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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0146
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Kirchenordnung 1544

unde studia linguarum nicht neddergelecht wörden,
yn der meninge, wenn de Christen öhre jögent to
fryen künsten unde gödtliker schrift nicht ertögen,
dat ydt öhne alsedenn de lenge an lereren mangelen
unde de godtsalicheit also by öhn balde vorgan
wörde. Ydt hefft ock gemeldet keyser mit düssem
vorbode unse religion am rechten orde angegrepen,
wenn Godt de Here süs nicht togeseen unde synem
düvelschen vörnemende nicht geweret hedde. Denn
wat de vorachtinge fryer künste3, der grekischen

vorstendygen börgeren trachten flytich, wo se mögen
anrychten eyne sunderge gude schole myt eynem
gelerden manne unde to dem ryngesten myt twen
guden hülperen unde de vorsörgen myt eynem ge-
wyssen gudem solde...". - Hier schon Vorschläge
betr. das Schulgeld, den Unterrichtsstoff, den
Stundenplan. Ebd.: ,,In der scholen schal me mit der
tydt, darna alse ydt den schölren denet, leren de
grammatike, logike, rhetorike, latinisch, grekisch,
hebreisch, poeten, oratores, historien, dat me so upte
gelerde, vornuftyge, vorstendige junge lüde. Darto
schal me hebben sünderge loca na der gelegenheyt
unde vorstande der jungen, ock sünderge stunden
alle werkeldage, vyve edder sösse. Doch dat me den
kynderen des Myddewekens up den namyddach fry
geve, ehrlyck to spelende unde latinische epistelen
unde carmina to schryvende. Dat helpet meer, wen
efft me se mit lerende möde makede. Me schal en
ock künstlyck singen leren, dat me also ock mach
maken frölyke unde lustyge lüde. Darto schal me
ock des hylgen dages unde des hylgen avendes, alse
me ydt nömet, bestellen eyne edder twe stunden,
darynne me lere de 10 gebade Gades, utleggynge des
Credo unde des Pater nosters, etlyke epistelen Pauli
unde etlyke evangelia unde psalme, ane dat me ock
wol alle dage mit der grammatike wol leren kan gude
sede mit velen guden spröken, dat also ock werde
upgewennet eyn främ und christene junk volk...".
Vgl. auch 2. Aufl. S. CCLXVI ff. Vgl. Bugenhagens
grundlegende Ausführungen zum Schulwesen in
Braunschweig 1528 (Sehling VI, 1, 362ff.); ferner
Hamburg 1529 (Sehling V, 495ff.); Lübeck 1531
(Sehling V, 339ff.); Pommern 1535 (Sehling IV,
333. 338); Dänemark usw. 1537 (E.Feddersen,
36ff.); Schleswig-Holstein 1542 (E.Michelsen,
68ff.).
2Cassiodor, Historia Tripartita VI, 17; MSL 69,
1040; CSEL 71, 329. Wolfenbüttel 1543 und unsere
KO sind hier offenbar abhängig von der von Corvi-
nus verfaßten KO für Calenberg-Göttingen von 1542
(Sehling VI, 2, 783f. mit Anm. 50).
3 Wolfenbüttel 1543: guder künste. - Artes liberales,
Inbegriff antiker und mittelalterlicher Allgemein-
bildung; Siebenzahl feststehend seit Terentius Varro
(116-27 v. Chr.) und Augustin, ebenso die Reihen-

unde hebreischen sprake unde der gödtliken schrift
vor unrat mit sick bringen, hefft de kercke, de de
heilosen sophisten unde scholpapen öhre barbarye
över de schrift geeret hebben wolden4 mit merklikem
affbröke der rechten godtsalicheit erfaren möten.
Demna wille wy to der tucht der armen jögent,
de dennoch yn der döpe Christo einmal togevöret
unde derhalven, dat se by öhme jümmer blive,
geleret, underwiset unde angeholden werden mot5,
de schole wedderumme anrichten unde wo men mit

folge: Grammatik, Rhetorik, Dialektik (,,Trivium"
seit Isidor von Sevilla), Arithmetik, Geometrie,
Musik, Astronomie (,,Quadruvium" seit Boethius,
später ,,Quadrivium"). Darstellung von Martianus
Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii, ed.
A.Dick 1925. Im Mittelalter wurden die artes libe-
rales in den Artistenfakultäten der Universitäten
gepflegt. Sie gaben aber auch die Grundlage des
Bildungswesens in den Klöstern und Schulen ab, so-
weit diese über elementare Kenntnisse und Fertig-
keiten hinausführten. Vgl. H. Wolter, RGG3 I,
636; A. Reble, Geschichte der Pädagogik. 19658 ,
24f. 42. 43. 49. 51. 54f.
4 Wolfenbüttel 1543: hefft de kercke der heilosen
sophisten und scholepapen (de ere barbareye over de
schrift geehret hebben wold). - Zur Hinwendung zu
den christlichen Quellenschriften im Urtext bereits
durch die Humanisten (Erasmus, Reuchlin) s. A.
Reble, aaO. 70. Für Luther ergibt sich aus der Not-
wendigkeit des Schriftstudiums die Notwendigkeit
des Studiums der biblischen Sprachen: ,,So lieb nu
als uns das evangelion ist, so hart last uns uber den
sprachen halten. Denn Gott hat seyne schrift nicht
umbsonst alleyn yn die zwo sprachen schreiben
lassen, das Alte Testament yn die ebreische, das Neu
yn die kriechische... Und last uns das gesagt seyn,
das wyr das evangelion nicht wol werden erhalten on
die sprachen. Die sprachen sind die scheyden, daryn
dis messer des geysts stickt ... Denn sobald nach der
apostel zeyt, da die sprachen aufhöreten, nam auch
das evangelion und der glaube und ganze christen-
heyt je mehr und mehr ab, bis das sie unter dem
babst gar versunken ist. Und ist, synter zeyt die
sprachen gefallen sind, nicht viel besonders yn der
christenheyt ersehen, aber gar viel greulicher greuel
aus unwissenheyt der sprachen geschehen". (An die
Ratherren aller Städte deutsches Lands, dass sie
christliche Schulen aufrichten und halten sollen.
1524; WA 15, 37. 38f.).
5 Den inneren Zusammenhang zwischen Taufe und
Unterweisung zeigt Bugenhagen besonders deutlich
in Braunschweig 1528 auf, allein schon durch den
Aufbau der KO, die als erstes von der Taufe, als
zweites von den Schulen handelt (aaO. 351ff. 362ff.).

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