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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0445
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Kirchenordnung von 1585.

429

17. Ob auch unter dem volke sein, welche
ihre obrigkeit lestern und ubel austragen.
18. Ob auch die eltern ihre kinder fleissig
im hause zum gebete, als morgen und abend-
segen, benedicite und gratias etc. zu lernen an-
halten.
19. Ob auch kinder seien, welche sich von
ihren eltern nicht wollen lehren, strafen und ziehen
lassen, sondern den eltern widerspenstig sein, aus
schulen, diensten, von den handwerkern, dahin
sie von den eltern bestellet, entlaufen, unzucht
und schande treiben.
20. Ob etwa kinder mit fluchen, schlagen,
wegtreiben und mit gewaltsamer that sich an ihre
alte eltern vorgreifen, und sie nicht erneren
wollen, wenn sie der eltern erbe einbekommen.
21. Ob auch jemand mit seinem negsten
in unvorsönlichem hasse und feindschaft lebe.
22. Ob die eheleute auch in aller freund-
licher einigkeit mit einander leben, die menner
ihre weiber lieben, und die weiber den mennern
gehorsamen, oder einer den andern vorachte, und
tyrannischer weise mit ihm umbgehe.
23. Ob irgend eheleute von einandern ge-
laufen, und nicht beisammen sein wollen.
24. Ob auch ehebruch und hurereie sampt
trunkenheit im schwange gehe.
25. Ob auch bei abend und nechtlicher zeit,
knechte und megede bei gemeinem geseufe und
tanze und ergerlichem wesen, sich zusammen
fügen, und welche zeit, und an was orten solches
geschehe, und wie solches gestrafet werde.
26. Ob auch wucherer unter ihnen sein mit
gelde, korn und andern ausgelegenem gute den
negsten auszusaugen und zu vorderben, und wie
hoch der wucher getrieben werde.
27. Ob auch unter ihnen seien, welche das
ihre unnützlich vorgeudern, vorbrassen, vorspielen,
weiber und kinder auch ihre narungen damit
in vorderb setzen.
28. Ob auch unter ihnen seien, welche ehr-
lichen, unberüchtigten personen ihren guten namen,
ehre und gelimpf mit lesterungen und bösen falschen
nachreden und vorleumbdungen abschneiden und
anrüchtig machen.
Von hochzeiten.
29. Ob die leute auch zu nahend in die
blutfreund- und schwegerschaft sich verheirahten,
und ob sie sich auch nach der kirchenordnung
in den vorbotenen geliedern vorhalten.
30. Ob auch nach gehaltenen vorlöbnis ein
theil das ander wiederumb aufwerfe und mit
andern aufs neue ehehendel fürneme.
31. Ob auch braut und breutigam vor der
vertrauung offentlich, und wie oft, abgekündiget
werden.

32. Ob auch die vortrauunge in der kirchen
mit aller andacht und ehrerbietunge züchtig ge-
schehe und gehalten werde.
33. Ob auch die leute, ehe man zur vor-
trauunge kumpt, sich in den hochzeitheusern voll-
saufen, oder sonst zuvor zum gefresse und ge-
seufe setzen.
34. Ob auch nach der vortrauunge sie in
den armen kasten ihre almosen, und hernach über
tisch von der speise, von der brauttafel, etwas
für die elende hausarmen samlen und aufheben.
35. Ob auch unzüchtige, schandbare tenze
mit unfletigen umbdreiende und ergerlichen ge-
berden geführet werden.
36. Ob der breutigam und braut auch folgen-
des tages mit ihren freunden und gesten fleissig
mit guter anzal, zur brautmesse und predigt
kommen.
Von der taufe.
37. Ob auch die kinder bald zur taufe
kommen, oder umb des schlemmens und geprenges
willen eine zeitlang, und wie lange, ungetauft
liegen bleiben.
38. Ob sie auch der angesatzten ordnung
nach, nicht mehr denn nur drei ehrliche, christ-
liche, gottfürchtige leute, zu gefattern bitten.
39. Ob auch das volk dem pastori entweder
selbst oder durch vorstendige leute die kindtaufe
sampt den gefattern, auch der kranken communion,
zeitig oder spete, und die vortrauunge, auch be-
grebnussen, anzeige.
40. Ob sie auch die kindelbier unterlassen,
und zum kirchgange nicht mehr denn zwölf per-
sonen, auf eine malzeit zu dreien essen, un-
gerechnet kes und butter, gebeten, oder ob da-
gegen gehandelt werde.
41. Ob auch die hebeammen, wehe- oder
bademutter so viel unterrichtes vom pastore haben,
dass sie wissen, wie sie die frauen in schwerer
not der geburt mit gottes worte unterrichten, und
zur gedult vormanen, auch mit der nottaufe
recht umbgehen sollen.
Von begrebnussen.
42. Ob auch begrebnussen bei ihnen ehrlich
und christlich gehalten werden, und wie solches
geschehe.
43. Ob man auch der alten leute greber
eines mannes tief mache.
44. Ob auch das volk willig und fleissig mit
zu grabe gehe.
45. Ob sie auch todtenbaren für junge und
alte leute haben, darauf die todten ehrlich ge-
legt und zur gruben getragen werden.
46. Ob sie auch willig sein, ihrer nachbaren
todten zur erden zu tragen, oder nicht mitgehen
wollen, wo kein geseufe zu erwartende ist.
 
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