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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0715
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Ordnung des Gotteshauses in dem Gral 1598

5. Ordnung des gotteshauses in dem Grall.
Anno 1598. 1

Nachdem die tegeliche erfarungh bezeuget,
daß sowoll in den gottesheuseren als in andern
gemeinen viele unrichtigkeit sich zutraget, da-
durch dan Gottes ehre gehindert, andere Chri-
sten geergert und dem gotteshause nicht alleine
ein böser nahme, sondern auch zu der miltig-
keit jegen die armen und des gotteshauses be-
forderungh andere abgeschrecket werden, so ist
nicht allein christlich, sonder hoch nutz und
nötig, daß mit geburende vermanungh, auch
gueter ordnungh diesem muge furgebauwet wer-
den. Daher dan die itzo verordente vorstendere
dieses gotteshauses, Godt dem almechtigen zu
lob und ehre, auch zu wollstand dieses gottes-
hauses und dan der armen selber heil und wol-
fart vermuge ihres von Godt tragenden ampts
diese ordnungh, wie sich ein jeder in seinem
lebende christlich und ehrbarlich soll verhalten,
verfasset mit diesem hirneben anzeige, so je-
mand darwidder vorsetzlich thuen und handelen
wurde, daß jegen den oder derselben mit ge-
burender straffe nach dero verwirkungh soll
verfaren werden.

Und dan zu dem ersten soll ein jeder alle mor-
gen, wen er aufstehet und sein werk anfangen
wolle, auch des middages und abendes vor und
nach essendes, sowoll auch des abendes, ehe er
zu bette geht, dem allmechtigen durch Christum,
seinen Sohn, mit gleubigen herzen und feuriger
andacht vortragen, vor die gabe, de [!] ihr tag-
lichs entfanget, sowol fur andere seine vielfel-
tige erzeigete gnade, gabe und woltadt von her-
zen danken und ferner umb sein gnade bitten.

Zum anderen soll ein jeder person, die in die-
sem hause sein, derselben speise und drankes
gebrauchen wollen, an dem Mittwochen, wan

1 Druckvorlage: Ratsurkunde vom 18. Ok-

tober 1598 im Ratsarchiv Lüneburg. — Das
Hospital hatte seinen Namen von der
Oertlichkeit bekommen. Grael — Groelplatz

man Gottes wort in diesem gotteshause predi-
get, von dem anfange bis zum ende jegenwar-
tig sein, fleißigen und mit andacht dasselbige
anhoren und bey sich woll erwegen, auch bis
zum ende, dass alles verrichtet, darinne ver-
bleiben, auch wie fur angezogen, Godt fur alle
woltadt danken und ferner umb seine gnaden
anruffen.

Zum dritten, des Sontages und andere tage,
wan in diesem gotteshause nicht geprediget
wirt, soll ein jeder, der ghen kan, in die kir-
chen, da man Gottes wort prediget, sich ver-
fuegen, das gottliche wort mit fleiße und an-
dacht anhoren und auch bis zum ende, daß alles
in der kirchen verrichtet, bleiben, fur seine viel-
feltige woltadt danken und mit andern Christen
fur den gemeinen wolstand bitten helfen. Und
dan, wan alles geendiget, sich widder nach dem
gottshuse verfuegen.

Zum vierten, so soll auch allezeit in diesem
gottshause ein bibel neben anderen christlichen
bücher (doch nach dieses gotteshauses und der
armen notturft) sein und alle tage aus dem olden
oder neuwen testament ein capittel oder sonsten
aus dem buche etwan nutzlich und den armen
dienlich abgelesen werden. Dasselbige dan flei-
ßigh anzuhoren, soll ein jeder darbey zu wesende
verplichtet sein.

Zum funften soll auch ein jeder sich zu der
bicht und dem disch des Herren oft finden
lassen.

Zum sechsten schollen keine unnutte rhede,
als schendige wort und narrendedingen 2 edder
scherzerey, die den Christen nicht gezimmen,
sonder was erbarlich, christlich, nutz und heyl-
sam is, als von Gottes wort, von der heiligen

(vom Niederdeutschen groelen) bedeutet so-
viel wie Pestplatz, vgl. E. Zechlin, S. 13.

2 Eigentlich = Narrenverhandlungen, soviel wie
Narrengeschwätz, Narretei.

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