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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0123
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Stadt Hildesheim

lection lesen unde de hilligen schrift utleggen vor
de gelerden unde de dar leren willen. Dem wille wy
jarlick vororden to geven twehundert gülden yn
münte unde öhme ock yngeven eine bequeme
woninge, alse wy denne ock de anderen predica[n]-
ten mit gelegen woningen by öhren kercken möten
vorsorgen.
Unde dewyle unse predicanten, de uns mit God-
des worde truwlick und flitich gedent hebben, wenn
se sterven, nicht sünderlike güder hebben van öh-
rem ampte, de se öhren frouwen unde kinderen
mögen nalaten, willen wy gerne raden helpen unde
behülplick syn den vorlaten, so lange, dat öhre sake
beter wert. Wente schöllen wy anderen armen tröst-
lick syn, worumme nicht vel mer solcken ? Dar-
umme ys ydt vor gudt angeseen dorch de gelerden,
de wy hebben gebruket, düsse ordinantien to stel-
lende, dat wy setten also, wenn ein predicante,
pastor edder de superintendente by uns stervet, so
schöllen alle andere predicanten unde pastoren to-
treden unde delen sick yn des vorstorven arbeyt
unde vorwaren den ummeschicht yn syner kercken
ein jarlank, dat verndel jars, darinne he gestorven
ys, nicht mit yntorekende, sunder dat jar anto-

Mitvisitator des Tenneberger Amtes 1526, dem säch-
sischen Kurfürsten in einem Consilium im Anhang
zum Visitationsbericht unterbreitet. Dieser Aufseher
sollte ,,kein herr uber sie sein, nit uber sie herrschen,
sondern sollen alle gleich sein, sich einer des andern
diener und mitknecht erkennen". Als Funktion des
Aufsehers wird angegeben, daß er ermahnt und im
Notfall bei der Obrigkeit Anzeige erstattet. Vgl.
Sehling I, 34f.; weiteres zum Superintendenten-
amt in Kursachsen ebd. 146 u. unten, auch H.-W.
Krumwiede, Zur Entstehung des landesherrlichen
Kirchenregiments in Kursachsen und Braunschweig-
Wolfenbüttel. 1967, 85. Bei dem hier sich abzeich-
nenden Superintendentenamt ist positiv zu werten,
daß der Gedanke an eine neue Hierarchie abgelehnt
wird. Das reformatorische Superintendentenamt
wird dann von Melanchthon (in Verwandtschaft
zum Mecumschen Vorschlag; vgl. Unterricht der
visitatoren ... 1528, Sehling I, 171) und besonders
von Bugenhagen geprägt; seine Kennzeichen nach
den KOO Bugenhagens: der Superintendent ist ein
besonders qualifizierter theologischer Lehrer, für die
Lehre seiner Pastoren verantwortlich, Apologet der
Lehre. Vgl. Braunschweiger KO von 1528 (Sehling
VI, 1, 373f.); Hamburger KO von 1529 (Sehling V,
501); Lübecker KO von 1531 (Sehling V, 349);

rekende vam negestkomende verndel jars, unde de
wedewe unde de kinder schöllen hebben dat ganze
solarium edder solt van demsülvigen ganzen jare,
hyrmede geit der kercken nichtes aff. Unde de
pastores, predicanten mit dem superintendenten
werden hyrinne willich syn, dewile dat se weten,
dat öhren frouwen unde kindern ock sölckes wert
wedderfaren9.
Van den ceremonien, wo de scholkindere yn
den kercken singen unde lesen schöllen, dat
men se dardorch gewene unde holde to der
hilligen schrift1.
Ein scholgeselle schal des avendes unde morgens
to syner tydt mit synen parkindern yn syne kercken
ördentlick gahn unde dar singen unde lesen laten,
alse hyr vorordent ys. Darna schal he se to huss
tüchtich gahn laten ut der kercken, einen jüweliken
to synen olderen.
Des werkeldages to achten edder negen slegen, so
schöllen de kinder yn de kercken gahn unde twe
van den kinderen schöllen de antiphen2 anheven.

Pommersche KO von 1535 (Sehling IV, 331); KO
für Wolfenbüttel von 1543 (Sehling VI, 1, 45f.).
Der Strahlungsradius der Melanchthonisch-Bugen-
hagenschen Prägung des Superintendentenamtes
dürfte sich bis in den reformierten Raum erstreckt
haben; vgl. Sehling VII, 1, 317. 318. 319. 321ff.
361 f. 383ff. 554. 569. 588. 590 (betr. hinzukom-
mende Bucersche Einflüsse s. ebd. 559 ff.). Vgl. dazu
A.Sprengler-Ruppenthal, Bugenhagen und das
protestantische Kirchenrecht, 221 ff. Vgl. auch unten
S. 857, Anm. 7.
9 Zum Nachjahr bzw. Nachhalbjahr der Pfarrwitwen
s. auch oben S. 846 mit Anm. 5.
1 Das Kapitel stimmt fast wörtlich überein mit dem
entsprechenden in der Wolfenbüttler KO von 1543
(Sehling VI, 1, 50-53). Vgl. auch die einschlägigen
Kapitel in der Braunschweiger KO von 1528 (Seh-
ling VI, 1, 399-405), Hamburger KO von 1529
(Sehling V, 516-525), Lübecker KO von 1531
(Sehling V, 347-348), Pommerschen KO von 1535
(Sehling IV, 339-340), Dänischen KO von 1537
(E.Feddersen, 12-15), Schleswig-Holsteinischen
KO von 1542 (E. Michelsen, 18-24).
2 Versweiser Wechselgesang (eines Psalmes) in zwei
Chören, wobei ein das Leitmotiv angebender Rah-
menvers die eigentliche Antiphon bildet.

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