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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0640
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Lüneburg

gesagt: Drinket alle darauß, und S. Marcus
[Mk 14,23] sagt: Und sie haben alle daraus
gedrunken. Weil dan dieser artikel vom sacra-
ment und andere von anruffung der heiligen
und das Christus allein unser vorsprach und
mitler ist zwischen Gott und dem menschen,
in obberurter ordenung weitleuftiger ausgefurt
sein, so wollen wir die klosterpersonen an die-
selbigen hiemit gewiesen haben und befelen der
domina und predicanten hiemit ernstlich, daß
solche und diese ordenung dreimal im jahr,
nemblich den Montag nach Palmarum, den Mon-
tag nach Pfingsten und den Montag nach Mi-
chaelis offentlich und laut auf dem chor gelesen
werde, darzu auch alle klosterpersonen, junk-
frauen, conversen, megde unde kinder kommen
und sie anhoren sollen.

Welche aber uber so vielfaltige christliche
ermanung ihre sunde nicht bekennen, beichten
und das sacrament empfahen wirdet und dar-
uber hinstirbet, die sol mit keinem gesange
noch procession begraben werden, sonderlich
aber sollen alle, die das evangelium bekennen
und unser wahren christlichen religion zugethan
sein, mit denselbigen nicht zu grab gehen, son-
dern solche gottlose durch ihre gottlose gesel-
schaft ohne gesenge zur erden pringen lassen,
dan geschrieben ist [Luk 9,60]: Sinite mortuos
(hoc est impios) sepelire suos mortuos (id est
suos impios): ein gottloser den andern.

Also dan in klostern viel gesenge und lec-
tiones in den sieben zeiten, wie die mette,
prim, terz, sext, nona, vesper und complett ge-

4 Nach der Regel des hl. Benedikt sollten die
Mönche noch etwas über Mitternacht hinaus
schlafen und sich dann zur Mette erheben.
An Feiertagen sollten sie wegen der zahl-
reicheren Lesungen etwas früher aufstehen
als an den gewöhnlichen Wochentagen (Kap.
8 u. 11). Zur Regel vgl. oben S. 328, Anm. 63.

5 Nach Benedikts Regel war die Mette in zwei
Nokturnen mit je 6 Psalmen eingeteilt. Vor
allem wollte Benedikt den Grundsatz fest-
gehalten wissen, daß in den Horen jeweils
allwöchentlich der ganze Psalter durchgebetet
wurde. Im Winter sollten an gewöhnlichen
Tagen in der ersten Nokturn auf die 6 Psal-

nant werden, gesungen und gelesen werden und
solches zu underschietlichen stunden und be-
schwerlichen zeiten geschicht und dan auch
durch weinig der klosterpersonen verstanden
wirdet, waß sie singen und lesen, und dasselbige
also mehr aus gehorsam dan aus andacht, mehr
mit verdruß dan mit willen geschicht und der-
halben Gott dem almechtigen mehr zuwider dan
zu willen ist, zudem die chorjungfrauen teglich
elter und unvermoglicher werden, so wollen wir,
das hinfuro die mette nicht in mittenernacht 4,
sonder in sommerzeiten des morgens zu vier
und in winterszeiten zu funf uhren soll ge-
sungen werden.

Und domit solches soviel mehr ohne verdruß
geschehen muge, so sollen in der metten nicht
mehr dan drei lateinische und ein teutscher
psalmen und zwo lectiones 5, dero eine soll ein
halb oder dritte teil von einem capittel im
neuen testament teutsch sein, und die collect
und was sonst mehr gewonlich und christlich ist,
darbei zu singen, gesungen und gelesen werden.

Wan aber sonst festtage sein, sollen sie vier
lateinische und zwen teutsche psalmen und drey
lectiones, dero eine ein ganz oder halb capittel
nach gelegenheit aus dem neuen testament sein
soll, singen und lesen.

Und soll mit den teutschen lectionibus ange-
fangen werden am evangelio Matthei und also
nacheinander bis zum ende des neuen testa-
ments und dan wider angefangen werden.

Und alsbalt nach der metten sollen sie 5a die
prim und terz singen und in jeder derselbigen

men 3 Lesungen aus dem AT oder NT fol-
gen, in der 2. Noktum nach den Psalmen
eine Rezitation aus den Apostelbriefen. Im
Sommer sollte an die Stelle der 3 Lesungen
eine Rezitation aus dem AT treten. An Fest-
tagen waren die Lesungen stark vermehrt
(Kap. 9—11, 18).

5a Für die Tageszeiten, mit Ausnahme der Vesper,
hatte Benedikt je 3 Psalmen vorgesehen. Zur
Vesper sollten 4 Psalmen gesungen werden
(Kap. 17). — Die Laudes, die sich sonst un-
mittelbar an die Matutin anschlossen, sind
in unserer Klosterordnung ausgefallen.

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