Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0465
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung von 1585.

449

befehl Christi solches der gemeine gottes an-
gezeigt werden, und weiter erfolgen, was sich
gebüret; nemlich, der generalsuperintendens sol
solchen unbussfertigen trutz an das consistorium,
als den kirchenrat, schriftlich oder mündlich ge-
langen lassen, und sol der schüldige darauf für
das negste consistorium zu erscheinen erfodert
werden, und wegen seiner beharrligen herzens-
hertigkeit und ungehorsams abermal besprochen,
und wo er sich auch allhie nicht wil raten lassen,
in die strafe des öffentlichen bannes oder der ex-
communication erkennet und vorurteilet werden,
und darauf solches den negsten sontag darnach
der ganzen gemeine von dem generalsuperinten-
denten oder pastore angekündiget, und der gott-
lose damit wie ein ungesundes gelied von dem
leibe des herrn, seiner christlichen kirchen, ab-
geschnitten, und solcher weise und art gebannet
werden, wie folget:
Nemlich, die person, so in gehaltenem recht-
messigem process in den bann excommunication
oder kirchenstrafe ist erkennet, ubergeben, und
vorurteilet worden, sol auf benanten sonntag
nach der predigt in seiner kirchspiel kirchen,
dahin er gepfarret ist, im chor für allem volke
gestellet werden, und sol der superintendens oder
pastor, dem solches das consistorium oder super-
intendens auferlegen wirt, über ihm von der
canzel oder für dem altare, aus einer schrift
gegen das volk, dieses, wie folget, ablesen und
sprechen:
Meine geliebten in Christo, gegenwertige
person N. ist in greulichen öffentlichen sünden der
gotteslesterung, hurereie, zaubereien, mordes, ehe-
bruchs etc., vielfelliger trunkenheit (oder was seine
vorwirkunge ist, derhalben er bannwirdig ist er-
kand worden) eine raume zeit her verhaft ge-
wesen, und damit die gemeine gottes erbarmlich
vorergert, und das heilige evangelium schmelich
vorlestert worden. Und ob wol nach Christi be-
fehl bei dieser person vielfeltige vormanungen
und strafen durch prediger und andere aus gottes
worte, auch von dem kirchenrate, versucht sein
worden, so hat doch bei diesem menschen (gott
erbarmes) solches alles nicht zur christlichen
besserunge gedeien wollen, derwegen, dass durch
diese persone gegenwertig als ein reudiges, un-
schlachtiges, unartiges schaf, diese ganze herde
Christi nicht ferner vorderbet, und niemand diesem
bösen exempel zu seinem grossen nachtheil und
schaden, folgen müge, auch gottes schwerer zorn
und schreckliche strafen, von dieser gemeine ge-
wisslich abgewendet werden, so haben die vor-
ordente des kirchenrats im consistorio nach ge-
nuchsamer gepflogener handlungen, diesen menschen
dahin erkennet, dass er solle in aller eurer gegen-
wart von der heiligen christlichen kirchen aus-
Sehling, Kirchenordnungen. V.

geschlossen, und auch zugleich vom heiligen abend-
mal des waren und lebendigmachenden gegen-
wertigen leibs und bluts Christi als ein unwirdiger
abgewiesen sein, auch bei der heiligen taufe nicht
zu gefattern stehen, noch braut oder breutigam
zur vertrauunge zu führen, auch nicht zu einiger
christlichen vorsamblungen als hochzeiten, kindel-
bier oder dergleichen gesellschaft nicht gefodert
noch zugelassen werden, noch kommen solle, bis
so lange, dass er an sich öffentliche busse, reue
und leid, wegen seiner solcher schrecklichen sünden,
neben rechter christlicher besserunge vormerken
und erscheinen lasse. Doch zur predigt mag und
sol er frei unvorhindert kommen, und in andern
zeitlichen hendeln mag man mit ime, doch alles
wie mit einem todten und ungesunden abgeschnitten
geliede vom leibe Christi handeln und umbgehen,
und nicht weiter, viel weiniger sol ihn jemand in
seinen sünden und gottlosen wesen sterken noch
beipflichten, sondern ihn zur busse vormanen,
und für dergleichen strafe sich fleissig lernen
hüten. Der allmechtige, ewiger gott, der nicht wil
den todt des gottlosen, erbarme sich uber ihn
durch Christum, und vorleihe ihm ware recht-
schaffene busse, damit er vom künftigen zorn er-
rettet werde. Amen.
Diss heissen die alten canones den grossen
bann, excommunicationem majorem. Johann. 16
nennet es Christus, wie einen greuel aus der ge-
meine gottes auswerfen. Paulus, 1. Corinth. 5,
heisset es dem teufel ubergeben.
Nach dieser renunciation und ankündigunge
des bannes sol der cüster alsbald, ehe man die
communion oder etwas weiters in der kirchen an-
fenget, die excommunicirte person öffentlich durch
das volk aus der kirchen ausweisen, und seiner
wege gehen lassen. Und darauf sol unser be-
ampten einer, oder der herr und obrigkeit des
orts alsbald der ausgeschlossen personen alle hoch-
zeite, gastungen, ehrliche gesellschaft und wirts-
heuser mit ernste vorbieten, und dem andern
volke untersagen, keine sonderbare freundliche
gemeinschaft mit ihme zu halten, bei ernster
strafe, wo hiegegen jemand handeln würde. Doch
sol solcher aussgesonderten personen ihre heusliche
arbeit zu holz und felde, auch mit dem volke zu
kaufen und verkaufen, samt seiner ganzen nehrunge
zu treiben, nicht benomen sein.
Und sol in einem sonderlichen eigen orte
oder stelle in der kirchen solche person alle son-
tage und fest, auch auf andern predigttagen, zum
gehör göttliches worts und gebete stehen, wenn
aber die predigt sampt dem gebete geendiget,
wiederumb aus der kirchen gehen, oder durch
den cüster daraus gewiesen werden, bis so lange
das hiedurch ihme das herze durch gottes vor-

57
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften