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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0577
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Lütetsburger Kirchenordnung 1606

to dem dische des Heren begeven wollen, folgender
gestalt angestellet.

Dat sie erstlich sick by den prediger edder ock by
dat presbyterium sick angeven und alsdan up einen
gewißen bestemmeden dag vorbescheden werden, up
dat men se in der lehre und prove tom h. aventmall
desto beter undersoken und berichten konne und er-
forsche, effte se ock mit guder conscientien to dem
dische des Heren moge togelaten werden. Und wen
solckes geschehen kan, soll dat examen mit dem ge-
bede angefangen und geendigt werden. In dem exa-
mine sollen se ut dem catechismo (so den gelehrt und
de freymodicheit to recitirende hebben) gefraget wer-

in Emden erfolgt das Examen vor der Gemeinde,
in Lütetsburg, dessen Gemeinde größtenteils weiter
entfernt wohnte, vor dem Presbyterium.

77 Die Fragen entsprechen genau den Emder Fragen;
vgl. oben S. 493. Auch dürfte in der ersten Frage der
Emder Katechismus von 1554 gemeint sein; vgl.
dazu oben S. 538 mit Anm. 10.

78 Die hochdeutsche Fassung unserer KO fährt hier
(bis zum Ende des Absatzes) folgendermaßen fort:
,sollen ihre namen in das kirchenbuch ingeschrieben
und nach geendigter predigt vor handelung deß h.
abendmahls ihre namen offentlich abgelesen werden,
mit dem begehren, daß die gemeine sie hinfüro in
ihr brüderliche obsicht nehmen, Gott ihrenthalben
danken und umb fernere gnaden bitten, die brüder-
liche liebe an ihnen beweisen und zu dem gueten sie
stets anreizen und vermahnen wolle.

79 Zum 1607 eingerichteten Lütetsburger Kirchen- und
Protokollbuch vgl. Einleitung, oben S. 351, und
oben S. 537, Anm. 1. Das Kirchenbuch enthält auf
Bl. 1-2 eine Vorrede des Lütetsburger Predigers Tido
Henrici (vgl. dazu Einleitung, oben S. 350 mit
Anm. 6, und unsere KO, oben S. 537 mit Anm. 6),
lautend: Dem christliken leser und geescheden [ -
berufenen] hilligen wunsche ick Tido Henrici Knip-
husanus, dener des gottliken wordes up dem huse
Lutzborg und der ingesetene reformirde gemene
der stadt Norden, Gades genade und vrede van Gade
unsem Vader und dem Hern Jesu Christo. - Idt is,
ser erwerdige leser, einen jedren nicht unbewust, dat
men vor allen bokeren, so men entwedder in opent-
liken druck will laten utgan, edder ock tor gedecht-
niße schriftlick by sick gedenkt to beholden und up
de nakomelinge to erven, gemeinlick ein prooemium
edder vorrede plecht to stellen, inholdende dat argu-
mentum deßulvigen bokes mit sinen vornemsten or-
saken, so hebbe ick ock umme betere narichtinge
willen vor dit unse protocoll- edder kerckenbock
eine klene vorrede willen maken. Indeme ick mi
averst solckes to donde understanden hebbe, is mi
vorgekamen de schöne spröke des vortreffentlichen
oratoris Ciceronis [De oratore II, 36]: Historia est
testis temporum, nuncia vetustatis, lux veritatis, vita

den van den vornemsten stucken christliker lehr mit
deßulven korte erklerung. Wen solches geschehen,
soll der dener fragen, effte se de lehre der kercken,
im catechismo vorvatet, vor recht erkennen und
darby vormiddels gottliker genade vorhapen to bli-
ven ? Und im fall se mangelhaft im geloven und wan-
del mochten werden, effte se syck ock christliker vor-
maning, disciplin und ordnungen underwerpen wol-
len? 77 Und wen se solches vor der hilligen dreenicheit
und vorsamlung der oldesten und prediger bekennen
und annehmen 78, sollen ehre namen in dat kerken-
bock 79 ingeschreven 80 und na geendigter ersten pre-
dige vor dem gebett der gemene opentlick vorgelesen

memoriae, magistra vitae. Dat is: Die historia is ein
tuge der tyden, ein vorkundigerinne der vorgangene
dingen, ein licht der warheit, ein levent der gedechte-
niße und ein lehrmestersche des levendes, in welcken
spröck he de historien und monumenta sehr hoch
römet, nömet se 1. erstlich ein tuge der tyden, den
sie conferit unse tydt mit de vorgangene und maket
der jaren und dagen ein gewiße underscheit. — 2. Tom
anderen ein vorkundigerinne der olden vorgangene
dingen, den se vorwaret de dingen, so entwedder von
anfang der welt edder eines jedren regiments im
geistliken und weltliken stande sick hebben togedra-
gen. - 3. Tom drudden ein licht der warheit, den se
wiset ohne enige valscheit, wat vor dingen geschehen
syn im geistliken und weltliken regimente. — 4. Tom
vierden ein levend der gedechtenuß, dan se erholt
und propagirt ock up de nakamelinge de gedechtniß
der vornemsten gescheften und loffwerdigsten per-
sonen, darmit se nicht in vorgeten mogen gestellet
werden. — 5. Entlick ock wirt de historia genömet
ein lehrmeisterinne des levendes, dewile wy darut
konen wißheit und vorsichticheit lehren. Denn in
den historien und geschichtbökeren werden uns vor-
schedene exempla vorgeholden, nicht allene genöt-
lick to lesende, sondren ock sehr nuttlick natofol-
gende. Darum den ock Cyrus by den Xenophontem,
do he nu sterven scholde, sinen kindren dit gebut
und befehlt [Cyropaedia VIII, 7, 24]: εκ των προ-
γεγενημενων μανθανετε, αυτη γαρ αριστη διδασκαλια.
Dat is: Lehret ut den dingen, so tovorne gesche-
hen syn, den dat is de beste wise und manere to
lerende. Darher is idt dan geschehen, datt nicht al-
lene de propheten dorch ingevinge des h. Geistes
de historien van anfang der welt beschreven, son-
dren ock de heidenen naturae ductu gewiße com-
mentarios annales und geschichtboker geschreven
hebben, wie wy dan im Julio Caesare sehen und van
den Romeren lesen, dat im anfang der pontifex
maximus edder hogenprester hebbe alle gedenk-
werdige dingen edder geschichten jarlicks upge-
schreven, darvan den ock bavengemelter heide Cice-
ro redet [De oratore II, 52], dar he spreckt: Olim
erat historia nihil aliud, nisi annalium confectio rei

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