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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0142
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Kirchenordnung 1544

wenn de tidt der gebort antridt, dat se alsedenne
solcke frouwen trösten unde to danksegginge vor-
manen können umme des willen, dat öhn de gnade,
kinder to telende3, van Godde vorlenet ys, welckör
nicht allen frouwen gegeven wert; so ys ock Godt
sülvest by der gebort unde vorvüllet de stede der
bademömen, alse wy lesen Machabeorum ym andern
boke ym 7. capittel [22]. Tom lesten, so ys dat ock
gewiss, dat Godt yn solcken nöden helpen wil, so-
ferne he darumme gefördert unde angeropen wert.
Item sölcke frouwen möten ock weten, dat de wee-
dage der gebort ein krütze edder liden sy, welckör
Godt den frouwen sülvest upgelecht hefft, Genesis,
cap. 3 [16], unde doch ein solck krütze, welckör al-
sobalde yn grote froude schal vorwandelt werden,
Johan. 16 [21]. Wo se denn ock der gebort halven
yn fare edder nodt quemen, dat se gedüldich syn
unde sick Godde dem Heren bevelen mit allen
Christen, de dat krütze dragen möten. Doch ys nicht
nodt, dat me öhne solckes antöge, ydt sy denn fahr
hves unde levendes vorhanden4 Wenn de frucht
levet yn moderlive, so schal de moder, ja, ock de
vader unde weme se ydt ock bevelen, also beden:
Wy danken dick, hemmelsche Vader, dat du uns
mit frucht des lives begavet heffst. Leve Here Jhesu
Christe, wy bringen dick mit unsem bede dat kinde-
ken up dyn wort, alse du gesecht hefft: Latet de
kinderken to mick komen unde weret öhn nicht,
wente solcker ys dat ryke Goddes [Mk 10, 14]. Lat
düt kindeken dyn syn. Kümpt ydt darto, alse wy
hopen, dat dat kind yn unse hende kümpt, so wille
wy dick ydt ock todragen to dyner döpe na dynem
bevele.
Wy schöllen nicht twivelen, Christus nimpt dat
kindeken an yn moderlive, wenn wy ydt öhm so to-
dragen mit unsem bede na synem worde: Latet de
kinderken to mick komen, wente Christus ys ock yn
moderlive gedragen, dat ock unse kinder yn moder-
live, de wy öhm mit dem bede todragen scholden,
syne mitgenoten syn. Nimpt he nu se an, so döfft he
se sülvest mit dem hilligen Geiste, eher se tor water-
döpe by uns komen, alse he Johannem Baptistam
3 = gebären; vgl. Schiller und Lübben IV, 522.
4 Hier setzt Schleswig-Holstein 1542 mit dem oben
angegebenen (vgl. Anm. 2) zweiten Themateil ein:
Mit der frucht scholen se also ummegan (Fort-
setzung anders als in unserem Text.)

doffte unde waschede van synen sünden yn moder-
live mit dem hilligen Geiste, de ock hernamals nene
ander döpe krech, sunder doffte ut Goddes bevele
de andern unde Christum sülvest mit der waterdöpe,
alse ock Christus de heiden doffte mit dem open-
baren hilligen Geiste ym huse Cornelii, eher se de
waterdöpe, van Christo bevölen, kregen, Acto. 10
[44.47]. Darto hebbe wy ock vele unde starke
goddestosage, dat unse gebet schal erhöret werden.
Können de kinderken Christo up den armen to-
gedragen werden, vele mer unde starker könne wy
se öhm todragen mit unsem bede. Ym evangelio
werden de kranken Christo togedragen nicht allene
mit den schuldern unde armen, alse de gichtbrökige
up dem bedde, sunder ock unde alderbest mit dem
geloven, alse de hövetman, Math. 8 [5ff.], brochte
mit synem bede unde seer geloveden geloven dem
gichtbrökigen knechte Christo to unde brochte öhn
doch nicht mit sick. Christus kam ock nicht to öhm
lifflick. Dat överst Christus den knecht annam, yfft
he nu wol up den armen nicht togedragen wert,
bewiset dar syne sundheit wol. So brochte öhn ock
de cananeische frouwe öhre dochter to allene mit
dem bede öhres groten gelovens.
Darumme scholde me der Christen kinder, de me
nicht döpen kan, unde wy wolden se doch van
herten gerne döpen, nergen anders begraven, denn
dar de andern Christen begraven werden. De
wedderlere under dem paweste wedder solcke arme
kinder hefft mannich from herte der olderen seer
bekümmert unde tomartert. Darvan ys tröstlick
geschreven van Doctore Pomerano up den psalm:
Bringet her dem Heren etc.5, welckör scholden
weten alle frouwen unde mans, so were ydt öhn
nicht vannöden, dat se de kinder ane Goddes bevel
döpen yn moderlive unde weten nicht, wat se ma-
ken, können wol harren, so ydt Godde so gevelle,
bet dat se eerlick unde ordentlick tor döpe quemen.
Dat kind ys unvorloren, welckör wy Christo mit
unsem bede tobringen6.
Wenn7 överst ein kind geboren ys unde hastich
krank wert, so schal de bademöme sampt anderen
5 Vgl. oben S. 839 f., Anm. 27.
6 Wolfenbüttel 1543 fügt hier noch an: Ane Christum
averst kan nemand salich werden.
7 In diesem Absatz wieder Übereinstimmung auch mit
Schleswig-Holstein 1542.

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