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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0054
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Kirchenordnung für Steuerwald und Peine 1561

Worumb behalt ihr dan die beicht in der kirchen?
Antwort: Umb viererlei ursach willen.
Erstlich, weil dem pfarherren befolen, das hai-
ligtum nicht fur die hunde noch die perle fur die
schweine zu werfen, ist ihm daran gelegen, das er
wisse, was diejennigen von Gottes wort halten und
vorstehen, denen er das hochwirdige sacrament
reichen sol.
Zum anderen ist auch denjennigen daran gelegen,
die zu dem abentmal gehen wollen, damit sie auf
des pfarherren unterricht und vormanung sich
selbst prufen, auf das sie nicht unwirdig und ihnen
selbest das gericht essen.
Zum dritten ist die beicht, wie wir sie itzund
halten, darzu gut, auf das die betrubten alda haben
die hailigen absolution.
Zum vierden, ob dan ein betrübter mensch bei
Luc.7[36ff.]dem pfarhern aines sonderlichen fals halben wolte
nachfragen, das ers alhie auch dester bequemer tuen
kunde.
Das sei von der lehre, soviel einem einfaltigen
pastor zu wissen vonnöten ist, dismal genug, und
werden die angezeigneten ort einen iedern in die
bibel weisen, das er sie daselbst suche und lerne
recht vorstehen, wo es auch von ihme gefordert
wirt, fein richtig kunde dieselbigen herzehlen.
Hirneben sol auch ein jeder frommer pfarher zu-
sehen, den lieben Catechismum Lutheri nimmer-
mehr von den henden kommen lassen, sondern teg-
lich darinnen studieren und lesen, dasselbige klaine
buchlein gewislich fur den höchsten schatz auf erden
halten, dan darinnen ist gar fein und kurz zusamen-
gebracht alles, was die höchste kunst der ganzen
bibel ist, im selbigen findet er auch bericht, wie er
die leute vom gebett, item von allerlei hailigen
stenden sol unterweisen, in kreuz und widerwertig-

Math. 7 [6]

1.Corin. 11
[27-29]

Joan.20
[21-23]
Math. 9
[1-8]

kait trösten. Summa, wer den Catechismum Lu-
theri vorachtet, der gibt offentlichen damit zu ver-
stehen, das er von Gottes wort kainen rechten,
gruntlichen vorstant habe und ein trueloser, greu-
licher vorechter sei Gottes und seines willens23.

Von dem leben der pfarhern.
Von diessem dritten stücke, so zu dem ambt eines
pfarherren gehöret, ist bereit droben gesaget in dem
spruch Pauli [1. K 4, 2], das ein haushalter Gottes
sol getreug erfunden werden, und wil derhalben
Paulus haben, das ain bischoff oder prediger sol
unstrefflich sein, dan er waista wol, was es fur grau-
samen, greulichen schaden tuet, wo ain pfarher ge-
leich recht und wol lehret, aber mit ainem schent-
lichen leben greuliche ergernus anrichtet, darfur er
dan auch an jennem tage mus schwere rechenschaft
geben, sollen derhalben die pastores mit ainem got-
seligen handel und wandel dem armen gemainen
haufen als ain furbilde vorgehen, mit allem ernst
fliehen alle greuliche laster, darjegen aber nachjagen
der gerechtigkait, gottseligkait, gelauben, liebe, ge-
dult, sanftmut, sich nicht mengen in frembde
hendel, sondern fleissig studieren und die hailigen
schrift lesen, fur die liebe kirche fleissig und ernst-
lich bitten, auf das sie Gott in so viel und manniger-
lai grausamer gefahr bei rainer lehr erhalten, dem
laidigen teufel im babste, Turken, schwarmern und
so viel mannigerlai rotten1 steuren und wehren
wolle.
Welche nun sollicher lehr und so gar ernstlichen
bevelh Gottes vom himmel zu ihrem und der armen
gemaine besten volgen wollen, uber denselbigen wirt
nicht allein unser gnediger fürst und her gnedig-
lichen halten, sonder der frome Gott wirt es auch

1.Timo. 3
[1-13]
ad Tit. 1
[5-9]

Mat. 18
[21ff.]
1.Timo. 4
[12]
1. Pe. 5 [1-4]
ad Tit. 2
[7f.]
2. Timo. 2
[22 ff.]
1.Timo. 4
[12-16]
1. Pet. 4
[8-11]
2. Timo. 3
[10-17]

a waist) wuste 1562
des Katechismus heißt es von der Absolution: ,,Sie
ist der eingesatzte befehl Jhesu Christi unsers
Herren, darinne er allen seinen verordneten dienern
der christlichen kirchen und gemein macht und ge-
walt gegeben hat..." (L Vlr)
23 Zu Mörlins Einschätzung des Kleinen Katechismus
s.o. bes. Anm. 13. Die Erwähnung ,,vom gebet",
,,von allerley heiligen stenden" und vom Trösten

,,in kreuz und widerwertigkeit" dürfte auf die ent-
sprechenden Abschnitte seines Katechismus ver-
weisen, die in die KO nicht aufgenommen sind:
,,Von dem gebet" (GIII - IV); ,,Die haustaffel
etlicher sprüche für allerley heilige orden und
stende" (M VI - O IV) nach dem Lehrteil, ,,Von der
absolution." (L VI - M V)
1 Anklang an das Gebet ,,Barmherziger Gott..." aus
Luthers Ordinationsformular. Vgl. Hildesheimer
KO von 1544, unten S. 869f. mit Anm. 9. 18. 19.

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