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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0096
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Wolfenbüttel

Gade, dat is, na Gades worde. Darumme holden
se ock ere knechte und megede nicht tho Ga-
des worde und theen gotlose kindere up. Overst
uth sülcker junkfrauenscholen könen wy vele
husmodern krigen, de mit Gades worde tho
Gades fruchte geholden sind. De gedenken by
Christo to blyvende, in welcken se gedofft sind,
de holden namals ere gesinde und kindere ock
tho Gades worde, dat se by Christo und in
Christo blyven, in welcken se gedöfft sind. Wol
dem manne, de sülck eine frouwe und hus-
moder kricht, als dar Salomon secht. Dar mach
men vortan lesen. Van sülcken husmodern, de
Got früchten, werd namals de stadt besettet
mit eren kinderen, de frame börgere und börge-
rinnen werden und kompt van en ein eddel
geslechte, de kindere Gades werden dorch den
geloven an Jesum Christum bet thom jüngesten
dage. Darumme willen wy trouen sülcke junk-
frouwenscholen nicht vorsümen, sonder in ehren
holden.

Tho disser scholen schal men vorschaffen eine
ehrlike matrona, de wol leren kan und mit den
junkfrouen wol und vornüftich kan ummegahn,
de Gades wort leff hefft und gerne in der biblien
und sus wat gudes leset. Der schal men uth der
gemeinen kasten geven jerlick drittich edder
twintich gülden in münte na gelegenheit jeders
ördes und alle verndel jares dat veerde part van
sülcken drittich edder twintich gülden. Der frou-
wen schal men in den vormögen steden noch
eine sülcke tho hülpe schaffen, de schal jerlick
hebben 20 gülden in münte, alle verndel jares dat
veerde part van sülcken 20 gülden. De junkfrou-
wen scholen gröter precium den meisterinnen
geven wenn de jungen in der andern scholen,
doch etliche mehr, etlike ringer. De ganz armen
scholen nichts geven. Doch dit alles up erkent-
nisse der kastenherrn. Dat precium scholen de
meisterinnen gelike deilen. Frye woningen scho-
len se beide hebben und fry syn van aller bör-
gerliken last und uthgave. Se könen wol beide
wonen in der junkfrouwenscholen, wenn men
de woninge bequemelick darna anrichtet.

Ende der scholen.

Dat drüdde deel disser ordinantien is van
der gemeinen kasten.

In einer jeweliken kercken schal stahn eine
kaste, dar frame lüde und milde hende dage-
lick insteken ere almissen vor de armen und
nottroftigen umme Gades willen, welcke de
kastendiaken scholen alle weken daruth nemen
und latent erem schriver anschriven und brin-
gent semptlick in de sacristie edder in einen
anderen wolvorwarden ört in ere kaste.

Wente gemeine kaste het nicht de kiste, de
in der kercken apenbar steyht, dat men darin
scholde bringen alle güder der kercken, wol
wolde dat raden? Sonder gemeine kaste is ge-
redet so vele, efft men wolde seggen: Gemeine
schatt der kercken, darhen thosammende vor-
ordenet is und werd ingebracht alle inkament
der kercken und alle geistlike güdere (alse men
se nömet) grot und klein dorch de kastendiaken.
Dar mot men hebben kisten, slote, iseren, mu-
ren und vaste dören, dat solck schat wol ver-
waret sy. Dat het de gemeine kaste.

In disse gemeine kaste gehören alle güder
dersülvigen kercken, klein und grot. Nemlick
thom ersten vor de rechten armen, alt und
jung, de nichts vorwerven könen, vor kranke
lüde und arme frouwen in dem kinderbedde
und wor sust de predicanten werden anseggen,
de tho den kranken gahn etc. Alle milde almis-
sen, in de kisten geoffert, alle almissen, de de
kastendiaken in de büddele sammelen van fra-
men lüden. Wente se scholen des hilligen dages
mit twen edder dren büdelen ummegahn under
der predike und schemen sick des nicht umme
Christus willen, de secht: Wat gy einem ringe-
sten van den mynen hebben gedahn, dat heb-
ben gy my sülvest gedahn [Mt 25,40]. Item dar-
hen gehören ock alle ander milde gaven christ-
liker herten und alle testamente, de gemaket
sind und noch gemaket werden.

Wat unse vorelderen gegeven hebben tho un-
gerechten gadesdensten uth unvorstande (se
hebbent jo gut gemeint), dat scholen wy nu
na erkanter warheit keren thom rechten gades-
denste, dar Christus van secht: Gy hebbent my

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