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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0496
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Braunschweig

6. Artikel, in der visitation den pfarhern uberantwort. 1

Erstlick wil von noten sein, ein iden pfarher
volgende visitationartikel zu uberantworten, do-
mit er sich darnach zu richten hab und er auch
darauf achtung geben kann, domit denselben zu-
folge gelebet werde.

Zum andern wolt die noit auch erfordern, das
in einer itlichen pfarkirchen, darinnen ein pfar-
her woneth, eine bibel und eyn braunschweigksche
kirchordnung gezeuget werde, die der pfarher
unter seinen henden haben und gebrauchen,
auch dem godtßhauß bewaren und dafur sten sal.

Eyn jeder pfarher sol vleissig darauf achtung
geben, neben den alterleuten, das weder der kir-
chen, noch der pfar ader opfermann an ihrem
einkomen und alten gerechtigkeit nichts entzo-
gen, auch alle jar einmal von wegen der kirchen
rechnung in sein, des pfarhers, beiwesen gehal-
ten werde.

Dem opfermann solln die markgarben wie vor
alters gegeben werden, domit derselb alß der
vleissiger die kinder den catechismum helfe le-
ren.

Der stend zehent mochte auch billich zu den
pfarhern geslagen werden, domit dieselben dar-
durch gepessert wurden und der pfarher alß der
mer vleiß bei dem volk mochten furwenden.

Darumb sal ein ider pfarher sein ampt mit
vleiß außrichten, nicht allein wie er es for der
obrigkeit, besunder vel mehr vor Godt vorant-
worten woll.

Es sol auch keiner aufß meiste mer dan zwu
kirchen zu vorsorgen haben, damit er den leuten
alß der paß fursten moge.

Wo ein pfarher nicht mehr dan eine kirchen
zu vorsorgen hat, schal er alle Suntag oder fier-
tag zwu predig darinnen thrm, eine fur und die
ander nachmittag.

Desgeleichen sol er auch in der wochen alß
Mitwochenß ader Freitags, wen es dern volk am

1 Druckvorlage: Akte B III 15, Bd. 2, fol. 286—
289, Stadtarchiv Braunschweig.

2 Vgl. S. 395 f. u. Anm. 7.

gelegesten sein wil, einen pettag mit dem volk
halten, wie das alles in sunderheit vorzeichnet
ist.

Und sal ein jeder pfarher vleissig darob sehen,
das das volk die deutschen gesenge wol lerne
und vleissich in der kirchen mitsinge.

Er solle auch zu einem iden mal das volk
vleissig zum gepett vormanen, vor einen gemeinen
landfried, fur treuwe lerer und die obrigkeit zu
piten, nicht alleine nach der predigt, besunder
auch doheim in den heusern und alwegen, wen
man die gepettglocken 2 leutet.

Desgleichen sol er auch das volk vleissig vor-
manen, almosen zu geben, und die feiertag in
der kirchen dasselbige samlen lassen, es auch
mit bewust der alterleut denn armen, so da-
selbst vorhanden, außteilen.

Er sol auch die leut mit vleiß vormanen und
dohin weisen, das sie ihre kinder vleissig zum
catechismo halten, so oft er ader der opferman
denselben leret.

Desgleichen sal er auch die leut vormanen,
das die ihre kinder, so tuglich darzu sein, zum
opferman gen und lesen lassen leren und sun-
derleich im winter, da sie doch sunst nit vil
zu thun haben. Fur solche mue mag man dem
opfermann von eim knaben ein halb jar ein
himbden rocken 3 geben.

Der pfarher sol niemand zu dem heiligen sa-
crament des altars zulassen, er habe dann zuvor
gepeicht und die absolution entpfangen, aldo sol
der pfarher ein iden in sunderheit vleissig in
seinem catechismo vorhoren und unterrichten.

Die pfarher, so do nahen umb die stadt und
ein meile ader zwu am weitesten davon wonen,
soln in der wochen einmal herein in die lectio-
nes komen, wen man in theologia list.

Es sal auch ein ider pharher das jar zweimal
herein zum colloquio kommen, alß Midtwochen

3 = Himten Roggen. Der Himten war ein Korn-
und Früchtemaß, in den verschiedenen Gegen-
den von unterschiedlicher Größe.

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