Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0095
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wolfenbüttel

Privilegia der gelerden.

Tho vorderinge götlikes wordes, fryen kün-
sten und allerley erbarheit, darto dennoch de
predikere, scholgesellen und kerkendenere mit
högestem vlite helpen moten, schölen en ere
privilegia und freiheiden van allen börgerliken
beschweringen blyven und men schal se darby
handhaven. Darwedder schal nemand handelen.

Sünderlike övinge in der scholen.

Id sind thowilen lectiones, de dre classes
wol thogelick hören könen. In desülvigen wer-
den sick de rectores, dat de classes darna ge-
ordent werden, wol recht schicken. Van der
sankstunde hebben wy vorhen gesecht.

De Donatisten schal men alle dage vor mid-
dage (den Middeweken und Sonnavent uthge-
scheiden) int gemeine in der grammatica, eti-
mologia, syntaxi und prosodia sere vlitich öven
und vort dryven. Knaven, de tho sülckem schri-
ven düchtich sind, scholen alle weken carmina
und episteln schryven, wo darbaven angeteget
is, und jummer latin reden. Vam morgen- und
vespergesange is baven gesecht.

Wo men ock in der schole den Middeweken
tho der repetition, carmina und epistelen tho
schryven öven und na middage diem lusus heb-
ben schal, desgeliken, wat up den Sonnavent in
causa pietatis gedreven werden schal, is dar-
baven ock gesecht und is wider wort hyrvan
tho maken nicht nödich.

Darmit overst in disser scholeordeninge jo
nichts vorgeten, vordert ock de hoge not, dat
men den scholgesellen bequeme behusinge, da-
rin se studirn und er gemack hebben könen,
vorschaffe und vorordene.

Denn dat sick so vele gesellen in einer edder
twen behusingen entholden scholden, is nicht
wol mögelick. Desgeliken eren studiis nicht be-
quemelick.

De ehelick werden, de schal men sunderlick
mit bequemener woninge vorsorgen. Darup scho-
len vlitich sehen de radt und kastenheren und
dat also vorschaffen.

Van der junkfrauenscholen.

Eine schole schal men uprichten in den steden
und flecken in einem gelegenen orde vor de
kleinen junkfrauen und de schollen darinne leren
schryven und lesen edder thom weinigesten
alleine lesen, welck se in einem edder twen
jaren leren könen. Men schal en dar psalme und
geistlike gesenge singen leren und den kleinen
catechismum doctoris Lutheri, ersten de hilgen
wörde des catechismi, darna de korte bedü-
dinge der wörder, als in dem catechismo steyt.
Wenn se dat wol könen, so schal men se darna
ock laten lesen den ganzen düdeschen psalter
edder etlike und vele psalme daruth. Denne
mach men en ock wol in der scholen bevehelen,
dat se tho hus lesen etlike historien uth der
düdeschen biblien, yd sy uth dem olden edder
nyen testamente, darvan se wat könen in der
scholen naseggen uthwendich, ane böck, wo gut
se yd maken könen. Wol syne jungfrouwen wil
mehr laten leren, de late en ock mit dem schri-
vende leren geschreven breve lesen etc.

Vor middage scholen se allene twe stunden
in der scholen syn, na middage ock men twe
stunden, tho gelegener tydt. Wenn se uth der
scholen gahn, so schollen se ersten einen psalm
edder geistlick led singen, darmede könen se
dat singen ane anderen erbeit leren mit luste
und leve. Alle andere tydt des morgens, mid-
dages und gegen den avent scholen se by eren
modern syn tho huss, lesen wat und leren van
eren modern tüchtich husholden und wat dar
mehr thogehöret. Men schal en ock nicht tho vele
upleggen, mate is tho allen dingen gut. Men
late de kleinen kinder tho tyden ock spelen,
dat se darna deste vlitiger thom studirende wed-
der ankamen.

Salomon am ende in synen spröken secht, dat
id nicht genoch is, wenn eine husmoder schön is,
so se nicht ock gotfrüchtich is, de na Gades
worde Got alle tidt in allen eren scheften vor
ogen hefft: Fallax gratia et vana est pulchri-
tudo, mulier timens Deum ipsa laudabitur [Pr
31,30]. Wente gotlose moderen fragen nichts na

9*

75
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften