adel, so im selbigen
kirchspiel nahend besessen, wo es nötig, dazu
schriftlichen erfodern, dass alles bei den leuten
mit deste mehr ansehen zur ganzen gemeine nutz
und heil geschehen müge.
Und wenn man in ein kirchspiel anlanget,
sol man die visitation in der kirchen halten, und
derwegen zuvor tische, benke oder stüle daselbst
setzen lassen, und zeitig mit allen glocken das
volk also zusammen zu fodern, leuten lassen,
welches denn auch darauf willig und gehorsamlich
erscheinen und der visitation in aller nüchternheit
und andacht abwarten sol.
1. Der anfang sol mit dem pastore jedes
kirchspiel gemacht werden mit dem examine, be-
langend die lehr und glauben , darin er fleissig,
wie auch die schuldiener sol abgehöret, und von
den eingerissenen irrthumben befraget, und die
summa jedes streits, wie er den vorstehet, und
fundamenta der widerlegungen von ihme treulichen
erfodert werden. Und sol nicht oben hin noch
perfunctorie, sondern gründlichen also geschehen,
dass man spüre, das die prediger und schuldiener
reiner lehre in allen artikeln sein, und die funda-
menta in thesi et antithesi recht vorstehen.
2. Darauf sollen von dem pastori gefodert
werden die beschriebene dispositiones und con-
cepta seiner predigten, welche er von negst vor-
gangener visitation her gethan hat, auf dass man
daraus zu merken habe, was er für eine art und
methodum zu predigen habe, was er auch jeder
zeit und fest predige, mit was zeugnussen der
schrift er seine lehre erweise, ob ers auch alles
zu der zuhörer erbauung und vorstand richte, oder
frembde ding fürbringe, ob er nur bloss den
postillen nachahme, oder selbst die schrift durch-
lese, und die zeugnussen aufsuche.
3. Hiernach sol er umb seine bücher be-
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