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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0087
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Gewalt aus der Antoniuskapelle herausgeholt1. Neue Verhandlungen scheiterten ebenfalls. Am 10. No-
vember verließ Teteleben sehr erbost seine Residenz2. Er erhob Klage beim Reichskammergericht. Am
19. Dezember 1542 erging ein scharfes Mandat des Gerichts an den Rat, in dem die Beseitigung der
unruhigen Prädikanten, die Wiederherstellung des katholischen Kultus in den städtischen Kirchen
und Schonung der Stifter und Klöster verlangt wurden3. Darauf wandte man sich von der Stadt aus
um Hilfe an die Braunschweiger und schickte Abgeordnete nach Nürnberg auf den Reichstag. Ge-
stützt auf einen allgemeinen Bundesbeschluß, bestritt man hier den Personen, die sich anmaßten,
das kaiserliche Kammergericht zu verwesen, jedes Recht zu irgendwelchen Verfügungen an die Stadt.
Als des Kaisers Bruder König Ferdinand die Stadt in einem Schreiben ermahnte, widersprach man dem.
Den Bischof wollte die Stadt überhaupt nicht mehr als Landesherrn anerkennen. Sie hätte ihm weder er-
wählt noch ihm gehuldigt noch ihn nach altem Brauch eingeführt. Er sei ohne Wissen und Willen der
Bürger von den „Dompfaffen“ gewählt — ein kritisierender Hinweis auf das Alleinrecht des Domkapitels
auf die Bischofswahl. Entschieden bekannte man sich zu den reformatorischen Neuerungen. Die in
Nürnberg versammelten Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes wurden gebeten, sich dafür einzuset-
zen, daß die Stadt von Kaiser und Reich nicht weiter mit beschwerlichen Mandaten heimgesucht würde4.
Statt dessen erfolgten nun seitens des Reichskammergerichts Vorladungen an zahlreiche bei den Un-
ruhen beteiligte Hildesheimer und die Androhung der Reichsacht, die der Bischof forderte. Beim kaiser-
lichen Kanzler Granvella erwirkte der Bischof etliche scharfe Verfügungen5.

Die Zeit des Interims6. Am 18. Februar 1548 hatte sich eine in Augsburg weilende Kommis-
sion Hildesheims im Namen der Stadt dem Kaiser unterwerfen müssen.

Am 23. Februar verabschiedete sie sich von dem gleichfalls dort anwesenden Hildesheimer Bischof
Valentin Teteleben, der von der Stadt forderte, ihm zu huldigen ; binnen sechs Wochen wollte er die Ent-
scheidung darüber wissen.

Die Aussöhnwungsurkunde vom 18. Februar bestimmte u.a. auch, daß die Gemeinde unverzüglich
jeglichen Besitz und alle Rechte wiederzuerstatten habe, die der Klerus vor der Vertreibung Herzog
Heinrichs innegehabt hatte. Der Bischof hatte das Domkapitel auch sofort instruiert, den öffentlichen
Gottesdienst im Dom mit einem Te Deum wieder zu beginnen, desgleichen in St. Michael, beim Hei-
ligen Kreuz, in St. Moritz, dem Magdalenenkloster, der Sülte und der Kongregation der Fraterherren.

Inzwischen hatte der Rat etliches zur Restituierung der Klöster getan. Aber was die Wiederauf-
nahme des katholischen Gottesdienstes betraf, so hatte eine Versammlung der Bäuerschaften schon am
10. März von der Stadtregierung verlangt, sie zu verhindern und die Geistlichkeit zu bitten, mit ihren
Bräuchen bis zur Entscheidung des Konzils zu warten. Eine entsprechende Bitte ließ der Rat darauf
an die Stifts- und Klosterherren gehen, ebenso bat er den Bischof, in diesem Sinne zu wirken.

1 Urteil des Reichskammergerichts vom 19. 12. 1542; Stadt-A. Hildesheim, Akte 132/31; H. A. Lüntzel, aaO. 82;
vgl. A. Bertram II, 131ff.

2 J.Oldecop, 223f.; J. Brandis, aaO. 53; Valentins Eingabe an die kaiserlichen Kommissarien vom 28. 2. 1543
und Valentins Vorstellung an die ev. Einigungsverwandten 1543, Stadt-A. Hildesheim, Hs. 75. Vgl. 4. Bertram
II, 128,

3 Stadt-A. Hildesheim, Akte 132/31; H. A. Lüntzel, aaO. 81.

4 Bes. nach Stadt-A. Hildesheim, Hs. 75, 387 ff.

5 Vgl. auch die KO, unten S. 831f. Zum Ganzen vgl. J. Gebauer I, 329-332. Vermullich 1544 auf dem Reichstag zu
Speyer ließ die Stadt einen Gegenbericht zu den anklagenden Artikeln des Bischofs, die dieser beim Kaiser, auf den
Reichstagen und beim Kammergericht vorgebracht hatte, überreichen : Stadt-A. Hildesheim, Akte 132/36; abgedruckt
bei K. Kayser, aaO. 67ff.; dazu B. Meyer-Wilkens, 54f.

6 Zum Folgenden vgl. J. Brandis, aaO. 67ff.; H. A. Lüntzel, aaO. 113ff.: A. Bertram II, 157ff.; J.Gebauer I,
347 ff.

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