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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0600
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Lüneburg

6. Visitationsartikel für das Fürstentum Lüneburg.

1583.

Was man in der visitation anno [15]83 fur einen proceß gebraudit habe. 1

Erstlich hat man in sonderheit einen jeden
specialsuperintendenten in sonderheit bei denen
pflichten, damit er dem lieben Gott, seinem
heiligen predigampt und unserm gnedigen fur-
sten und herren verwant und zugethan, das
er die pur lautere warheit, unangesehen gunst
oder ungunst, freundschaft und feindschaft, ver-
melden wolle, wie sich ein jeder pastor, der sei-
ner superintendenzs eingeleibet, in lehr und
leben verhalte, ob er auch geschiklikeit und
alters halben seine predigten treulich zu jeder
zeit verrichte, den lieben catechismum vleisig
treibe und von jungen und alten leuten re-
poscire, die hochwirdigen sacrament mit ge-
burlicher reverenzs und ehrerbitung reiche, die
kranken vteisig besuche, sich der furstlichen
luneburgischen kirchenordnung 2 in allen gemes
verhalte, was er fur ein leben, handel und wan-
del mit seinem weib und kindern fure, ob er
auch dem saufen, spilen und anderer leicht-
fertikeit nachgehe, sich mit seinen nachtbarn
nicht wol begehen und vertragen konne, und
was dergleichen mhe sei. Das sol er anzeigen,
wie ers fur dem allmechtigen, der solchen actu
gewis beiwone, an seinem letzten ende und am
jungsten gerichte verantworten wolle mit an-
gehefier commination und bedrauung, do er
etwas aus gunst verschweigen oder aus ungunst
anzeigen wurde, das ihme solches nicht allein
fur hochgedachtem unserm gnedigen fursten
und herren, sondern auch fur Gott zu verant-
worten schwer furfallen würde.

Ingleichen hat man, nachdem der specialsuper-
intendens abgetreten, die beampten jedes orts
befraget und ernstlich ihrer pflicht, damit sie
ufnserm] g[nedigen] f[ürsten] und h[errn] zu-
gethan, ermanet, das sie sich jo mit stillschwei-

1 Druckvorlage: Hs aus dem Superintendentur-

archiv Celle, Schrank XIV, Fach 9, Nr. 3,

Original.

gen der verseumnis und ergernis nicht bei-
pfliohtig machen wolten.

So alsdenn der superintendens oder der ampt-
man mengel und fele, die da vorlaufen, vermel-
dete, hat man die beschuldigten pastorn in son-
derheit remotis arbitris derwegen zu rede ge-
setzt, und do sie es gestanden, freundlich davon
abzustehen vermanet. Im fall sie es aber nicht
thun wurden, heftig bedrauet, das sie nicht
allein gestalten sachen nach ihrer pfarrhen
privirt und beraubet, besondern auch andern zur
abscheu mit ernst von u. g. f. und h. gestraft
werden solten.

Volgends hat man den superintendenten mit
allen pastoren, juraten 3 und custodibus zusam-
men erfordert und hat D. Wilhelm im namen
unsers g. f. und h. den eingang zur visitation
gemacht.

Darauf ich kurzlich den hochnotwendigen
nutzs der christlichen ordentlichen visitation
(welche wie aus dem ersten buch Samuelis
[12,3 ff.], item aus der Apostelgeschichte [15,36 ff.;
16,4 f.; 20,17 ff.] und der ersten christlichen kir-
chen, auch aus aller wolbestelten kirchen exem-
pel zu erweisen ublich) erkleret, das kein heil-
samer bequemer weg sei, Gottes wort rein zu
erhalten, uff die posteritet zu erben, den vleis
der pastorn und ihrer scheflein zu scherfen,
auch die falsche lehre, allerlei corruptelen, ver-
felschungen, rotten nnd sekten auszusetzen, ein
christliches leben und gute disciplin zu erhalten,
denn durch wolbestelte visitationes. Weil denn
unser gnediger landesfurst und herr aus land-
veterlichem treuen herzen durch wirkung und
handreichung des heiligen Geistes nicht allein
S[einer] F[ürstlichen] G[naden] getreuer ge-
horsamer untertanen leib, leben, ehr und gut

2 Vgl. oben S. 533 ff.

3 = Kirchengeschworenen.

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