Kirchenordnung 1581
XVIII. Von dem gehorsam der kinder
gegen ihre eltern. 210.
XIX. Von versorgung der armen. 210.
XX. Von den kirchengütern, so zu dem
gebeude gehörig. 212.
XXI. Von der straffe der laster in gemein. 213.
XXII. Von verspielen und versaufen der
güter und nahrung. 213.
Das erste theil.
Von der lehre.
Nachdem der grund und kern aller christlichen
kirchenordnung ist das einige, ewige, warhaftige
und alleine seligmachende wort Gottes, davon
der prophet David saget im 119. psalm [105]:
Dein wort ist meiner füsse leuchte und ein
liecht auf meinem wege, so women wir allen
unsern pfarrherrn, predigern und dienem gött-
liches worts ernstlich haben auferleget und be-
fohlen, das sie in allen ihren predigten und
Lehren durchaus den prophetischen und apostoli-
schen schriften altes und neues testaments, den
dreyen allgemeinen heuptsymbolen, als dem apo-
stolico, nicaeno und athanasiano, der reinen, un-
geenderten augspurgischen confession, so keyser
Carolo dem V. zu Augspurg anno 30 in der gros-
sen reichsversamlung ubergeben, sampt dersel-
ben apologia und articulen zu Schmalkalden,
anno 37 gestellet, und von den fürnembsten theo-
logen damals unterschrieben worden, den cate-
chismis, grossen und kleinen, des herrn D. Mar-
tini Lutheri, als der leyen bibel, darinnen alLes
kurz begriffen, was in heiliger schrift weitleuf-
tig gehandelt und einem fromen, gottseligen
Christen zu seiner seligkeit zu wissen von nöten
ist, und auch der formulae concordiae, das ist,
der christlichen, wiederholten, einmütigen be-
kentnis der churfürsten, fürsten und stende augs-
purgischer confession, anno 80 voilzogen und
publiciert10, sich sollen gleichförmig und ein-
hellig gemeß verhaiten.
So aber unter unsern pfarrherrn, predigern
und dienern göttliches worts jemand würde ge-
10 Vgl. oben S. 1043.
spüret oder befunden, der nicht bey diesen schrif-
ten als der rechten richtschnur, nach welcher,
als dem einigen probierstein, sollen und müssen
alle lehre erkant und geurteilet werden, ob sie
gut oder böß, recht oder unrecht sein, bleiben
würde, denselbigen wollen wir in unseren graff-
schaften Hoya und Bruchausen, oder da wir
sonsten zu gebieten haben, nicht wissen, dulden
noch leiden, sondern als einen falschen prediger
enturlauben.
Das ander theil.
Von ordnung christlicher vocation einer
bequemen und tüchtigen person zum hoch-
wirdigen predigampt.
Dieweil es die erfahrung gibt, das es mit dem
beruff und bestallung der prediger fast gefehr-
lich und sehr unordentlich zugehet, also das der
eigene nutz und die privati affectus in solchen
hochwichtigen sachen oftmals mehr gelten denn
Gottes wort, die exempel der apostel, der väter
und anderer frommen, gottseliger leute, so von
dem beruff geschrieben und recht damit umb-
gangen, und also ihrer viel ohne rechtmessigen,
ordentiichen beruff, mehr umb des bauchs denn
umb beförderung göttlicher ehr und des heils
der menschen wilien nach dem ampt und pfar-
ren streben, sich in dasselbige einflicken und
eindringen und drüber Gottes zorn auf sich laden
und keine frucht in solchem ampt schaffen, so
sol hinfürder folgende ordnung in mangel eines
pastorn und seelsorgers gehalten werden.
Zum ersten sol keine unberuffene und unver-
hörte person zum predigampt und offentlichem
gottesdienste zugelassen werden11.
Zum andern: Nach dem tödtlichen abgange
eines predigers sollen die benachbarten pastorn,
so der witfrauen das nachjhar verwalten, die
kaspelsleute in solchem mangel fleissig zum ge-
bete und warer anruffunge Gottes umb einen
getreuen und tüchtigen pastoren vermanen, alles
nach dem befehl des Herrn Christi, Matth. 9
[37 f.]: Die ernte ist gros, und wenig sein der
11 Ebenso die Oldenburger KO v. 1573 (Sehling
VII).
142
1131
XVIII. Von dem gehorsam der kinder
gegen ihre eltern. 210.
XIX. Von versorgung der armen. 210.
XX. Von den kirchengütern, so zu dem
gebeude gehörig. 212.
XXI. Von der straffe der laster in gemein. 213.
XXII. Von verspielen und versaufen der
güter und nahrung. 213.
Das erste theil.
Von der lehre.
Nachdem der grund und kern aller christlichen
kirchenordnung ist das einige, ewige, warhaftige
und alleine seligmachende wort Gottes, davon
der prophet David saget im 119. psalm [105]:
Dein wort ist meiner füsse leuchte und ein
liecht auf meinem wege, so women wir allen
unsern pfarrherrn, predigern und dienem gött-
liches worts ernstlich haben auferleget und be-
fohlen, das sie in allen ihren predigten und
Lehren durchaus den prophetischen und apostoli-
schen schriften altes und neues testaments, den
dreyen allgemeinen heuptsymbolen, als dem apo-
stolico, nicaeno und athanasiano, der reinen, un-
geenderten augspurgischen confession, so keyser
Carolo dem V. zu Augspurg anno 30 in der gros-
sen reichsversamlung ubergeben, sampt dersel-
ben apologia und articulen zu Schmalkalden,
anno 37 gestellet, und von den fürnembsten theo-
logen damals unterschrieben worden, den cate-
chismis, grossen und kleinen, des herrn D. Mar-
tini Lutheri, als der leyen bibel, darinnen alLes
kurz begriffen, was in heiliger schrift weitleuf-
tig gehandelt und einem fromen, gottseligen
Christen zu seiner seligkeit zu wissen von nöten
ist, und auch der formulae concordiae, das ist,
der christlichen, wiederholten, einmütigen be-
kentnis der churfürsten, fürsten und stende augs-
purgischer confession, anno 80 voilzogen und
publiciert10, sich sollen gleichförmig und ein-
hellig gemeß verhaiten.
So aber unter unsern pfarrherrn, predigern
und dienern göttliches worts jemand würde ge-
10 Vgl. oben S. 1043.
spüret oder befunden, der nicht bey diesen schrif-
ten als der rechten richtschnur, nach welcher,
als dem einigen probierstein, sollen und müssen
alle lehre erkant und geurteilet werden, ob sie
gut oder böß, recht oder unrecht sein, bleiben
würde, denselbigen wollen wir in unseren graff-
schaften Hoya und Bruchausen, oder da wir
sonsten zu gebieten haben, nicht wissen, dulden
noch leiden, sondern als einen falschen prediger
enturlauben.
Das ander theil.
Von ordnung christlicher vocation einer
bequemen und tüchtigen person zum hoch-
wirdigen predigampt.
Dieweil es die erfahrung gibt, das es mit dem
beruff und bestallung der prediger fast gefehr-
lich und sehr unordentlich zugehet, also das der
eigene nutz und die privati affectus in solchen
hochwichtigen sachen oftmals mehr gelten denn
Gottes wort, die exempel der apostel, der väter
und anderer frommen, gottseliger leute, so von
dem beruff geschrieben und recht damit umb-
gangen, und also ihrer viel ohne rechtmessigen,
ordentiichen beruff, mehr umb des bauchs denn
umb beförderung göttlicher ehr und des heils
der menschen wilien nach dem ampt und pfar-
ren streben, sich in dasselbige einflicken und
eindringen und drüber Gottes zorn auf sich laden
und keine frucht in solchem ampt schaffen, so
sol hinfürder folgende ordnung in mangel eines
pastorn und seelsorgers gehalten werden.
Zum ersten sol keine unberuffene und unver-
hörte person zum predigampt und offentlichem
gottesdienste zugelassen werden11.
Zum andern: Nach dem tödtlichen abgange
eines predigers sollen die benachbarten pastorn,
so der witfrauen das nachjhar verwalten, die
kaspelsleute in solchem mangel fleissig zum ge-
bete und warer anruffunge Gottes umb einen
getreuen und tüchtigen pastoren vermanen, alles
nach dem befehl des Herrn Christi, Matth. 9
[37 f.]: Die ernte ist gros, und wenig sein der
11 Ebenso die Oldenburger KO v. 1573 (Sehling
VII).
142
1131