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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0161
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Kirchenordnung 1569

ten werden. Und derhalben haben und behalten
die reformierte kirchen etliche freye mittelcere-
monien, nicht der meinung, wie der babst seine
satzungen der kirchen aufgedrungen hat, wie
vorgemeldet, sondern nur allein zu diesem ende,
das in solchen versamlungen alles ehrlich, ör-
dentlich und zur besserung möge zugehen, nem-
lich das eine gewisse ordnung sey, an wel-
chem orte, zu welcher zeit, durch welche per-
sonen, auf wasserley form und weise die hand-
lung des worts, der sacrament und des gebets
gehalten werden, was vorgehen, was nachfolgen
soll, und sein solche ceremonien, die do eusser-
lich anzeigung geben, das alsdo in der gemeine
grosse, hohe, ernste handlungen vorhanden sein,
das also die ceremonien anleitung, anreizung,
vermanung und bewegung sein, das die leut
ihre gedanken zusamenfassen, ihre herze erhe-
ben in aller demut, mit herzlicher andacht zum
wort, zum sacrament und zum gebet, in der
gemeine sich schicken; denn das meinet Paulus,
wenn er spricht [1. K 14,40; 26]: Es soll in sol-
chen versamlungen alles fein ehrlich, ördent-
lich und zur besserung zugehen.

Sollen derhalben die leut oft vermanet werden,
das sie solche versamlungen der gemeine Got-
tes lieb haben, weil do der liebe Gott durchs
wort und sacramenta will gegenwertig wirken
und den gleubigen seine gnade geben. Auch
sollen sie gerne bey solchen ceremonien vor und

nach der predigt sich finden lassen und die-
selbige zu dem ende brauchen, wie jetzund ge-
meldet ist.

Und wiewoll die Christen nicht so eben allent-
halben an einerley gewisse ceremonien gebun-
den, sondern die christliche freyheit in diesem
stück ihre stadt hat, wie die alten sagen: Dis-
sonantia rituum non tollit consonantiam fidei 93,
weil es aber dennoch allerley nutzbarkeit mit-
bringet, das in ceremonien, soviel müglich, eine
gleicheit gehalten und solchs auch zu erhal-
tung der einigkeit in der lehre dienstlich ist,
auch gemeine, einfeltige, schwache gewissen
desto weniger geergert, sondern mehr gebes-
sert werden, so ist für gutt angesehen, das, so-
viel müglich, eine gleicheit ia ceremonien mit
den benachbaurten reformierten kirchen getrof-
fen und gehalten möge werden. Und sollen
derowegen hinfuro alle pastores in den kir-
chen unsers fürstenthumbs nach dieser nachbe-
schriebenen ordnung in ceremonien eindrech-
tiglich sich halten und richten und soll dieselbige
ohn sonderliche, erhebliche ursachen nicht un-
derlassen werden.

Und kan gleichwoll das gemeine volk von sol-
chen ceremonien underrichtet werden, wie sie
stehen in christlicher freyheit, zu was ende sie
gehalten und gebrauchet werden und das nicht
widerumb der alte papistische wahn an die
ceremonien gehenget werde.

Ordnung der ceremonien in pfarkirchen der stedte und da schulen sein.

Sonnabends und andere heilige abend und
feyertage nach mittag.

Soll man in stedten zu gewönlicher zeit vesper
singen, nemlich die schüler 94 einen psalm, zween
oder drey und die antiphen von der dominica
oder fest.

93 Vgl. FC,Ep X,7. Bek. Schr. S. 815, 39 f.; SD
X,31. Bek. Schr. S. 1063, 20 f. — Zu diesem Satz
vgl. Irenäus, Fragm. III; MSG 7,1229 (b.Euseb.,
Hist. eccl. V.24,13; MSG 20.504, Schwartz, S.

Darnach soll ein knab ein lection aus dem
neuen testament oder aber die zehen gebott,
glauben und Vater unser, zu zeiten lateinisch,
zu zeiten deutsch lesen.

Nach der lection soll ein responsorium oder
hymnus de tempore, die rein sein, und darauf

213; b. Nicephorus Kall., Hist. eccl. IV,39;
MSG 145,1065), Socrates, Hist. eccl. V,22; MSG
67,632.

94 Vgl. Luther, Dtsch. Messe. Sehling I. S. 14.

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