Kirchenordnung 1569
Nemlich, wann junge knaben zur schul kom-
men, sol ihnen die lateinische tafel, darbey
der catechismus, wie dieselb sonderlich gedruckt
und darinnen das alphabet zum fürdersten für-
gegeben 28a, doch anfenglichs mit underrichtung
in dem alphabet nicht uberladen, darzu jedes-
mals, wann in dem alphabet furtgefahren, die
vordersten buchstaben wiederholet, und das der
knab dieselben sampt den neu fürgegebenen
jedesmals wieder aufsage, angehalten.
Damit auch die jugend zu erkantnuß der
literarum gebracht, der ordo im alphabet ihnen
zum weilen verleret und sie jetzt vornen, jetzt
mitten darin befraget werden.
Und so der praeceptor vermerket, das der
knab im alphabet underricht, volgends zu dem
Pater noster und also fürauß ftirschreiten und
das kind zu der zusammenschlahung der syl-
laben gewehnen, und doch im anfang fürnemlich
dahin sehen, damit der jung die buchstaben
lernje kennen, auch hierunder vleissigs auf-
merkens habe, damit die knaben nicht ihrer
muttersprach, sondern der lateinischen sprach
art nach die vocales und consonantes under-
schiedlich und deutlich außsprechen.
Diejennigen aber, welche von natur nicht alle
literas pronunciieren können, soviel müglich mit
senften, glimpflichen worten underweisen und
understehen, ihnen den defect abzuziehen.
Und mögen diese in ein ordinem, doch die
fertigsten allwegen zusammen, als ein sondere
decuriam gesetzt werden.
Wo nun die knaben die tafelbuchstaben ge-
lernet, sol ihnen der Donat 29 zu syllabieren ftir-
gegeben und zu einer lection auch die fibel
syllabatim zu lesen, samptlich aufgelegt wer-
den, welche dann für den secundum ordinem
zu rechnen.
28a Vgl. hierzu WA 30 I, S. 545—547.
29 Ars minor des Aelius Donatus, lat. Elementar-
grammatik des Mittelalters, Ausg. b. Keil,
Gram. Lat. IV,354 ff.
30 Ein Auszug aus Melanchthons Grammatica
latina, der ursprünglich für die württemberg.
Scliule veranstaltet wurde = Compendium
Volgends sollen die knaben, so mit dem lesen
in der tafel oder fibel und mit den buchstaben
in dem Donat fertig, die Quaestiones gram-
maticae Philippi 30, welche zu der quarta classe
geordnet, buchstaben lernen und darneben den
Donat in jeder stund mitlesen, auch neben
diesen ihren lectionibus teglichs ein stück auß
dem deudschen catechismo außwendig zu lernen
und zu recitiren, angehalten werden.
Nachdem und sie aber mit dem lesen in dem
Donat fertig, sollen sie desselben erlassen und
mit dem buchstaben und lesen in vorgedachten
Quaestionibus grammaticae geübt, auch für das
heuflein tertii ordinis infimae classis gehalten
werden.
Und nach volendung gemelter Quaestionum
grammaticae ihnen der Caton 31 zu lesen auf-
erlegt.
Auch in dieser infima classe in allen ordini-
bus nach gelegenheit derselben von den praecep-
toribus alle wochen einmal fürgeschrieben und
darin die ordnung gehalten werden, das die
knaben zu dem fürschreiben ein eigen büchlein
und dann ihren nachschriften auch ein eigen
büchlein haben.
Und die knaben ihre schriften, soviel ihnen
auferlegt, alle tag den paedagogen zweymal
zeigen, der ihnen die feel und mangel darin
weisen und underricht geben sol.
Damit auch die knaben dester mehr und ehe
der lateinischen wörter gewonen und die lernen,
sollen ihnen teglichs, vordem man sie abends
außleßt, zwey lateinischer wörter ex Nomen-
clatura rerum 32 fürgeschrieben werden, die sie
in besondere darzu gemachte büchlein einzeich-
nen und morgends zu allen lectionibus wieder
außwendig recitieren und aufsagen lassen.
Wirtembergense (CR 20,234,7), vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 604.
31 Dicta Catonis, Sammlung lat. Spruchweis-
heit, Ausg. b. Baehrens, poetae lat. min.
3,205 ff.
32 Offenbar ein Wörterbuch, vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 604.
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Nemlich, wann junge knaben zur schul kom-
men, sol ihnen die lateinische tafel, darbey
der catechismus, wie dieselb sonderlich gedruckt
und darinnen das alphabet zum fürdersten für-
gegeben 28a, doch anfenglichs mit underrichtung
in dem alphabet nicht uberladen, darzu jedes-
mals, wann in dem alphabet furtgefahren, die
vordersten buchstaben wiederholet, und das der
knab dieselben sampt den neu fürgegebenen
jedesmals wieder aufsage, angehalten.
Damit auch die jugend zu erkantnuß der
literarum gebracht, der ordo im alphabet ihnen
zum weilen verleret und sie jetzt vornen, jetzt
mitten darin befraget werden.
Und so der praeceptor vermerket, das der
knab im alphabet underricht, volgends zu dem
Pater noster und also fürauß ftirschreiten und
das kind zu der zusammenschlahung der syl-
laben gewehnen, und doch im anfang fürnemlich
dahin sehen, damit der jung die buchstaben
lernje kennen, auch hierunder vleissigs auf-
merkens habe, damit die knaben nicht ihrer
muttersprach, sondern der lateinischen sprach
art nach die vocales und consonantes under-
schiedlich und deutlich außsprechen.
Diejennigen aber, welche von natur nicht alle
literas pronunciieren können, soviel müglich mit
senften, glimpflichen worten underweisen und
understehen, ihnen den defect abzuziehen.
Und mögen diese in ein ordinem, doch die
fertigsten allwegen zusammen, als ein sondere
decuriam gesetzt werden.
Wo nun die knaben die tafelbuchstaben ge-
lernet, sol ihnen der Donat 29 zu syllabieren ftir-
gegeben und zu einer lection auch die fibel
syllabatim zu lesen, samptlich aufgelegt wer-
den, welche dann für den secundum ordinem
zu rechnen.
28a Vgl. hierzu WA 30 I, S. 545—547.
29 Ars minor des Aelius Donatus, lat. Elementar-
grammatik des Mittelalters, Ausg. b. Keil,
Gram. Lat. IV,354 ff.
30 Ein Auszug aus Melanchthons Grammatica
latina, der ursprünglich für die württemberg.
Scliule veranstaltet wurde = Compendium
Volgends sollen die knaben, so mit dem lesen
in der tafel oder fibel und mit den buchstaben
in dem Donat fertig, die Quaestiones gram-
maticae Philippi 30, welche zu der quarta classe
geordnet, buchstaben lernen und darneben den
Donat in jeder stund mitlesen, auch neben
diesen ihren lectionibus teglichs ein stück auß
dem deudschen catechismo außwendig zu lernen
und zu recitiren, angehalten werden.
Nachdem und sie aber mit dem lesen in dem
Donat fertig, sollen sie desselben erlassen und
mit dem buchstaben und lesen in vorgedachten
Quaestionibus grammaticae geübt, auch für das
heuflein tertii ordinis infimae classis gehalten
werden.
Und nach volendung gemelter Quaestionum
grammaticae ihnen der Caton 31 zu lesen auf-
erlegt.
Auch in dieser infima classe in allen ordini-
bus nach gelegenheit derselben von den praecep-
toribus alle wochen einmal fürgeschrieben und
darin die ordnung gehalten werden, das die
knaben zu dem fürschreiben ein eigen büchlein
und dann ihren nachschriften auch ein eigen
büchlein haben.
Und die knaben ihre schriften, soviel ihnen
auferlegt, alle tag den paedagogen zweymal
zeigen, der ihnen die feel und mangel darin
weisen und underricht geben sol.
Damit auch die knaben dester mehr und ehe
der lateinischen wörter gewonen und die lernen,
sollen ihnen teglichs, vordem man sie abends
außleßt, zwey lateinischer wörter ex Nomen-
clatura rerum 32 fürgeschrieben werden, die sie
in besondere darzu gemachte büchlein einzeich-
nen und morgends zu allen lectionibus wieder
außwendig recitieren und aufsagen lassen.
Wirtembergense (CR 20,234,7), vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 604.
31 Dicta Catonis, Sammlung lat. Spruchweis-
heit, Ausg. b. Baehrens, poetae lat. min.
3,205 ff.
32 Offenbar ein Wörterbuch, vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 604.
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