Kirchenordnung 1581
Erstlich , das die armen leute zu warer erkent-
nis ihrer sünden und Gottes zorn uber die sünde
gefüret werden mögen, nemlich, das ihre miß-
handlung nicht allein wieder der weltlichen obrig-
keit, sondern fürnemlich wieder Gott im himel
sey, und das sie nicht allein in den heften der
weltlichen obrigkeit sein zur leiblichen straffe,
sondern das sie fürnemlich in Gottes stricken
und banden liegen zur ewigen verdamnis, welche
ohne zweifel auf den zeitlichen todt erfolgen
werde, wo sie sich nicht warhaftig zu Gott be-
keren. Und sol ihnen diß freundlich und mit
fleis fürgehalten werden, dieweil sie Gottes war-
nung und drauung in seinem wort entweder
nicht hören oder sich daran nicht keren wollen,
das sie Gott nun durch die obrigkeit als seine
dienerin habe mit seinem gerichte gefasset und
angegriffen, das sie es greifen und fülen können,
das er ihrer mißhandlung halben ernstlich zürne
und nach dem zeitlichen urteil der obrigkeit auch
sein ewiges gericht uber sie werde ergehen las-
sen, wo sie nicht mit ihm versünet werden.
Zum andern sollen die prediger ihre unter-
redung mit den armen leuten fürnemlich richten
zum waren, bestendigen trost, und werden die
prediger wol merken können, ob das schrecken
und bekümmernis bey den armen leuten mehr
des schmehlichen todes denn des gewissens hal-
ben sey, das sie fürnemlich ihre erinnerung da-
hin richten, das die armen leute für allen dingen
darauf denken sollen, das sie in ihrem gewissen
mit Gott versönet mögen werden, welchs aus
der lehr des evangelii sol genommen werden, das
Gott keine lust habe an des sünders tode etc.
(Ezech. 13 [Ez 18, 23]), das Christus aller welt
sünde getragen (Johan. 1 [29]), und sollen son-
derlich die armen leute erinnert werden der
tröstlichen exempel des apostels Petri, Pauli,
Mariae Magdalenae und des schechers am kreuze
etc., auf das sie eben in dieser ihrer gefengnis
Gottes gnade gegen sich erkennen und spüren
können. Denn wo sie frey weren hingangen,
37a Vgl. Conc. Trid. Sess. XIV, cap. 9, can. 13;
Denzinger30, Nr. 906.
weren sie in solchen sünden geblieben und het-
ten sich mit Gott nicht viel bekümmert. Wenn
nun Gott mit seinem gerichte sie ubereilet, das
sie auf frischer that weren erwürget worden,
so hetten sie ewig müssen verloren sein. Nun
aber habe sie Gott zur busse gefüret und an
solchen ort gebracht, da sie mit Gottes wort
unterrichtet und getröstet werden können und
noch zeit zur bekerung haben mögen. Wenn nun
das gewissen des waren trosts unterrichtet und
man an den gefangenen den verstand und an-
dacht spüren mag, das sie auch die absolution
und das heilige abendmal begeren, sol solches
ihnen etwann ein oder zwene tage zuvor, ehe
denn sie das urteil des todes empfahen, mit-
getheilet werden.
Zum dritten sollen die prediger darauf sehen,
das die armen leute sich mit christlicher gedult,
demut und gehorsam in die straffe, so sie ver-
wirkt, geben mögen und fleissig verwarnet und
unterwiesen werden, das sie nicht gedenken,wie
Gott solchen ihren schmehlichen todt für ihre
sünde wolle annemen, als man im babsthumb
geleret37a; denn solches gehört allein dem leiden,
sterben und tode deß Herrn Christi zu, sondern
das sie solchen todt als eine verdiente straffe
ihrer sünden, welcher ihnen von Gott und den
keyserlichen rechten auferlegt, gehorsamlich tra-
gen sollen. Und wo sie ihre sünde, damit sie
solche straffe und todt verschuldet, warhaftig
erkennen, von herzen bereuen und darnach Gott
durch Christum umb vergebung der sünde bit-
ten und festiglich gleuben, das sie alßdann nicht
alleine als diebe und mörder, sondern auch als
Christen leiden38.
Es sollen ferner die prediger fleis anwenden,
das die armen leute von herzen vergeben allen
menschen, so sie zu solchen sünden oder in die
hefte gebracht haben, sonderlich, das sie keinen
ungedültigen wiederwillen wieder die obrigkeit
oder derselben diener von wegen der straffe tra-
gen mögen. Und damit ihnen der rechte glaube
38 Hier folgt in den Vorlagen noch eine Anwei-
sung für die Vermahnung an die Gefangenen.
1167
Erstlich , das die armen leute zu warer erkent-
nis ihrer sünden und Gottes zorn uber die sünde
gefüret werden mögen, nemlich, das ihre miß-
handlung nicht allein wieder der weltlichen obrig-
keit, sondern fürnemlich wieder Gott im himel
sey, und das sie nicht allein in den heften der
weltlichen obrigkeit sein zur leiblichen straffe,
sondern das sie fürnemlich in Gottes stricken
und banden liegen zur ewigen verdamnis, welche
ohne zweifel auf den zeitlichen todt erfolgen
werde, wo sie sich nicht warhaftig zu Gott be-
keren. Und sol ihnen diß freundlich und mit
fleis fürgehalten werden, dieweil sie Gottes war-
nung und drauung in seinem wort entweder
nicht hören oder sich daran nicht keren wollen,
das sie Gott nun durch die obrigkeit als seine
dienerin habe mit seinem gerichte gefasset und
angegriffen, das sie es greifen und fülen können,
das er ihrer mißhandlung halben ernstlich zürne
und nach dem zeitlichen urteil der obrigkeit auch
sein ewiges gericht uber sie werde ergehen las-
sen, wo sie nicht mit ihm versünet werden.
Zum andern sollen die prediger ihre unter-
redung mit den armen leuten fürnemlich richten
zum waren, bestendigen trost, und werden die
prediger wol merken können, ob das schrecken
und bekümmernis bey den armen leuten mehr
des schmehlichen todes denn des gewissens hal-
ben sey, das sie fürnemlich ihre erinnerung da-
hin richten, das die armen leute für allen dingen
darauf denken sollen, das sie in ihrem gewissen
mit Gott versönet mögen werden, welchs aus
der lehr des evangelii sol genommen werden, das
Gott keine lust habe an des sünders tode etc.
(Ezech. 13 [Ez 18, 23]), das Christus aller welt
sünde getragen (Johan. 1 [29]), und sollen son-
derlich die armen leute erinnert werden der
tröstlichen exempel des apostels Petri, Pauli,
Mariae Magdalenae und des schechers am kreuze
etc., auf das sie eben in dieser ihrer gefengnis
Gottes gnade gegen sich erkennen und spüren
können. Denn wo sie frey weren hingangen,
37a Vgl. Conc. Trid. Sess. XIV, cap. 9, can. 13;
Denzinger30, Nr. 906.
weren sie in solchen sünden geblieben und het-
ten sich mit Gott nicht viel bekümmert. Wenn
nun Gott mit seinem gerichte sie ubereilet, das
sie auf frischer that weren erwürget worden,
so hetten sie ewig müssen verloren sein. Nun
aber habe sie Gott zur busse gefüret und an
solchen ort gebracht, da sie mit Gottes wort
unterrichtet und getröstet werden können und
noch zeit zur bekerung haben mögen. Wenn nun
das gewissen des waren trosts unterrichtet und
man an den gefangenen den verstand und an-
dacht spüren mag, das sie auch die absolution
und das heilige abendmal begeren, sol solches
ihnen etwann ein oder zwene tage zuvor, ehe
denn sie das urteil des todes empfahen, mit-
getheilet werden.
Zum dritten sollen die prediger darauf sehen,
das die armen leute sich mit christlicher gedult,
demut und gehorsam in die straffe, so sie ver-
wirkt, geben mögen und fleissig verwarnet und
unterwiesen werden, das sie nicht gedenken,wie
Gott solchen ihren schmehlichen todt für ihre
sünde wolle annemen, als man im babsthumb
geleret37a; denn solches gehört allein dem leiden,
sterben und tode deß Herrn Christi zu, sondern
das sie solchen todt als eine verdiente straffe
ihrer sünden, welcher ihnen von Gott und den
keyserlichen rechten auferlegt, gehorsamlich tra-
gen sollen. Und wo sie ihre sünde, damit sie
solche straffe und todt verschuldet, warhaftig
erkennen, von herzen bereuen und darnach Gott
durch Christum umb vergebung der sünde bit-
ten und festiglich gleuben, das sie alßdann nicht
alleine als diebe und mörder, sondern auch als
Christen leiden38.
Es sollen ferner die prediger fleis anwenden,
das die armen leute von herzen vergeben allen
menschen, so sie zu solchen sünden oder in die
hefte gebracht haben, sonderlich, das sie keinen
ungedültigen wiederwillen wieder die obrigkeit
oder derselben diener von wegen der straffe tra-
gen mögen. Und damit ihnen der rechte glaube
38 Hier folgt in den Vorlagen noch eine Anwei-
sung für die Vermahnung an die Gefangenen.
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