Harlingerland
Sectio tertia.
Idt sollen auch unsere beambten und befehlhabere
neben christlichen undertanen sembtlich und beson-
ders uff allerley, beede, lehr, ceremonien und levent
der pastoren, fleisige achtung geben, damit ehre
lehre reine, dat levend unstrafflich sey unde einig-
keit, soviel mueglich, erhalten werde.
Sectio quarta.
Die pastoren und köstere sollen sich auch bey
ergerlichen und gemeinen zechen noch in offenbaren
krogen nit finden laßen, eß were dan in brautheure 18,
kindelbehre oder anderen christlichen gasteboh-
den 19, dohin sie gefurdert wurden, und sich also hal-
ten und schicken, domit sie jedermenniglich guett
exempel geben, und dasgenne mit dem ergerlichen
lebende nit zubrechen 20, waß sie mit der lehre ufge-
bauet, plus enim male vivendo destruit, quam bene
docendo aedificat 21.
Sectio quinta.
Dewiele der hilllige Paulus segt [1. K 4, 2], man
sehe nit mehr beim haußhalter, sunder daß er treue
befunden werde, dorumb wollen wir unsern kirchen-
dienern ermahnet haben, daß sie de gemeinte, so
schichte der luth. Ordination in Wittenherg s.
P. D rews, Die Ordination, Prüfung und Lehrver-
pflichtung der Ordinanden in Wittenherg 1535, in:
Deutsche Zeitschrift f. Kirchenrecht 37 (1905), 66 ff.
273 ff.; WA 38, 401 ff. Am 12. Mai 1535 ging vom
Kurfürsten Johann Friedrich ein Erlaß an die Visi-
tatoren von Meißen und Vogtland aus, die Superin-
tendenten anzuweisen, daß sie Anwärter auf ein
geistliches Amt im Kurfürstentum, sofern sie noch
nicht die bischöfliche Weihe empfangen hatten, nach
ihrer Prtifung zur Ordination an die theologische
Fakultät zu Wittenberg verweisen sollten. Nach der
Ordination sollte die landesfürstliche Bestätigung
erfolgen. Diese Ordination war als Parallele bzw.
als Ersatz der bischöflichen Priesterweihe gedacht.
Die theologische Fakultät übertrug das Amt des
Ordinierens bald auf Bugenhagen als Stadtpfarrer,
der dann oft von Luther vertreten wurde, während
das Examen der Kandidaten bald der Fakultät zu-
fiel. Die Ordination erfolgte öffentlich vor der Ge-
meinde. Vgl. auch J. Heubach, RGG 3 IV, 1674 f.,
zur rechtlichen Folge der luth. Ordination auch oben
S. 689, Anm. 52. H. Reimers, Esens als Grafen-
residenz, in: Friesen-Almanach für das Jahr 1922,
32 f., herichtet auf Grund des Diarium des Esenser
Landrichters Hermann Prunseken (Staats-A. Au-
rich), daß 1580 (entgegen den Bestimmungen un-
Christuß mit seinem blute erworben und ihnen be-
fohlen ist, mit der reinen, heilsamen lehre der gött-
lichen, hilligen, biblischen, prophetischen und apo-
stolischen lehre und schrift, dorauf de kirche Christi
ihre grundfeste bauen soll, getreulich und fleisig
weiden, alse de Christo, dem rechten richter, ein-
mall öhreß amptß werden rechenschaft tun mußen.
Sectio sexta.
Wir wollen unß auch ungerne, wie Paulus jeder-
meniglich warnet [1. Tim 5, 22], mit witschop 22
frembder sunde teilhaftig machen; derhalben be-
fehlen wir allen und idern unsern pfarherrn und
pastoren, daß sich niemantß lange von seinem be-
vohlen kaspell, es sey ein oder mehr nachte, ohne
nöttige ursache begebe und habe von unsern ver-
ordneten superintendenten erlaubniß genommen
und seinen nechsten nachbarpastoren, auf seine
bevohlene schaffe achtung zue haben in seinem ab-
wesen, bestellet.
Sectio septima.
Und nachdeme sich zutragen kan, daß durch zu-
schickung des allmechtigen umb unser sunde willen
im sterbent und morbis contagiosis 23 de pastoren
serer KO) im Harlingerland vier Pastoren amtierten
(Ludolph Blanke in Eggelingen seit 1576, Sibrandt
in Funnix seit 1579, Johann Conrad Grashusius in
Butforde seit 1580, Theodorus in Dunum seit ?),
die weder in der vorgeschriebenen Weise examiniert
noch ordiniert waren, und daß das Examen und die
Ordination am 8./9. Juli 1580 nachgeholt wurden.
Am 8. Juli wurden die vier Pastoren den ganzen Tag
in der Kirche zu Esens geprüft, wobei dem exami-
nierenden Superintendenten sein Esenser Kollege
Georg Praetorius und der Stedesdorfer Pastor Jo-
hann Becker assistierten. Neben Prunseken gehörte
als vornehmstes rechtskundiges Mitglied auch der
Kanzler Jost Wetter zur Prüfungskommission. Die
Ordination fand am 9. Juli nach einem gemeinsamen
Abendmahlsgang unter Handauflegung statt.
18 Brautheure = Hochzeit; vgl. dazu Doornkaat
Koolman II, 117.
19 = Gastmählern, Festen,Gesellschaften; vgl. Schiller
und Lübben II, 16; Lasch und Borchling II, 24.
20 = zerbrechen; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch
15 (1956), 658 ff. 644 ff.; 16 (1954), 144.
21 Vgl. Hoyasche KO von 1581, Sehling VI, 2,1139 ff.
22 = Wissen; vgl. Schiller und Lübben V, 751 f.
23 Zu den schweren Seuchen, die Europa im 16. Jh.
immer wieder heimsuchten, insbes. der Pest (vgl.
oben S. 333, Anm. 70; S. 352; S. 434, Anm. 1; S.
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Idt sollen auch unsere beambten und befehlhabere
neben christlichen undertanen sembtlich und beson-
ders uff allerley, beede, lehr, ceremonien und levent
der pastoren, fleisige achtung geben, damit ehre
lehre reine, dat levend unstrafflich sey unde einig-
keit, soviel mueglich, erhalten werde.
Sectio quarta.
Die pastoren und köstere sollen sich auch bey
ergerlichen und gemeinen zechen noch in offenbaren
krogen nit finden laßen, eß were dan in brautheure 18,
kindelbehre oder anderen christlichen gasteboh-
den 19, dohin sie gefurdert wurden, und sich also hal-
ten und schicken, domit sie jedermenniglich guett
exempel geben, und dasgenne mit dem ergerlichen
lebende nit zubrechen 20, waß sie mit der lehre ufge-
bauet, plus enim male vivendo destruit, quam bene
docendo aedificat 21.
Sectio quinta.
Dewiele der hilllige Paulus segt [1. K 4, 2], man
sehe nit mehr beim haußhalter, sunder daß er treue
befunden werde, dorumb wollen wir unsern kirchen-
dienern ermahnet haben, daß sie de gemeinte, so
schichte der luth. Ordination in Wittenherg s.
P. D rews, Die Ordination, Prüfung und Lehrver-
pflichtung der Ordinanden in Wittenherg 1535, in:
Deutsche Zeitschrift f. Kirchenrecht 37 (1905), 66 ff.
273 ff.; WA 38, 401 ff. Am 12. Mai 1535 ging vom
Kurfürsten Johann Friedrich ein Erlaß an die Visi-
tatoren von Meißen und Vogtland aus, die Superin-
tendenten anzuweisen, daß sie Anwärter auf ein
geistliches Amt im Kurfürstentum, sofern sie noch
nicht die bischöfliche Weihe empfangen hatten, nach
ihrer Prtifung zur Ordination an die theologische
Fakultät zu Wittenberg verweisen sollten. Nach der
Ordination sollte die landesfürstliche Bestätigung
erfolgen. Diese Ordination war als Parallele bzw.
als Ersatz der bischöflichen Priesterweihe gedacht.
Die theologische Fakultät übertrug das Amt des
Ordinierens bald auf Bugenhagen als Stadtpfarrer,
der dann oft von Luther vertreten wurde, während
das Examen der Kandidaten bald der Fakultät zu-
fiel. Die Ordination erfolgte öffentlich vor der Ge-
meinde. Vgl. auch J. Heubach, RGG 3 IV, 1674 f.,
zur rechtlichen Folge der luth. Ordination auch oben
S. 689, Anm. 52. H. Reimers, Esens als Grafen-
residenz, in: Friesen-Almanach für das Jahr 1922,
32 f., herichtet auf Grund des Diarium des Esenser
Landrichters Hermann Prunseken (Staats-A. Au-
rich), daß 1580 (entgegen den Bestimmungen un-
Christuß mit seinem blute erworben und ihnen be-
fohlen ist, mit der reinen, heilsamen lehre der gött-
lichen, hilligen, biblischen, prophetischen und apo-
stolischen lehre und schrift, dorauf de kirche Christi
ihre grundfeste bauen soll, getreulich und fleisig
weiden, alse de Christo, dem rechten richter, ein-
mall öhreß amptß werden rechenschaft tun mußen.
Sectio sexta.
Wir wollen unß auch ungerne, wie Paulus jeder-
meniglich warnet [1. Tim 5, 22], mit witschop 22
frembder sunde teilhaftig machen; derhalben be-
fehlen wir allen und idern unsern pfarherrn und
pastoren, daß sich niemantß lange von seinem be-
vohlen kaspell, es sey ein oder mehr nachte, ohne
nöttige ursache begebe und habe von unsern ver-
ordneten superintendenten erlaubniß genommen
und seinen nechsten nachbarpastoren, auf seine
bevohlene schaffe achtung zue haben in seinem ab-
wesen, bestellet.
Sectio septima.
Und nachdeme sich zutragen kan, daß durch zu-
schickung des allmechtigen umb unser sunde willen
im sterbent und morbis contagiosis 23 de pastoren
serer KO) im Harlingerland vier Pastoren amtierten
(Ludolph Blanke in Eggelingen seit 1576, Sibrandt
in Funnix seit 1579, Johann Conrad Grashusius in
Butforde seit 1580, Theodorus in Dunum seit ?),
die weder in der vorgeschriebenen Weise examiniert
noch ordiniert waren, und daß das Examen und die
Ordination am 8./9. Juli 1580 nachgeholt wurden.
Am 8. Juli wurden die vier Pastoren den ganzen Tag
in der Kirche zu Esens geprüft, wobei dem exami-
nierenden Superintendenten sein Esenser Kollege
Georg Praetorius und der Stedesdorfer Pastor Jo-
hann Becker assistierten. Neben Prunseken gehörte
als vornehmstes rechtskundiges Mitglied auch der
Kanzler Jost Wetter zur Prüfungskommission. Die
Ordination fand am 9. Juli nach einem gemeinsamen
Abendmahlsgang unter Handauflegung statt.
18 Brautheure = Hochzeit; vgl. dazu Doornkaat
Koolman II, 117.
19 = Gastmählern, Festen,Gesellschaften; vgl. Schiller
und Lübben II, 16; Lasch und Borchling II, 24.
20 = zerbrechen; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch
15 (1956), 658 ff. 644 ff.; 16 (1954), 144.
21 Vgl. Hoyasche KO von 1581, Sehling VI, 2,1139 ff.
22 = Wissen; vgl. Schiller und Lübben V, 751 f.
23 Zu den schweren Seuchen, die Europa im 16. Jh.
immer wieder heimsuchten, insbes. der Pest (vgl.
oben S. 333, Anm. 70; S. 352; S. 434, Anm. 1; S.
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