Lüneburg
2. Kirchenordnung der Stadt Lüneburg.
1575 1.
D. M. Lutherus in seiner vormaninge von
der eindracht des eusserlichen gottesdienstes
an die in Lifflandt anno 1525 geschrie-
ben: So bitte ich nun euch alle, meine liebe
herrn, lasse ein jeglicher seinen sin fharen und
kompt freundlich zusahmen und werdet fein
eins, wie ihr diese eusserliche stucke wollet hal-
ten, das es bey euch in eueren strich gleich und
einerley sey und nicht so zuruttet, anderst hie,
anderst da gehalten werde, und damit das ein-
feltige volk vorwirret und unlustig machet. Dan
obwoll die eusserlichen weisen frey seind und,
dem glauben nach zu rechnen, mit gutem ge-
wissen mugen ahn allen orten, zu aller stunde,
durch alle personen geendert werden, so seid
ihr doch, der liebe nach zu rechnen, nicht frey,
solche freyheit zu volziehen, sondern schuldig,
acht darauf zu haben, wie es dem armen volke
leidlich und besserlich sey, wie S. Paulus spricht
1. Cor. 14 [26]: Lasset alles zur besserung unter
euch geschehen, und 1. Cor. 6 [12]: Es ist mir
alles frey, es bessert aber nicht alles. 2
Weil Godt almechtiger selbst aller unordnung
feind ist, aber eine sonderliche lust und ge-
fallen ahn guter und loblicher ordnung hat,
auch ohne dieselbe in keinen dingen, viel wei-
niger in der kirchen Gottes etwas gutts ge-
schehen oder bestehen kan, dan wo sie nicht
gehalten, sondern eins durchs ander gewor-
fen wird, da muß gewisslich alles, wie kostlich
und gutt es auch sey, untergehen und vorderben,
und derowegen in allen dingen, vorauß aber in
sachen, Gottes ehre und unserer sehelen heil und
1 Druckvorlage: Original. Cod. Ms. jurid. 170 a
der Nieders. St.- u. Univ.-Bibl. Göttingen (Leih-
gabe v. Studienrat Ernst Nieschmidt aus Hol-
denstedt, Kreis Uelzen). Hs in Quart, S. 1 bis
256. Zahlreiche Unterschriften Lüneburger Pa-
storen, z. T. mit ausführlichen Voten, begin-
nend mit Caspar Gödemann 1576, die Gregorii,
endend mit Diaconus Friedrich Theophil Cro-
me, 2. Sept. 1807. — Ueberschrift u. Jahres-
zahl fehlen in der Druckvorlage.
seligkeit belangend, eintrechtige christliche ord-
nung zum högsten vonnoten und mit allem vleiß
gehalten werden muß, wie der liebe getreue Gott
nicht allein seinem von der ganzen welt ausser-
lesenem volke, den Israeliten, im alten testament
selbst eine herliche und schöne kirchenordnung
gemac]it, sondern auch durch sein erweltes rust-
zeug, den heiligen apostel Paulum [1. K 14,40],
ernstlich befholen, das in der kirchen des
neuen testaments bey uns auch alles fein er-
barlich und ordentlich zugehen soll, und wir
auch sampt allen andern christgleubigen ihme
hirinne zu gehorsamen schuldig und geburliche
folge zu thuen pflichtig seind.
Auf das dan nun etzlichermassen dargethan
werden und klerlich erscheinen muge, wie das
erwirdige ministerium dieser löblichen stadt
Luneburg solchem gnedigen willen Gottes und
dem heilsamen der Israeliten und Juden exem-
pel nach von der zeit ahn, da die reine und ge-
sunde lehre des heiligen und allein seligmachen-
den worts aus gnediger vorleihung desselben
durch den erwirdigen und hochgelarten herm
Doctorem Martinum Lutherum christlicher und
seliger gedechtnus widerumb an den tag ge-
bracht und alhie angenommen worden, nichts
tumultuarie gehandelt, sondern alles nach dem
vormugen, das der Herr, ohn welches hulfe man
nichtes kan oder vormagk, darzu vorleihen,
durch etzlicher hochgelarten und furtreffent-
licher leute, als des erwirdigen hern Doctoris
Urbani Regii 3, M. Pauli ä Rhoda 4 und anderer
mehr rath und zuthun, ordentlich, erbarlich und
2 WA 18, S. 419.
3 Vgl. oben S. 633, Anm. 1.
4 Mag. Paulus ä Rhoda, geb. 4.1.1489 zu Qued-
linburg, um 1520 Student in Wittenberg, Freund
Luthers, zunächst Pastor in Jüterbog, 1523
Pastor in Stettin, danach Superintendent in
Goslar, 1535/37 wieder in Stettin, 1535 dort
Generalsuperintendent, wurde 1537 Nachfol-
ger des Urbanus Rhegius in der Lüneburger
Superintendentur, die in der dazwischenlie-
650
2. Kirchenordnung der Stadt Lüneburg.
1575 1.
D. M. Lutherus in seiner vormaninge von
der eindracht des eusserlichen gottesdienstes
an die in Lifflandt anno 1525 geschrie-
ben: So bitte ich nun euch alle, meine liebe
herrn, lasse ein jeglicher seinen sin fharen und
kompt freundlich zusahmen und werdet fein
eins, wie ihr diese eusserliche stucke wollet hal-
ten, das es bey euch in eueren strich gleich und
einerley sey und nicht so zuruttet, anderst hie,
anderst da gehalten werde, und damit das ein-
feltige volk vorwirret und unlustig machet. Dan
obwoll die eusserlichen weisen frey seind und,
dem glauben nach zu rechnen, mit gutem ge-
wissen mugen ahn allen orten, zu aller stunde,
durch alle personen geendert werden, so seid
ihr doch, der liebe nach zu rechnen, nicht frey,
solche freyheit zu volziehen, sondern schuldig,
acht darauf zu haben, wie es dem armen volke
leidlich und besserlich sey, wie S. Paulus spricht
1. Cor. 14 [26]: Lasset alles zur besserung unter
euch geschehen, und 1. Cor. 6 [12]: Es ist mir
alles frey, es bessert aber nicht alles. 2
Weil Godt almechtiger selbst aller unordnung
feind ist, aber eine sonderliche lust und ge-
fallen ahn guter und loblicher ordnung hat,
auch ohne dieselbe in keinen dingen, viel wei-
niger in der kirchen Gottes etwas gutts ge-
schehen oder bestehen kan, dan wo sie nicht
gehalten, sondern eins durchs ander gewor-
fen wird, da muß gewisslich alles, wie kostlich
und gutt es auch sey, untergehen und vorderben,
und derowegen in allen dingen, vorauß aber in
sachen, Gottes ehre und unserer sehelen heil und
1 Druckvorlage: Original. Cod. Ms. jurid. 170 a
der Nieders. St.- u. Univ.-Bibl. Göttingen (Leih-
gabe v. Studienrat Ernst Nieschmidt aus Hol-
denstedt, Kreis Uelzen). Hs in Quart, S. 1 bis
256. Zahlreiche Unterschriften Lüneburger Pa-
storen, z. T. mit ausführlichen Voten, begin-
nend mit Caspar Gödemann 1576, die Gregorii,
endend mit Diaconus Friedrich Theophil Cro-
me, 2. Sept. 1807. — Ueberschrift u. Jahres-
zahl fehlen in der Druckvorlage.
seligkeit belangend, eintrechtige christliche ord-
nung zum högsten vonnoten und mit allem vleiß
gehalten werden muß, wie der liebe getreue Gott
nicht allein seinem von der ganzen welt ausser-
lesenem volke, den Israeliten, im alten testament
selbst eine herliche und schöne kirchenordnung
gemac]it, sondern auch durch sein erweltes rust-
zeug, den heiligen apostel Paulum [1. K 14,40],
ernstlich befholen, das in der kirchen des
neuen testaments bey uns auch alles fein er-
barlich und ordentlich zugehen soll, und wir
auch sampt allen andern christgleubigen ihme
hirinne zu gehorsamen schuldig und geburliche
folge zu thuen pflichtig seind.
Auf das dan nun etzlichermassen dargethan
werden und klerlich erscheinen muge, wie das
erwirdige ministerium dieser löblichen stadt
Luneburg solchem gnedigen willen Gottes und
dem heilsamen der Israeliten und Juden exem-
pel nach von der zeit ahn, da die reine und ge-
sunde lehre des heiligen und allein seligmachen-
den worts aus gnediger vorleihung desselben
durch den erwirdigen und hochgelarten herm
Doctorem Martinum Lutherum christlicher und
seliger gedechtnus widerumb an den tag ge-
bracht und alhie angenommen worden, nichts
tumultuarie gehandelt, sondern alles nach dem
vormugen, das der Herr, ohn welches hulfe man
nichtes kan oder vormagk, darzu vorleihen,
durch etzlicher hochgelarten und furtreffent-
licher leute, als des erwirdigen hern Doctoris
Urbani Regii 3, M. Pauli ä Rhoda 4 und anderer
mehr rath und zuthun, ordentlich, erbarlich und
2 WA 18, S. 419.
3 Vgl. oben S. 633, Anm. 1.
4 Mag. Paulus ä Rhoda, geb. 4.1.1489 zu Qued-
linburg, um 1520 Student in Wittenberg, Freund
Luthers, zunächst Pastor in Jüterbog, 1523
Pastor in Stettin, danach Superintendent in
Goslar, 1535/37 wieder in Stettin, 1535 dort
Generalsuperintendent, wurde 1537 Nachfol-
ger des Urbanus Rhegius in der Lüneburger
Superintendentur, die in der dazwischenlie-
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