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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0241
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Kirchenordnung 1539

Was wil nu hie dem gleubigen von nöten
sein? Das er alle falsche lere und gottesdienste
faren lasse, des teufels list keinen platz gebe
und allein auf das liebe wort sehe, dasselbige
dermassen durch rechtschaffnen glauben zu fas-
sen, das ers ihme weder teufel noch die welt
nemen lasse. Und wenn gleich solche falsche
geister und irrige lerer in einem englischen
schein kemen, wie den Sanct Paul sagt [2. K 11,
14], das sich der teufel in einen engel des liechts
pflegt zu verwandeln, sol ihnen gleichwol kein
glaube gegeben werden; denn die schrift sagt
[Luk 11, 28]: Es sollen die, so Gottes wort hören
und das behalten, selig werden, sagt nicht von
denen, so des teufels lere, durch die falschen
lerer eingefurt, gleuben, sondern von denen, so
Gottes wort hören und dasselbige behalten, das
es ihnen weder durch den teufel noch durch die
tyrannen dieser welt genomen werde, das die-
selbigen selig werden und bey Gott ewiglich
erhalten werden sollen. Also sagt auch der hei-
lige prophet David im hundertundachtzehenden
psalm [Ps 119,105]: Dein wort ist meines fusses
leuchte und ein liecht auf meinem wege.
Man habe vleissig acht auf diese wort des
propheten; denn sie preisen uber die masse sere
die kraft des lieben worts und evangelii, be-
kennen auch öffentlich, das wir, als die mit dem
finsternis des unglaubens beladen, den rechten
weg zur gerechtigkeit und seligkeit nicht sehen,
finden odder wandeln können, wenn nicht solch
wort unser leuchte sey. Wo wird auf solche
weise gepreiset menschliche lere? Es wird von
derselbigen wol also gesagt: Vergeblich dienen
sie mir, dieweil sie leren solche lere, die nichts
denn menschengebot sind, Esa. 29 [13 f.], Matt.
15 [9], Mar. 7 [7]. Das sie aber unser fusse
leuchte und ein liecht auf unserm wege genent
werden solte, findet man nirgent. Sol derhalben
auch alles, wäs ausserhalb dem göttlichen worte
in sachen, die justification belangen, geredt, ge-

2 Georg Thomas, 1539—1541 Pastor in Northeim,
vorher Prädikant in Allendorf, † 1541 an der
Pest; vgl. Ph. Meyer, Die Pastoren der Lan-

leret, gepredigt und geschrieben wird, verwor-
fen, verflucht und verbannet sein, wens gleich
ein engel vom himel geredt hette, Gala. 1 [8].
Dis alles haben alhie ein erbar radt zu Nort-
heim, gilde und gemeine recht und wol bedacht.
Und dieweil Christus mit gemeltem teufel und
Belial keine gemeinschaft haben kan odder wil,
1. Cor. 10 [20 f.], und die wirde des hochwirdigen,
lieben evangelii mit menschlicher lere in sachen,
die justification, das ist unser gerechtigkeit und
seligkeit, belangen, nicht vermengt odder ver-
mischt werden sol, haben sie mit zeitlichem
rathe, einigkeit und fried solch wort Christi,
unsers Herrn und seligmachers, geföddert und
angenomen. Werden sich auch vom selbigen
wort (angesehen, das Christus sagt [Mt 24, 13]:
Wer bis an das ende beharret, der solle selig
werden) mit Gottes hülfe in keinem wege drin-
gen lassen. Were auch besser, sie hetten Chri-
stum nie erkant, wenn sie die angenomen und
erkanten warheit verlassen und sich mensch-
licher lere widerümb unterwerfen wolten. Es
heist in diesem fall, wie Sanct Paul sagt: Empti
estis pretio, nolite fieri servi hominum. Ihr seid
teur erkauft, werdet nicht knechte der men-
schen, 1. Corin. 7 [23].
Uber das, dieweil auch in der kirchen ein
eusserliche ubung und zucht sein und alles or-
dentlicherweise geschehen mus, 1. Cor. 14 [40],
haben abermals ein erbar radt, gilde und ge-
meine dieser löblicher stad Northeim diese ord-
nung in beywesen und mit zuthun des wirdigen
und wolgelarten herrn, er Jörge Thomas 2, ihres
predicanten, und etlicher personen des radts
begreifen und stellen und volgendes vor der
ganzen stat verlesen lassen und also angenomen,
das hinfort ein erbar radt, gilde und gemein in
solche ordnung verwilligt und dieselbigen treu-
lich zu handhaben und zu halten angenomen
haben wöllen. Und wenn sich jemand durch
mutwillen und aus verachtung widder solche
deskirchen Hannovers usw. II. 1942, 208, dazu
G. J. Vennigerholz II, 103 ff.

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