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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0631
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Klosterordnung 1555

ments in meinem blutt, der fur euch und vil
vergossen wirt zu vergebung der sunden.

Also ist es auch viel hundert jahr in der
kirchen und christlichen gemein gehalten und
gebraucht worden. So hat es auch Paulus den
Corintheren also gegeben und sagte, er habe es
also vom Hern empfangen [l.Kll,23], und wann
ein engel vom himel keme und lerete anders,
dann er geleret hat, der solle verbannet sein,
Gal. 1 [8],

So hat Gott bevolen Deut. 4 [2], das der mensch
sol nichtes darzu thun noch davon nehmen. Also
sagt er auch Deut. 12 [32]: Alles, was ich euch
gebiete, das sollet ihr halten und nichts darzu
thun, und Christus befehlet seinen aposteln und
sagt [Mt 28,20]: Gehet hin und lehret alle vol-
ker halten, was ich euch bevohlen habe. Auch
sagt er Johl. 8 [31]: Wann ihr bleibet bei meinen
reden, so werdet ihr meine junger sein, so mus-
sen wir bei seiner einsetzung, wort und bevelich
bleiben. Dann er ist der geliebte Sohn, an dem
Gott Vater ein wolgefallen hat, den sollen wir
horen, Matth. 17 [5].

Darumb soll sich niemants daranne hindern
oder ergern lassen, das der babst vor weinig
jaren geordnet, das die leyen allein die eine
gestalt des sacraments, nemlich den leib Christi
nemen sollen 6. Dann solches hat er zu ver-
ordnen und Gottes einsetzung und bevelich zu
verandern nicht macht. Er ist ein sundiger
rnensch. Christus aber ist die ewige weisheit
des Vaters und Gott selbst, der hat es also
geordenet, das wir seinen leib essen und alle
sein blutt drinken sollen, und bevolen, wir sol-
len solches zu seiner gedechtnuss thun und
darbei seinen todt verkündigen, bis er wider-
komet, das ist bis an den jungsten tag. Des
sollen wir uns gehalten und niemands hören,
der uns anders lehren und heissen wolte, ob er
gleich ein prophet oder engel were, wie solchs
Gott selbst befehlicht, Jerem. 23 [16.31 f.] und
29 [8 f.], do er sagt: Ihr solt nicht horen die
wort der pnopheten, so euch ihrer herzen dan-

6 Vgl. oben S. 129, Anm. 58 a.

ken 1 sagen und nicht nach des Herren mimde
reden, sondern dieselbigen sollen verbannet sein,
ob es gleich engel weren, wie S. Paulus Gal. 1
[8] sagt.

Weil dann Christus befelicht und gebeut, das
wir sein leib essen und sein blutt drinken sol-
len, so sollen wir uns als gehorsame kinder dar-
inne gehalten und oft zum heiligen sacrament
gehen, domit wir also seines todes und ver-
dienstes oft eingedenk sein und sterkung unsers
glaubens erlangen und bezeugen, das wir in
der gemeine Gottes und junger Christi sein.

Viel weniger sollen diejennigen, die sich zu
dem sacrament nicht begeben wollen, die andern
jungfrauen, megde und kinder darvon halten oder
ihnen derhalben weigern und ungunstig sein.

Und weil vermerkt worden, das etzliche megde
und kinder, die zuvor, ehe das sie in das klo-
ster gekommen sein, haben das sacramentunder
beiderley gestalt empfangen, und als sie in das
kloster kommen sein, sich darvon enthalten,
daraus zu vernehmen ist, das sie darvon ge-
raten und gehalten werden, so soll solchs hin-
fürder nachbleyben und die megde und kinder
bei berurtem christlichen gebrauch des heiligen
sacraments bleiben, wie sie zuvor, ehe sie in
das kloster kommen sein, gewesen. Welche aber
derselbigen in einem jahr nicht zu dem sa-
crament gehet, die soll im kloster nicht gelitten,
sonder wider darauß gewiesen werden, sie sey
magde oder kinde, darinne dann der predicant
soll ein fleissig aufsehen haben.

So auch eine jungfraue, kinde oder magde
wolte den predicanten umb underrichtung an-
sprechen oder ihme beichten und absolution
und trost aus gottlicher schrieft suchen, das
soll ihr nicht geweigert werden und frei stehen,
solches auf dem chor oder beichtfenster zu
thun.

Zum dritten sollen die klosterjungfrauen Gott
mit lesen und singen loben und ehren und vor
die zeitliche und ewige wolfart bitten, und der-
wegen soilen sie alle tage etliche zeit in der

1 = Gedanken.

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