Klosterordnung 1574
9. Klosterordnung des Herzogs Wilhelm d. J. für das Fürstentum Lüneburg
1574. 1
Wiewoll verruckter jahr aus christlichem eifer
dem almechtigen zu lobe und ehre und fur-
derung unser von Gotts gnaden Wilhelmen des
jungern, herzogen zu Braunschweig und Lune-
burg, klosterpersonen seelen heil und seligkeit,
auch ihrer zeitlichen wolfart eine christliche
ordenung gemacht 2, wie es in unsern klostern
soll mit christlichen gesengen, lection und cere-
monien, auch in haushaltung gehalten werden,
so befinden wir doch, das dieselbige in vielen
punkten durch etzliche ubel gehalten, ja auch
in ihrer blindheit, verstockung und gottlosen
wesen verharren, Gottes wort nicht wollen hö-
ren, noch das sacrament des leibes und blutts
Christi ampfahen und entlich ohne trost, beicht
und sacrament hinsterben wie das vihe, daraus
zu besorgen, das sie gar ubel faren.
Nun wollen wir, obgenanter herzog Wilhelm,
aus christlicher, gnediger, vätterlicher lieb und
treu nochmals alle und jede klosterpersonen er-
manet und gnediglich begert haben, das sie sich
der hievor aufgerichten ordenung und under-
richts Gott zu ehren und ihnen selbst zu guetem
gehorsamlich wollen gehalten, in die predige
gehen und Gottes wort fleissig hören und Gott
umb seinen heiligen Geist bitten, daß er das-
selbig kreftig in ihnen machen und sie in rech-
tem christlichen glauben, vertrauen, frucht und
liebe fueren und darinne erhalten wölte.
Daß sie auch die gesenge, lectiones, collect,
hyrnnos und gebette nach den gedruckten und
ihnen hiebevor zugestalten buchern singen, lesen
und beten wollen, domit Gott seine ehre gegeben
und der rechte gottesdienste geleistet werde.
Daß sich auch die gnade Gottes und ver-
gebung der sunden, die ihnen in der absolution
und dem hochwirdigen sacrament des leibes und
1 Druckvorla,ge: Original-Hs im Staatsarchiv
Hannover, Celle Br. A. 49 X, fol. 167—175. Ge-
druckt bei Lyßmann, S. 278—282 (nicht
immer übereinstimmend). Die Hs hat keine
Ueberschrift.
blutts unsers Hern und heilants Jhesu Christi
angebotten wirdet, nicht verachten noch ver-
seumen, sondern sich zum hochsten bevleissigen,
dieselbige oft zu empfahen. Dan dardurch wirdet
der mensch gewiß gemacht, daß ihme seine
sunde umb des verdienstes Jhesu Christi willen
vergeben werden, nicht weiniger, als spreche
Gott selbs die absolution. Wie dann Christus
sagt [Joh 20,23]: Wem ihr die sunde vergebet,
dem sein sie vergeben, item [Mt 18,18]: Was ihr
loset auf erden, das soll auch geloset sein im
himmel.
So hat Christus seinen apostolen und allen
Christen befoLen [1. K 11,23—25], seinen Leib zu
essen und sein blutt zu drinken und darbei
seines todes zu gedenken, das ist, vestiglich
glauben und ihme dafur von herzen danken,
das ehr sein Leib fur uns gegeben und sein
blutt vor uns vergossen hat zu vergebung der
sunden, welches wir also durch niessung seines
leibes und blutts sollen vergewissert und ver-
sichert sein. Wer nun solchem befelich Christi
nicht will gehorsam sein, der ist auch sein jun-
ger nicht, dan ehr selber sagt Joh. 8 [31]: Wan
ihr pleibt in meinen reden, so werdet ihr meine
junger sein.
Und soll sich niemants daranne hindern oder
ergern lassen, das der bapst hat verordenet, das
die leien sollen allein den leib, aber nicht das
blut Christi empfahen 3, dan ehr als ein sundiger
mensch nicht macht hat, das testament Jhesu
Christi zu verandern, welches auch in eines
schlechten menschen testament nicht gestattet
wurde, wie S. Paulus [Gal 3,15] sagt, viel weiniger
in Gottes, unsers erlosers, testament.
Christus hat beides befoLen, den leib zu essen
und das blutt zu drinken, und bei dem kelch
2 VgL. oben Nr. 8, S. 609 ff.
3 Vgl. oben S. 129, Anm. 58 a.
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9. Klosterordnung des Herzogs Wilhelm d. J. für das Fürstentum Lüneburg
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Wiewoll verruckter jahr aus christlichem eifer
dem almechtigen zu lobe und ehre und fur-
derung unser von Gotts gnaden Wilhelmen des
jungern, herzogen zu Braunschweig und Lune-
burg, klosterpersonen seelen heil und seligkeit,
auch ihrer zeitlichen wolfart eine christliche
ordenung gemacht 2, wie es in unsern klostern
soll mit christlichen gesengen, lection und cere-
monien, auch in haushaltung gehalten werden,
so befinden wir doch, das dieselbige in vielen
punkten durch etzliche ubel gehalten, ja auch
in ihrer blindheit, verstockung und gottlosen
wesen verharren, Gottes wort nicht wollen hö-
ren, noch das sacrament des leibes und blutts
Christi ampfahen und entlich ohne trost, beicht
und sacrament hinsterben wie das vihe, daraus
zu besorgen, das sie gar ubel faren.
Nun wollen wir, obgenanter herzog Wilhelm,
aus christlicher, gnediger, vätterlicher lieb und
treu nochmals alle und jede klosterpersonen er-
manet und gnediglich begert haben, das sie sich
der hievor aufgerichten ordenung und under-
richts Gott zu ehren und ihnen selbst zu guetem
gehorsamlich wollen gehalten, in die predige
gehen und Gottes wort fleissig hören und Gott
umb seinen heiligen Geist bitten, daß er das-
selbig kreftig in ihnen machen und sie in rech-
tem christlichen glauben, vertrauen, frucht und
liebe fueren und darinne erhalten wölte.
Daß sie auch die gesenge, lectiones, collect,
hyrnnos und gebette nach den gedruckten und
ihnen hiebevor zugestalten buchern singen, lesen
und beten wollen, domit Gott seine ehre gegeben
und der rechte gottesdienste geleistet werde.
Daß sich auch die gnade Gottes und ver-
gebung der sunden, die ihnen in der absolution
und dem hochwirdigen sacrament des leibes und
1 Druckvorla,ge: Original-Hs im Staatsarchiv
Hannover, Celle Br. A. 49 X, fol. 167—175. Ge-
druckt bei Lyßmann, S. 278—282 (nicht
immer übereinstimmend). Die Hs hat keine
Ueberschrift.
blutts unsers Hern und heilants Jhesu Christi
angebotten wirdet, nicht verachten noch ver-
seumen, sondern sich zum hochsten bevleissigen,
dieselbige oft zu empfahen. Dan dardurch wirdet
der mensch gewiß gemacht, daß ihme seine
sunde umb des verdienstes Jhesu Christi willen
vergeben werden, nicht weiniger, als spreche
Gott selbs die absolution. Wie dann Christus
sagt [Joh 20,23]: Wem ihr die sunde vergebet,
dem sein sie vergeben, item [Mt 18,18]: Was ihr
loset auf erden, das soll auch geloset sein im
himmel.
So hat Christus seinen apostolen und allen
Christen befoLen [1. K 11,23—25], seinen Leib zu
essen und sein blutt zu drinken und darbei
seines todes zu gedenken, das ist, vestiglich
glauben und ihme dafur von herzen danken,
das ehr sein Leib fur uns gegeben und sein
blutt vor uns vergossen hat zu vergebung der
sunden, welches wir also durch niessung seines
leibes und blutts sollen vergewissert und ver-
sichert sein. Wer nun solchem befelich Christi
nicht will gehorsam sein, der ist auch sein jun-
ger nicht, dan ehr selber sagt Joh. 8 [31]: Wan
ihr pleibt in meinen reden, so werdet ihr meine
junger sein.
Und soll sich niemants daranne hindern oder
ergern lassen, das der bapst hat verordenet, das
die leien sollen allein den leib, aber nicht das
blut Christi empfahen 3, dan ehr als ein sundiger
mensch nicht macht hat, das testament Jhesu
Christi zu verandern, welches auch in eines
schlechten menschen testament nicht gestattet
wurde, wie S. Paulus [Gal 3,15] sagt, viel weiniger
in Gottes, unsers erlosers, testament.
Christus hat beides befoLen, den leib zu essen
und das blutt zu drinken, und bei dem kelch
2 VgL. oben Nr. 8, S. 609 ff.
3 Vgl. oben S. 129, Anm. 58 a.
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