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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0120
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Kirchenordnung 1544

heit. Solcke werden hyr grote rekenschop maken
unde alle sölde der kercken unde scholen tor groten
summa maken, unde seet, leven börger, welck ein
grote besweringe wil men up düsse s[t]adt bringen,
dat wy so vel geldes schöllen alle jar utgeven den
predicanten unde scholgesellen, vellichte werden se
ock klagen, dat me den armen lüden, vorarmeden
börgern unde börgerschen wat ut der kasten geven
schal, densülven schöllen de andern, de dem evan-
gelio Christi togedan synt, fründlick, doch ernstlick,
antwerden.
Tom ersten, dat de stadt edder börger ganz nicht
darto leggen, darumme dörven de affgünstigen sol-
cken schuw nicht vorwenden, dat wy darumme uns
nicht scholden vorschaffen so vele predicanten, alse
wy wol bedarven, unde nicht anrichten solck eine
herlike schole vor düsse gude unde eerlike, grote
stadt.
Tom andern so kricht nu unse s[t]adt solck einen
kerckenschat, den wy nüwerlde6 hebben gehat vor
unse predicanten, scholgesellen unde unse arme lüde,
uns, unsen kindern unde nakömelingen bet tom
jüngesten dage to gude. Hett dat de stadt beswert?
Tom drüdden, de fromen lüde, de uns gesandt
synt, unde de wy to düsser ordeninge to stellende
gebruken, maken sölcke ordeninge ganz nicht sick
sülvest edder öhren kindern to gude, dat ys jo klar
am dage, sunder unser stadt to denste, tom geist-
liken (van Godde bevolen) regimente, so were wy
öhne twar seer undankbar, wenn wy wolden seggen,
se willen de stadt besweren.
Tom veerden, ydt synt nicht unfledige corschöler,
de wy beropen tom predigeampte unde tor scholen,
sunder lüde, de lande unde lüde denen können. Wy
möten se hebben, holde wy se nicht recht, so ten se
anders worhen, wente dat leve evangelion, Godde
sy loff, ys scheer7 alderwegen upgegan, unde heren
unde stede söken unde förderen sölcke predicanten
unde magistros, wor se se men överkomen können,

6 = niemals; vgl. Schiller und Lübben III, 213.
7 = bald, schnell, in kurzer Zeit; vgl. Schiller und
Lübben IV, 76; Lasch und Borchling III, 82.
8 = mieten; vgl. Schiller und Lübben III, 55.
9 = erwerben; vgl. Schiller und Lübben V, 692f.
Vgl. oben S. 841, Anm. 10. Druckvorlage: gülgen.
11 = traun, in Wahrheit (auf Treu und Glauben); vgl.
Schiller und Lübben IV, 620f.

alle dage mit groten tosagen. Wenn wy einen knecht
edder maget meden8 schöllen, so late wy uns nicht
affschrecken mit solcker rekenschop: ydt wil vele
kosten, so vel loen, etent unde drinkent mot ick
öhne geven, wy gedenken allene, dat wy se hebben
möten. Overst yn düsser saken maket ydt de düvel
beswerlick, unde wy können se doch nicht entberen.
Tom vöfften, worumme maket men doch so giftich
solcke rekenschop, gelick yfft solck eine grote
summa geldes twe edder dre allene jarlick scholden
hebben ? Wy hebben eine grote stadt unde, Godt
sy gelovet, seer vel volkes, darto möte wy vele
predicanten hebben, grote bene möten grote hosen
hebben. Wenn solcke besoldinge velt, so krigen de
predicanten ein juwelick kume, dat he eerlick huss
kan holden, de doch scholden wat darby warven9,
dat se öhren kindern könden nalaten, wenn se ein
föder holtes vor einen gülden10 schöllen köpen, so
wert ydt sick wol fynden. Einer juweliken parre
synt truwen11 ym talle12 ganz ringe predicanten
togeschreven, se bedörften wol mer. Ein juwelike
kercke geve öhren predicanten den sold, dat wert jo
einer kercken nicht to vel, so dörf men solcke grote
rekenschop nicht slan up de predicanten, gelick yfft
alle predicanten ein predicante weren, unde yfft
gelick eine kercke allene so vel scholde utgeven.
Item alle kercken stücken tosamende, dat se men
eine gude eerlike schole holden13. Synt doch wol
söven kercken, so dörf me alles nicht up einen ort
reken, wor me nicht tokomen kan ynt erste, eer alle
lene yn de kasten fallen, dat unde noch mere neme
men van den klöstern, dat wy eine rike kasten
krigen. Wenn de klöstergöder nicht scholden komen
to solcker eere unde rechtem goddesdenste, weme
wörden se denne nütte14 ? De mönnicke beholden
ane dat gelickwoi neringe genoch. Wy willen nicht
unchristlick handelen.
Tom sösten, dyt ys noch dat alderbeste, dat unse
gude stadt mit düsser angestelder christliker orde-
12 = Zahl, Anzahl; vgl. Schiller und Lübben IV,
506.
13 Zum Schulwesen vgl. Einleitung, oben S. 823, und
Schulordnungen, unten S. 870 ff. 903 ff.
14 Betr. die Nutzung der Klostergüter zugunsten des
gemeinen Kastens vgl. Luthers Vorrede zur Leis-
niger Kastenordnung 1523; WA 12, llff.

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