Die Kirchenordnungen
Kirchenordnung der statt Hannofer durch D. Urbanum Regium.
Getruckt zu Magdeburg durch Michael Lotter.
1536* 1.
Mit vorgehender gründlicher anzeigung:
1. Welchs die ware christliche kirche sey, und
ob irthumb des glaubens in der kirchen sein
möge.
2. Wie es in der kirchen von der apostel zeit
bis itzt der lere halb eine gestalt gehabt
habe.
3. Wie sich der itzig evangelisch handel von der
kirchen reformation vor 19 jaren hab an-
gefangen.
4. Das die, so man itzt lutherisch nennet und
ihren glauben zu Augspurg im reichstag be-
kent haben, niemals von der waren kirchen
abgewichen seien, sondern allein nach dem
gebot Christi Matth. 16 [6] sich fur unserer
phariseer und saduceer saurteig, soviel müg-
lich, hüten.
Vorrede.
Nachdem wir, rat und gemein der stat Han-
nofer, ein verenderung in unser heiligen religion
nicht aus furwitz, frevel oder muthwillen, son-
dern aus christlichem grund und ursach fur-
genomen haben, sind wir bey etlichen unsern
umbligenden nachbaurn von der heiligen kirchen
abtriinnige ketzer genent und auch bey unserm
g. und natürlichen herrn und landsfürsten durch
die unverstendigen, als weren wir ungehorsame
und aufrürer, verunglimpft worden. Wiewol man
nu umb der warheit willen sol und mus ge-
schmecht werden und solchs in gedult umb
a Hieronymus.
b Was ein ketzer sey.
1 Druckvorlage: Druck von 1536, Magdeburg
bei Michael Lotter. Expl. d. Landesbibl. Han-
nover (XXIII p. 685). Oktav, 122 Bll., vor- und
nachgeheftet je ein leeres Bl. — Die zahl-
reichen Marginalien sind in einen besonderen
Apparat unter dem Text verwiesen worden,
mit Ausnahme der Bibelstellen, die in runden
Christus willen leiden, dazu auch fur die ver-
folger bitten, so ist man doch nicht schuldig,
der widersacher unbilliche und falsche anklag
und lesterung zu billichen, sondern es sollen sich
die unschüldigen zur ehre und preis göttlichs
namens und vieler menschen besserung verant-
worten und ihres glaubens und christlicher hand-
lung rechenschaft aller menniglich geben, damit
ihr unzeitig stillschweigen nicht fur ein schul-
dige und verzagte conscienz bey den unversten-
digen geachtet und daraus ergernis angericht
werde, als warlich S. Hieronymusa ad Pamma-
chium2 recht geschrieben hat.
Derhalb dringt uns die not zur verantwortung,
und bitten gar freundlich alle gotsfürchtigen,
sie wöllen diese unser entschuldigung umb Chri-
stus willen uberlesen, dieweil sie nicht allein
unser ist, sondern aller christgleubigen, die zu
diesen zeiten durch Gottes gnade von banden
menschlicher phariseersatzung entledigt, das lau-
ter wort Gottes angenomen haben und derhalb
von denen, so noch das bapstum fur die rechten
kirchen halten, ketzer und abtrünnige genent
werden.
Erstlich haben wir nicht zweifel, man mag
leichtlich wissen, ob wir ketzer oder Christen,
ob wir feind oder freund der kirchen seien, wenn
man aus göttlicher schrift weis, was ein ketzer
ist und was eigentlich die christliche kirche ist.
So ligt am tag, das der ein ketzerb ist, der
wider das heilige evangelium leret oder gleubt
Klammern im Text stehen, und der Zahlen.
- Urbanus Rhegius, damals Superintendent
in Celle, geb. 1489 zu Argen/Bodensee, † 1541
in Celle; vgl. im übrigen Sehling VI, 1, 633,
Anm. 1.
2 Ep. 57, 4; MSL 22, 570. CSEL 54, 507 f.
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Kirchenordnung der statt Hannofer durch D. Urbanum Regium.
Getruckt zu Magdeburg durch Michael Lotter.
1536* 1.
Mit vorgehender gründlicher anzeigung:
1. Welchs die ware christliche kirche sey, und
ob irthumb des glaubens in der kirchen sein
möge.
2. Wie es in der kirchen von der apostel zeit
bis itzt der lere halb eine gestalt gehabt
habe.
3. Wie sich der itzig evangelisch handel von der
kirchen reformation vor 19 jaren hab an-
gefangen.
4. Das die, so man itzt lutherisch nennet und
ihren glauben zu Augspurg im reichstag be-
kent haben, niemals von der waren kirchen
abgewichen seien, sondern allein nach dem
gebot Christi Matth. 16 [6] sich fur unserer
phariseer und saduceer saurteig, soviel müg-
lich, hüten.
Vorrede.
Nachdem wir, rat und gemein der stat Han-
nofer, ein verenderung in unser heiligen religion
nicht aus furwitz, frevel oder muthwillen, son-
dern aus christlichem grund und ursach fur-
genomen haben, sind wir bey etlichen unsern
umbligenden nachbaurn von der heiligen kirchen
abtriinnige ketzer genent und auch bey unserm
g. und natürlichen herrn und landsfürsten durch
die unverstendigen, als weren wir ungehorsame
und aufrürer, verunglimpft worden. Wiewol man
nu umb der warheit willen sol und mus ge-
schmecht werden und solchs in gedult umb
a Hieronymus.
b Was ein ketzer sey.
1 Druckvorlage: Druck von 1536, Magdeburg
bei Michael Lotter. Expl. d. Landesbibl. Han-
nover (XXIII p. 685). Oktav, 122 Bll., vor- und
nachgeheftet je ein leeres Bl. — Die zahl-
reichen Marginalien sind in einen besonderen
Apparat unter dem Text verwiesen worden,
mit Ausnahme der Bibelstellen, die in runden
Christus willen leiden, dazu auch fur die ver-
folger bitten, so ist man doch nicht schuldig,
der widersacher unbilliche und falsche anklag
und lesterung zu billichen, sondern es sollen sich
die unschüldigen zur ehre und preis göttlichs
namens und vieler menschen besserung verant-
worten und ihres glaubens und christlicher hand-
lung rechenschaft aller menniglich geben, damit
ihr unzeitig stillschweigen nicht fur ein schul-
dige und verzagte conscienz bey den unversten-
digen geachtet und daraus ergernis angericht
werde, als warlich S. Hieronymusa ad Pamma-
chium2 recht geschrieben hat.
Derhalb dringt uns die not zur verantwortung,
und bitten gar freundlich alle gotsfürchtigen,
sie wöllen diese unser entschuldigung umb Chri-
stus willen uberlesen, dieweil sie nicht allein
unser ist, sondern aller christgleubigen, die zu
diesen zeiten durch Gottes gnade von banden
menschlicher phariseersatzung entledigt, das lau-
ter wort Gottes angenomen haben und derhalb
von denen, so noch das bapstum fur die rechten
kirchen halten, ketzer und abtrünnige genent
werden.
Erstlich haben wir nicht zweifel, man mag
leichtlich wissen, ob wir ketzer oder Christen,
ob wir feind oder freund der kirchen seien, wenn
man aus göttlicher schrift weis, was ein ketzer
ist und was eigentlich die christliche kirche ist.
So ligt am tag, das der ein ketzerb ist, der
wider das heilige evangelium leret oder gleubt
Klammern im Text stehen, und der Zahlen.
- Urbanus Rhegius, damals Superintendent
in Celle, geb. 1489 zu Argen/Bodensee, † 1541
in Celle; vgl. im übrigen Sehling VI, 1, 633,
Anm. 1.
2 Ep. 57, 4; MSL 22, 570. CSEL 54, 507 f.
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