Die Kirchenordnungen
Kirchenordnung der löblichen stadt Northeim, durch den erbaren radt, gilden
und gemein daselbs angenomen und gestellet durch D. Anto. Corvinum.1
[1539]
1. Corin. 14 [40]: Lasset alles bey euch erbarlich und ordenlich zugehen.
Vorrhede Antonii Corvini.
Es sagt Christus im evangelio Matthei am 24.
[14]: Das evangelium vom reich solle in der
ganzen welt geprediget werden zum gezeugnis
uber alle völker und darnach das ende komen.
Das aber solcher spruch von dieser letzten zeit
und dem itzigen laufe des evangelii gewislich
zu verstehen sey, ist so klar, das es freilich nie-
mand leugnen kan. Denn es wird das wort von
denen, so rechtschaffene predicanten und nicht
wolfe sein, dermassen getrieben und gehandelt,
das ihm auch die widdersacher weichen und,
das es die rechte warheit sey, von Christo und
den aposteln der kirchen gelassen, bekennen
müssen. Ja, man halte die predige, so jetzt ge-
schehen aus Gottes wort, und die, so etwa aus
menschlicher lere geschehen sein, gegeneinander,
so wird man balde sehen, wie gros der vorigen
zeit irthumb gewesen und wie reichlich itzt
die welt dagegen mit Gottes wort begabet sey.
Und wenn wir die warheit sagen wöllen, so ist
zwar des worts halben diese zeit aureum se-
culum, ein güldene zeit, wenn wir die vorigen
ferreum seculum, ein eiserne, das ist ein un-
glückselige zeit, müssen bleiben lassen.
Es wil aber hie von nöten sein, das man sich
in solchen lauf des worts recht schicke. Denn
obwol das rechte wort im schwange gehet und
von den predigern vleissig getrieben wird, so
hat dennoch der teufel falsche lere auch dabey,
und dieweil er ein tödlicher feind des worts ist,
kan ers nicht lassen, er mus seine list aufs
vleissigest darwidder brauchen, ob er villeicht
der warheit einen abbruch thun und vieler leut
seligkeit verhindern möcht. Hat er nicht auch
solchs so balde, da Gott den menschen geschaf-
fen, zu beweisen angefangen? Hat er nicht mit
solcher seiner list und bösen tücken das ganze
menschliche geschlecht in solchen jamer und
not gebracht, das wir ewiglich, wenn Christus
den vetern nicht zugesagt und darnach in diese
welt komen were, hetten müssen verdampt und
sein eigen sein? Daher kompts, das die schrift
sagt: Durch einen menschen sey der tod ein-
gefurt, 1. Corinth. 15 [21]. Wer ist derselbige
mensch? Eben ists Adam, der sich durch solche
list des teufels hat betriegen und Gottes gepot
zu verachten und zu ubertreten bewegen lassen.
Darümb sagt auch Christus in dem angezogen
capitel [Mt 24, 11. 23 f.]: Es werden beim worte
falsche propheten sein, so der warheit wider-
streben und die gottesdienste an zeit, örter und
personen binden werden, mit anhengender war-
nunge, das wir ihnen nicht gleuben sollen. Thut
nicht solchs auch Sanct Paul in der ersten an
Thimotheon am vierden [1 ff.], da er sagt: Der
Geist aber sagt deutlich, das in den letzten zei-
ten etliche werden vom glauben abtretten und
anhengen den irrigen geistern und leren der
teufel durch die, so in gleisnerey lügenreder sein
und brandmal in ihren gewissen haben und ver-
bieten, ehelich zu werden und zu meiden die
speise, die Gott geschaffen hat, zu nemen mit
danksagunge den gleubigen und denen, die die
warheit erkant haben? In diesem spruch wird
eigentlich und deutlich gesagt, das der irrigen
geister und des teufels lere, wo das evangelium
gepredigt wird, auch sein werde.
1 Druckvorlage: Druck von Jürgen Rhau, leeren Zwischenbl. folgen 15 Bll. „Ein er-
Wittenberg 1539. Expl. der Nieders. Landesbibl. manung ...“ (einschl. 2 Vakatbll. am Schluß).
Hannover (C 5509), Quart, 24 Bll. (einschl. Zu Corvin vgl. oben S. 855, Anm. 2.
Titelbl. u. folgendem leeren Bl.). Nach einem
922
Kirchenordnung der löblichen stadt Northeim, durch den erbaren radt, gilden
und gemein daselbs angenomen und gestellet durch D. Anto. Corvinum.1
[1539]
1. Corin. 14 [40]: Lasset alles bey euch erbarlich und ordenlich zugehen.
Vorrhede Antonii Corvini.
Es sagt Christus im evangelio Matthei am 24.
[14]: Das evangelium vom reich solle in der
ganzen welt geprediget werden zum gezeugnis
uber alle völker und darnach das ende komen.
Das aber solcher spruch von dieser letzten zeit
und dem itzigen laufe des evangelii gewislich
zu verstehen sey, ist so klar, das es freilich nie-
mand leugnen kan. Denn es wird das wort von
denen, so rechtschaffene predicanten und nicht
wolfe sein, dermassen getrieben und gehandelt,
das ihm auch die widdersacher weichen und,
das es die rechte warheit sey, von Christo und
den aposteln der kirchen gelassen, bekennen
müssen. Ja, man halte die predige, so jetzt ge-
schehen aus Gottes wort, und die, so etwa aus
menschlicher lere geschehen sein, gegeneinander,
so wird man balde sehen, wie gros der vorigen
zeit irthumb gewesen und wie reichlich itzt
die welt dagegen mit Gottes wort begabet sey.
Und wenn wir die warheit sagen wöllen, so ist
zwar des worts halben diese zeit aureum se-
culum, ein güldene zeit, wenn wir die vorigen
ferreum seculum, ein eiserne, das ist ein un-
glückselige zeit, müssen bleiben lassen.
Es wil aber hie von nöten sein, das man sich
in solchen lauf des worts recht schicke. Denn
obwol das rechte wort im schwange gehet und
von den predigern vleissig getrieben wird, so
hat dennoch der teufel falsche lere auch dabey,
und dieweil er ein tödlicher feind des worts ist,
kan ers nicht lassen, er mus seine list aufs
vleissigest darwidder brauchen, ob er villeicht
der warheit einen abbruch thun und vieler leut
seligkeit verhindern möcht. Hat er nicht auch
solchs so balde, da Gott den menschen geschaf-
fen, zu beweisen angefangen? Hat er nicht mit
solcher seiner list und bösen tücken das ganze
menschliche geschlecht in solchen jamer und
not gebracht, das wir ewiglich, wenn Christus
den vetern nicht zugesagt und darnach in diese
welt komen were, hetten müssen verdampt und
sein eigen sein? Daher kompts, das die schrift
sagt: Durch einen menschen sey der tod ein-
gefurt, 1. Corinth. 15 [21]. Wer ist derselbige
mensch? Eben ists Adam, der sich durch solche
list des teufels hat betriegen und Gottes gepot
zu verachten und zu ubertreten bewegen lassen.
Darümb sagt auch Christus in dem angezogen
capitel [Mt 24, 11. 23 f.]: Es werden beim worte
falsche propheten sein, so der warheit wider-
streben und die gottesdienste an zeit, örter und
personen binden werden, mit anhengender war-
nunge, das wir ihnen nicht gleuben sollen. Thut
nicht solchs auch Sanct Paul in der ersten an
Thimotheon am vierden [1 ff.], da er sagt: Der
Geist aber sagt deutlich, das in den letzten zei-
ten etliche werden vom glauben abtretten und
anhengen den irrigen geistern und leren der
teufel durch die, so in gleisnerey lügenreder sein
und brandmal in ihren gewissen haben und ver-
bieten, ehelich zu werden und zu meiden die
speise, die Gott geschaffen hat, zu nemen mit
danksagunge den gleubigen und denen, die die
warheit erkant haben? In diesem spruch wird
eigentlich und deutlich gesagt, das der irrigen
geister und des teufels lere, wo das evangelium
gepredigt wird, auch sein werde.
1 Druckvorlage: Druck von Jürgen Rhau, leeren Zwischenbl. folgen 15 Bll. „Ein er-
Wittenberg 1539. Expl. der Nieders. Landesbibl. manung ...“ (einschl. 2 Vakatbll. am Schluß).
Hannover (C 5509), Quart, 24 Bll. (einschl. Zu Corvin vgl. oben S. 855, Anm. 2.
Titelbl. u. folgendem leeren Bl.). Nach einem
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