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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0344
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„meene meente“ organisiert, - begegnen schon zur Zeit der Bildung der Grafschaft. Unter der Regierung
Edzards I. läßt sich bereits ein stärkeres Mitwirken ständischer Elemente bei der Regierung erkennen,
das in der Folgezeit noch weiter ausgebaut wurde. Infolge der Reformation fiel der Prälatenstand etwa
um die Mitte des 16. Jh.s fort; statt dessen sonderten sich nun die Städte - Emden, Aurich und Nor-
den - vom dritten oder Hausmannsstand ab und bildeten einen besonderen Stand. Der gräfliche Bruder-
zwist gab den Ständen die Möglichkeit, zu einer starken Machtstellung in der Grafschaft aufzurücken
und sich weitgehend von der Landesherrschaft zu emanzipieren. Die zweite Hälfte des 16. Jh.s ist von
Kämpfen zwischen den Ständen und dem Landesherrn erfüllt, bei denen der Tendenz der Stände, ihre
Rechte auszudehnen bzw. zu behaupten, das starke Herrschaftsbewußtsein Edzards II. und seiner Gemah-
lin kraß entgegenstand. Auch dieser Kampf, der am Ende des Jh.s mit einem weitgehenden Sieg der Stän-
de einen vorläufigen Abschluß fand, ist mit den kirchlichen Verhältnissen des Landes eng verwoben.

Der bedeutendste Ort der Grafschaft war die Stadt Emden, schon damals ein wichtiger Hafen- und
Handelsplatz und bis zur Zeit Edzards II. der Sitz der ostfriesischen Grafen. Edzard II. verlegte seine
Residenz 1561 nach Aurich, und seine Nachkommen behielten diesen Ort als Regierungssitz bei. Emden
aber wurde immer mächtiger und unabhängiger, nicht nur durch seinen ausgedehnten Handel, sondern
auch dadurch, daß es bald eine führende Stellung unter den reformierten Kirchen der nördlichen Länder
einnahm und in den Niederlanden einen starken Rückhalt gewann. Zu Beginn der Reformationszeit
waren die Emder Kirchenverhältnisse mit denen der übrigen Grafschaft verknüpft, um sich dann all-
mählich immer selbständiger zu gestalten, so daß darauf näher einzugehen sein wird.

Die mittelalterlichen Diözesangrenzen teilten die Grafschaft auf unter Münster, Bremen, Osnabrück 2.
2. Anfänge der Reformation. Die die kirchlichen Verhältnisse Ostfrieslands während des
Reformationsjahrhunderts behandelnden Quellenschriften 3, besonders soweit sie dem Ende des Jahr-
hunderts entstammen, sowie auch noch die spätere Literatur sind z. T. von starker Polemik, bald vom
Standpunkt der Reformierten, bald vom Standpunkt der Lutheraner aus, beherrscht, so daß die Gewin-
nung eines klaren Bildes oft erschwert wird. Bei vorsichtiger Wertung 4 ergibt sich folgendes:

Schon bald nach Luthers erstem öffentlichen Auftreten fanden die reformatorischen Gedanken in
Ostfriesland Eingang. Graf Edzard I. las 1519 die Schriften Luthers 5 und förderte fortan die Ver-
kündigung der evangelischen Lehre oder duldete sie doch stillschweigend. Er unternahm aber nichts,
um das Kirchenwesen seines Landes auf evangelischer Basis neu und einheitlich zu ordnen 6 .

In Aurich ließ der Graf durch Heinrich Brun die evangelische Lehre verkündigen 7. In Emden
wirkte Magister Aportanus aus Wildeshausen 8 als evangelischer Prediger. Von den priesterlichen Kol-

2 Literatur zu den dynastischen und territorialen Verhältnissen Ostfrieslands: E. Beninga, Chronyk, 330ff.;
U. Emmius, Historia, 370ff.; E. R. Brenneysen Tom. I, Lib. V, 244ff. (Ehepakten 1558); T. D. Wiarda II
und III; O.Klopp I, bes. 212ff. II (dazu J. H. D. Möhlmann); H. Reimers, Cirksena; ders., Edzard;
ders., Ostfriesland, 93ff.; H.H.Hobbing; zur landständischen Verfassung (schlüssige Einzeluntersuchungen

fehlen) bes. J. König, 304ff; Atlas Niedersachsen, Bl. 153. 151; Kochs, Kirchengeschichte, 50ff. (Diözesen).

3 Vgl. hierzu die Zusammenstellung und Wertung der Quellenschriften und der Literatur bei E.Kochs I, 109ff.
Die Schriften erscheinen bei uns größtenteils im Literaturverzeichnis.

4 Von besonderer Bedeutung, nicht nur im Hinblick auf die Erarbeitung neuer Forschungsergebnisse, sondern in Ver-
bindung damit auch hinsichtlich einer vorsichtigen Behandlung des Stoffes, sind die Arbeiten von J.Weerda.

5 Vgl. E. Beninga, Chronyk, 600; U. Emmius, Historia, 785; E. Meiners I, 8; C. A. Cornelius, 3; H. Rei-
mers, Gestaltung, 7; u. a.

6 Vgl. Gegenbericht, A V (H. Garrelts, 101f.); Bericht (= Gründtlicker Wahrhafftiger Bericht), 15; U.Emmius,
Historia, 825f.; E. Meiners I, 11f.

7 Vgl. E. Beninga, Chronyk, 601; U.Emmius, Historia, 824; E. Meiners I,26; C.A. Cornelius, 4;
E. Kochs II, 185.

8 Vgl. Gegenbericht, A V (H. Garrelts, 101); Bericht, 15f.; U. Emmius, Historia, 824f.; E. Meiners I, 5. 7.
9. 107ff.; P. F. Reershemius, 475ff.; Jürgen by dem Dare, genannt Aportanus, aus Wildeshausen war zu
Zwolle bei den Brüdern des gemeinsamen Lebens unterwiesen, dann Magister geworden. Graf Edzard rief ihn nach
Ostfriesland und vertraute ihm den Unterricht seiner Söhne an. Vielleicht, um sich der Ausbreitung der evange-

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