nicht, vornehmlich im Westen und Süden wurden sie durch die Gebiete fremder Hoheit unterbrochen.
Infolge insbesondere des Pfandschaftswesens, das zu den verworrensten inneren Verhältnissen führte,
wurde das Stift dann in die sog. Stiftsfehde verwickelt, die die Zerschlagung des Stiftes zur Folge hatte11.
Übrig blieb das sog. Kleine Stift, bestehend aus den Ämtern Peine, Steuerwald, Marienburg und der
Dompropstei12. Das verlorene Gebiet teilten sich Herzog Erich von Calenberg-Göttingen und Heinrich
d. Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Stadt Hildesheim wahrte unter dem Schutz Herzog
Erichs eine gewisse Selbständigkeit. Das Domkapitel erkannte diese mit dem Quedlinburger Rezeß von
1523 besiegelten Abmachungen nicht an13 und prozessierte deshalb über ein Jahrhundert vor dem Reichs-
kammergericht. Im dreißigjährigen Krieg erfolgte dann eine beschränkte Restitution des „Großen Stifts“.
Inzwischen erlebte auch das „Kleine Stift“ eine wechselvolle Geschichte. Schon 1526 war das Haus Peine
an die Stadt Hildesheim verpfändet, während das Amt Steuerwald in die Hände adliger Gläubiger ge-
langte und das Amt Marienburg in den Pfandbesitz des Domkapitels kam14.
2. Die Stiftsverfassung
Die landständische Verfassung gelangte im Anfang des 15. Jh.s zu voller Ausbildung1. Als Land-
stände erscheinen : 1. das Domkapitel, 2. die Prälaten der sieben Stifte in und vor Hildesheim (Klöster
St. Michael, St. Godehard, Stifte St. Moritz und zum hl. Kreuz, die Sülte, das Andreas- und Johannes-
stift), 3. die Ritterschaft, 4. die Städte (de borgermestere unde rede der stadt unde lutteken stede des
stichtes Hildensem)2. Die Stände hatten die Entscheidung über die wichtigsten Akte der Regierung.
Der leitende Landstand war das Domkapitel3, das auch allein berechtigt war zur Bischofswahl4. Durch
verschiedene Privilegien hatte sich die Stadt Hildesheim weitgehend von der Herrschaft der Bischöfe
befreit und de facto den Status einer Reichsstadt erreicht5.
11 Vgl. Urkundenbuch VIII, Nr. 691, Friedensvertrag einerseits zwischen den Herzögen Erich und Heinrich d. Jünge-
ren zu Braunschweig und Lüneburg, dem Domkapitel, Stiftern, Rittern und Rat der Stadt Hildesheim andererseits,
Quedlinburg 1523 Mai 13; J. B. Lauenstein, Historia diplomatica II, 110ff.; W. Roßmann-R. Doebner,
1125f. 1132ff.; J. Oldecop, 129ff.; A. Bertram II, 33ff.; J. Gebauer I, 168f.
12 Vgl. Urkundenbuch VIII, Nr. 691: „Zum funften, dasz Steuerwalde und Peyne mit iren zubehorungen bei der
kirchen zu Hildenszem befredet und mit der tat unangefochten bleiben sal, und die Marienburgk sal in dem stands
auch bleiben, wie sie itzo stehet“. Vgl. W.Roßmann-R.Doebner, 1132 ff. : „Wie die Fürsten von Braunschweig
das eingenommene Stift unter sich getheilet, sambt Summarischen bericht, waß die Jungkern an den Häusern ge-
habt undt den Fürsten daran gewonnen haben“.
13 Vgl. H. W. Klewitz, 40.
14 Die Marienburg war seit 1562 im Besitz des Domkapitels; so H.A.Lüntzel, aaO. II, 529.
1 Zur Entwicklung der landständischen Verfassung vgl. J. Lücke, 7 ff., der den Zusammenschluß der Stände „spä-
testens im 15. Jh. erfolgt“ sein läßt, da am 14. April 1407 als Zeugen des Landfriedensbündnisses zwischen Bischof
Johann und Goslar einerseits und den Herzögen Bernhard und Heinrich von Braunschweig-Lüneburg andererseits
die wichtigsten Vertreter der Kurie, der Ritter und der Städte Hildesheim, Alfeld und Bockenem genannt werden
(aaO. 12 f. ). 1425 werden die Hildesheimer Landstände als gesonderte Kurien zum erstenmal gemeinsam erwähnt
(H. A. Lüntzel, Geschichte der Diöcese und Stadt Hildesheim 11, 405; W. Wachsmuth, 69; Urkundenbuch III,
Nr. 1183 ) .
2 A.Bertram I, 504f.; J.Lücke, 24. Zu den Klöstern und Stiften vgl. unten S. 794f.; 843 mit Anm. 1; 844
mit Anm. 3 u. 4; 887fl'.
3 J. Lücke, 27ff.
4 Erstmals wurde dieses Wahlrecht bei der Wahl des Dompropstes Herbert zum Bischof 1199 ausgeübt, nachdem zuvor
eine Aufforderung dazu von Papst Innozenz III. ergangen war; vgl. K. Janicke-H. Hoogeweg I, Nr. 543;
A. Bertram I, 212; J. Lücke, 29 mit Anm. 85.
5 Zu den wichtigen ausgeübten Rechten ist jenes der Bündnisfreiheit zu rechnen (vgl. J. B. Lauenstein, Historia
diplomatica I, 35ff. 60f.; W. Wachsmuth, 75; K. Bauer, 32; J. Gebauer I, 54f., Urkundenbuch I, Nr. 241:
Rat und Bürgerschaft bekunden ihre Verbindung mit Herzog Albert von Braunschweig, „ut domina nostro H enrico
757
Infolge insbesondere des Pfandschaftswesens, das zu den verworrensten inneren Verhältnissen führte,
wurde das Stift dann in die sog. Stiftsfehde verwickelt, die die Zerschlagung des Stiftes zur Folge hatte11.
Übrig blieb das sog. Kleine Stift, bestehend aus den Ämtern Peine, Steuerwald, Marienburg und der
Dompropstei12. Das verlorene Gebiet teilten sich Herzog Erich von Calenberg-Göttingen und Heinrich
d. Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Stadt Hildesheim wahrte unter dem Schutz Herzog
Erichs eine gewisse Selbständigkeit. Das Domkapitel erkannte diese mit dem Quedlinburger Rezeß von
1523 besiegelten Abmachungen nicht an13 und prozessierte deshalb über ein Jahrhundert vor dem Reichs-
kammergericht. Im dreißigjährigen Krieg erfolgte dann eine beschränkte Restitution des „Großen Stifts“.
Inzwischen erlebte auch das „Kleine Stift“ eine wechselvolle Geschichte. Schon 1526 war das Haus Peine
an die Stadt Hildesheim verpfändet, während das Amt Steuerwald in die Hände adliger Gläubiger ge-
langte und das Amt Marienburg in den Pfandbesitz des Domkapitels kam14.
2. Die Stiftsverfassung
Die landständische Verfassung gelangte im Anfang des 15. Jh.s zu voller Ausbildung1. Als Land-
stände erscheinen : 1. das Domkapitel, 2. die Prälaten der sieben Stifte in und vor Hildesheim (Klöster
St. Michael, St. Godehard, Stifte St. Moritz und zum hl. Kreuz, die Sülte, das Andreas- und Johannes-
stift), 3. die Ritterschaft, 4. die Städte (de borgermestere unde rede der stadt unde lutteken stede des
stichtes Hildensem)2. Die Stände hatten die Entscheidung über die wichtigsten Akte der Regierung.
Der leitende Landstand war das Domkapitel3, das auch allein berechtigt war zur Bischofswahl4. Durch
verschiedene Privilegien hatte sich die Stadt Hildesheim weitgehend von der Herrschaft der Bischöfe
befreit und de facto den Status einer Reichsstadt erreicht5.
11 Vgl. Urkundenbuch VIII, Nr. 691, Friedensvertrag einerseits zwischen den Herzögen Erich und Heinrich d. Jünge-
ren zu Braunschweig und Lüneburg, dem Domkapitel, Stiftern, Rittern und Rat der Stadt Hildesheim andererseits,
Quedlinburg 1523 Mai 13; J. B. Lauenstein, Historia diplomatica II, 110ff.; W. Roßmann-R. Doebner,
1125f. 1132ff.; J. Oldecop, 129ff.; A. Bertram II, 33ff.; J. Gebauer I, 168f.
12 Vgl. Urkundenbuch VIII, Nr. 691: „Zum funften, dasz Steuerwalde und Peyne mit iren zubehorungen bei der
kirchen zu Hildenszem befredet und mit der tat unangefochten bleiben sal, und die Marienburgk sal in dem stands
auch bleiben, wie sie itzo stehet“. Vgl. W.Roßmann-R.Doebner, 1132 ff. : „Wie die Fürsten von Braunschweig
das eingenommene Stift unter sich getheilet, sambt Summarischen bericht, waß die Jungkern an den Häusern ge-
habt undt den Fürsten daran gewonnen haben“.
13 Vgl. H. W. Klewitz, 40.
14 Die Marienburg war seit 1562 im Besitz des Domkapitels; so H.A.Lüntzel, aaO. II, 529.
1 Zur Entwicklung der landständischen Verfassung vgl. J. Lücke, 7 ff., der den Zusammenschluß der Stände „spä-
testens im 15. Jh. erfolgt“ sein läßt, da am 14. April 1407 als Zeugen des Landfriedensbündnisses zwischen Bischof
Johann und Goslar einerseits und den Herzögen Bernhard und Heinrich von Braunschweig-Lüneburg andererseits
die wichtigsten Vertreter der Kurie, der Ritter und der Städte Hildesheim, Alfeld und Bockenem genannt werden
(aaO. 12 f. ). 1425 werden die Hildesheimer Landstände als gesonderte Kurien zum erstenmal gemeinsam erwähnt
(H. A. Lüntzel, Geschichte der Diöcese und Stadt Hildesheim 11, 405; W. Wachsmuth, 69; Urkundenbuch III,
Nr. 1183 ) .
2 A.Bertram I, 504f.; J.Lücke, 24. Zu den Klöstern und Stiften vgl. unten S. 794f.; 843 mit Anm. 1; 844
mit Anm. 3 u. 4; 887fl'.
3 J. Lücke, 27ff.
4 Erstmals wurde dieses Wahlrecht bei der Wahl des Dompropstes Herbert zum Bischof 1199 ausgeübt, nachdem zuvor
eine Aufforderung dazu von Papst Innozenz III. ergangen war; vgl. K. Janicke-H. Hoogeweg I, Nr. 543;
A. Bertram I, 212; J. Lücke, 29 mit Anm. 85.
5 Zu den wichtigen ausgeübten Rechten ist jenes der Bündnisfreiheit zu rechnen (vgl. J. B. Lauenstein, Historia
diplomatica I, 35ff. 60f.; W. Wachsmuth, 75; K. Bauer, 32; J. Gebauer I, 54f., Urkundenbuch I, Nr. 241:
Rat und Bürgerschaft bekunden ihre Verbindung mit Herzog Albert von Braunschweig, „ut domina nostro H enrico
757