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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0464
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448

Das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln.

gelerten schreiet, und Petrus Ananiam und
Saphiram, Actor. 5, und auch den Simon den
zauberer, Act. 8, und Paulus den zauberer und
falschen propheten Barichu für dem landvogt
Paulo Sergio, Actor. 13, und den blutschender,
der seine stiefmutter berüret hatte, 1. Corinth. 5,
in ihren sünden bindet, welchen exempeln her-
nach andere kirchenlehrer gefolget haben, als
Ambrosius, mit des grafen und herrn Stilliconis
schreiber, der falsche briefe gemacht hatte, ja
mit dem heiser Theodosio selbst, da er viel un-
schüldiges bluts in grimm und wütrigem zorn zu
Thessalonica vergossen hatte, etc. Und dahin
gehöret, wenn der herr spricht: Er habe seine
schafe recht zu hüten, zwene stebe zu sich ge-
nommen, deren einen er sanft, den andern wehe
heisset, Zachar. 11. Und zugleich stock und staff
gebrauchet, Psalm 23. Und Paulus kompt nicht
allein zu seinen zuhörern mit dem geist der sanft-
mütigkeit, sondern auch mit der ruten, 1. Cor. 4.
Denn zugleich wein und öl in die wunden, zu
vorbinden und heilen müssen gegossen werden,
Luc. 10. Und wo derhalben der bindeschlüssel
mit dem salzen unterlassen und rusterig wirt, so
werden die wunden faul und unterkötig, dass
die kranken schafe nicht geheilet noch gesund
werden, sondern grindig, voller seuche, und sterben,
und ihre blut wirt hernach von der hirten henden
gefodert werden, Ezech. 3, 33.
Es wirt aber und sol auch der bindeschlüssel,
oder die macht auf erden die sünde zu behalten
und zu binden, inhalt und vormüge göttliches
worts, auf diese drei underscheidene weise und
ordenunge von unsern predigern in warer gottes-
furcht geführet und gebraucht werden.
Erstlich, dass sie sollen ungescheuet und frei
das gesetz des herrn, als dadurch sünde gezeiget,
gestrafet, und gottes zorn wider alle menschen in
allen stenden zur busse offenbaret wirt, mit
freidigem aufthunde ihres mundes, nach dem für-
bilde göttliches wortes, dem exempel der propheten,
Johannis des teufers, Christi und der apostel,
treiben und handeln, und alle sünde, beide in
falscher lehr und ungöttlichem leben, in gemein
und in specie, doch unbenennet der personen,
strafen und angreifen.
Denn hievon redet gottes befehl Esai 58:
Rufe getrost, schone nicht, erhebe deine stimme
wie eine posaune, und vorkündige meinem volke
ihr übertreten, und dem hause Jacob ihr sünde.
Ezech. 3. 33: Du menschenkind, ich habe
dich zum wechter gesetzt uber das haus Israel etc.
Johan. 16: Der heilige geist wirt die welt
strafen umb der sünde willen.
1. Thimot. 5: Die da sündigen, die strafe
für allen, auf dass sich auch die andern fürchten.
Und wenn die prediger hierin fahrlessig und

faul werden, so heisset sie gott stumme hunde,
blinde wechter, tüncher, welche die gottlose hende
sterken umb einer hand voll gersten und bisslein
brots willen, welche die milch und wollen suchen,
aber der schafe heil und nutz verseumen.
Und was also in gemeiner predigt gestraffet,
und gottes gericht aus gottes worte, wider den,
so an solchen sünden schüldig ist, angezeigt wirt,
solchs urtheil des heiligen geistes sol niemand mit
nichte vorachten, denn der zorn gottes wird hie-
durch vom himmel offenbaret, wider alles gottloses
wesen und ungerechtigkeit der menschen, Rom. 1.
Und kumpt dadurch uber die unbussfertige zorn
und ungnade, drübsal und angst, Rom. 2. Und
wirt im himmel auch gebunden, dass es im
himmel keinen andern bescheid mit einem solchen
menschen hat, der also hie auf erden gebunden
ist, denn wie er allhie aus dem munde seines
predigers, gottes wort klingen und schallende hört,
Matth. 16, Johan. 20. Wer derwegen also mit
dem bindeschlüssel in gemeiner predigt gerüret
worden, der schlah solchs nicht in den wind, sondern
thue busse, und bekere sich von solchen sünden,
auf dass er dem angekündigten und vordienten
zorn und strafe gottes bei zeiten entgehen müge.
Zum andern, wenn einer, der mit sünden,
falscher lehre oder gottlosen wandels wider gottes
gesetze behaftet, solcher gemeinen straf und buss-
predigt nicht achtet, sondern ohn buss in seinen
sünden vorharret, denen nachhenget, und die-
selbige heufet, sol der prediger (wie er auch zu
thunde schüldig und pflichtig ist ampts halben) einen
solchen für sich bescheiden, umb seine sünde und
unbussfertigkeit treulich, freuntlich, auch ernstlich
zu reden setzen, zur busse und besserung fleissig vor-
manen, und wo er noch hartneckigkeit spüret oder
die angelobte besserung nicht folget, sol er solches
seinem superintendenten vormelden, der sol ihn neben
seinem pastore abermal zur besserunge fleissig er-
manen, und wo denn solches auch nicht statt finden
solte, sol man einen solchen halsstarrigen menschen
als einem unchristen und gottlosen ein zeitlang
vom heiligen abendmal, von gefatterschaft bei
der taufe und bei der braut zustehende, oder die
zu fürende in der vortrauunge abweisen, bis so lang,
dass er rechte warhaftige busse thut. Diss ist die
separatio oder kleiner bann, wie es die alten
nennen, und geschicht ohn öffentliche ankündi-
gunge für dem volke von der canzel, allein insonder-
heit, oder in gegenwart eins oder mehr prediger,
oder auch dazu erfoderten christen.
Zum dritten, wenn auch hiedurch dem gott-
losen sein steifer halstarriger muth noch nicht ge-
brochen wil werden, und aber das predigampt
nicht darumb von gott vorordenet worden, dass es
solle dem mutwilligen vorderbe der sünder mit
stillschweigende, nachsehen sol darauf nach dem
 
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