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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0345
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Klosterordnung 1569

mit weihwasser 48 'besprenget und mit beson-
dern gebeten geweihet worden und demnach viel
besser oder Gott gefelliger denn andere kleider,
die sie weltliche kleider nennen, sein solten.
Sonst, da nicht etwas besonders darunter ver-
borgen, solte man billich aller Christen kleider
geistliche kleider nennen, weil sie in denselben
dem Herrn Christo durch die kraft des heiligen
Geistes alle die tage ihres lebens zu dienen ver-
pflicht und verbunden sind.

Desgleichen ist ihnen allen als geistlichen
jungfrauen und braut unsers Herrn Jhesu Christi
eine kron 49 aufgesetzt worden, darin sie dem
Herrn Christo vermehlet, von allen ihren sünden
gereiniget und gewasschen mit seinem blut, vor
ihme auf das herrlichste gezieret sind.

Davon redet der 45. psalm, do also geschrieben
stehet [Psal. 45, 10. 14 f.]: Die braut stehet zu
deiner rechten in eitel köstlichem golde, in
deinem schmuck gehen der könige töchter. Des
königes tochter ist ganz herrlich inwendig, sie
ist mit giilden stücken gekleidet. Man füret sie
in gestickten kleidern zum könige, und ihre
gespielen, die jungfrauen, die ihr nachgehen,
füret man zu dir. Davon redet S. Petrus, da
er schreibet von allen Christen, weib und man,
jung und alt [1. Pet. 2, 9]: Ihr seid das ausserwelt
geschlecht, das königliche priesterthumb, das
heilige volk, das volk des eigenthumbs, mit wel-
chen worten beides, im psalmen und der epistel
Petri, der königliche geschmuck aller Christen
beschrieben ist, welcher alles gold, silber, edel-
gestein, berlin 50 und gestickte ldeider ubertrifft,
der aber nicht auswendig glenzet wie silber,
gold und seiden, sondern wie der psalm saget:
Des königs tochter ist herrlich inwendig. Denn
durch die heilige taufe ist die kirche 51 nicht
auswendig am leibe, sondern inwendig im geist
von den sünden durch das blut Jhesu Christi

48 a. R.: Kappen sind geweihete kleider.

49 a. R.: Allen Christen ist eine geistliche kron
aufgesetzt.

50 Rerlin = Rerlein = kleine Perle. Vgl. Grimm,
Dtsches Wörterbuch I, 1525.

51 a. R.: Geschmuck und herrligkeit der christ-
lichen kirchen.

gereiniget, das Gott die angeborne unreinigkeit
nicht sehen, sondern mit dem kleide seines Sons
als mit einem köstlichen gülden stück bedecken
wil, das sie in solchem kleid ohn alle mackel,
fehl oder runzel sein sol [Eph. 5, 27], und wil
ihr auch am jüngsten tag aufsetzen die kron
der gerechtigkeit, darin sie ewig leben und
solcher geschmuck von ihr in ewigkeit nimer-
mehr sol genomen werden. Davon S. Paulus
also schreibet [2. Tim. 4, 7 f.]: Ich habe einen
guten kampf gekempfet, ich habe den lauf
vollendet, ich habe glauben gehalten, hinfurt
ist mir beygelegt die kron der gerechtigkeit,
welche mir der Herr an jenem tage, der rechte
richter, geben wird, nicht aber mir allein, son-
dern auch allen, die seine erscheinung lieb haben.

Weil denn alle christliche jungfrauen und ehe-
weiber sind könige und königstöchter (denn die
christliche kirche ist zumal eine mutter vieler
kinder und eine reine jungfrau), warumb sol
denn eine jungfrau 52 eine kron auf dem heupt
tragen und die ander nicht? Oder sind die an-
dern jungfrauen und weiber des leidigen sathans
braut? Sprichstu: das wolle Gott nicht. Worumb
sol denn eine klosterjungfrau eine eusserliche
kron tragen und sie nicht?

Derhalben wenn eine jungfrau solche kloster-
kleider sampt ihrer kron hinlegt 53, kan man
zu ihr mit warheit nicht sagen, das sie die
geistlichen kleider hingelegt habe, noch viel
weniger: Cecidit corona capitis tui, du hast die
kron deines breutigams verlorn, sondern sie
kans umbkeren und sagen: Eben darumb, das
ich mein geistlich kleid 54 rein und unbefleckt,
desgleichen die kron auf meinem heupt behalte,
die mir in der heiligen taufe angezogen und
aufgesetzt worden sind, habe ich die kappen
und eusserliche kron hingelegt, sollen mir auch
an meinen leib und auf mein heupt die tage

52 a.R.: Der klosterjungfrauen kron auf dem
heupt.

53 a. R.: Worumb die klosterjungfrauen schuldig
smd, ihres ordens kleider abzulegen.

54 a. R.: Verantwortung der klosterjungfrauen,
die kleider betreffend.

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