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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0160
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2. 1543, feria 3a post Reminiscere.
Up dem ebrock und ander horerye umegelesen1.

Unse hern vam raide, 24 mahn, ock olderlude der
gemeinheit, van ampten und gylden2, hebben sick
up hute, Dinxstach nach dem Sondage Reminiscere,
eyndrechtiglich beraden und entsloten und wyllen
ernstlich geholden hebben, datt eyn ider inwohner
der stadt Hildensem, de im ehestande levet, van
mahn- und fruwesparsonen, na dem gebode Goddes,
schal syne ehestand unvorucklich leisten und hol-
den, und iff imand van eheluden, beyderleie kunne3,
keymande4 utgesloten, des im ehebrocke befunden
und overtreden worde, schal to iderer tydt, so
vaken5 he des betreden und ungeborlich befunden,
1 Druckvorlage: Stadt-A. Hildesheim, Akte 173/1,
Bl. 7/8 (handschriftliches Konzept). Obige Über-
schrift auf dem Aktenstück als Dorsalvermerk.
2 Die vorliegende Formel kommt in den Urkunden
des 15./16. Jh.s häufig vor (z. B. 1459 Urkunden-
buch VII, Nr. 351; 1460 VII, Nr. 383; 1503 VIII,
Nr. 454; 1525 VIII, Nr. 718; 1527 VIII, Nr. 774;
1530 VIII, Nr. 815; 1542 VIII, Nr. 861). Ratsherren
waren ursprünglich die Mitglieder der Patrizier-
familien. Ende des 13. Jh.s suchten die ,,Ämter",
Zusammenschlüsse der Handwerker, Einfluß zu ge-
winnen. Bei der Aufzeichnung des Stadtrechtes
[1300] sind neben 4 Vertretern des Rates auch 4
der Handwerksämter beteiligt (Urkundenbuch I,
Nr. 547 f.). In der ersten Hälfte des 14. Jh.s bildeten
sich neue gewerbliche Körperschaften, die Gilden.
Sie erhielten ihre Satzungen vom Rat im Gegensatz
zu den vom Hochstift lehnbaren Ämtern. 1310
bildete sich die Kramergilde (Urkundenbuch I, Nr.
612; 1420 ebd. III, Nr. 933 neue deutsche Ordnung).
Es folgten die Wollenweber, Kürschner, Schmiede
und Schneider. ,,Unse heren vomme rade unde
XXIV man, olderman der gemeyntheit, veer ampte
unde vif gilde der stad Hildensem..." (1527 Ur-
kundenbuch VIII, Nr. 774). Mit den Ämtern und
Gilden gewann im 14. Jh. auch die ,,meinheyt", d. h.
die weder zu den Geschlechtern noch zu den Hand-
werkskörperschaften zählende Bürgerschaft, mehr
Rechte. In der Verfassung von 1345 (Urkunden-
buch I, Nr. 949 f.) stellt auch sie 12 Männer für den
Gesamtrat. Der Rezeß von 1445 (Urkundenbuch IV,
Nr. 592) sieht nur 24 Ratsherren vor: ,,De veirunde-
twintich personen van neynes partes wegene bisun-
deren sunder van der gemeynen stad wegene in dem
rade sitten schullen... twolve... in den sittenden
rad gesat werden, dat jar de sittende rad to wesende,
unde de anderen twolve schullen dat jar de narad
wesen unde dat so vord umme to gande eyn jar
umme dat ander." Außerdem wird ein Kollegium von
24 Mann eingesetzt, bestehend aus 12 Mitgliedern

twintich gulden6 munte ohne gnade to gevende
schuldich syn, und schal to der behoif eyn sonder-
lick stede vorordent werden, darhen de overtreder
schullen dag und nacht gesettet werden. so lange
datt gelt utgegeven und betalet. Und alle dejennen,
so bynnen Hildensem up der reghe7 woynen und
hus holden, und neyne borger syn, geistlich und
wertlich8, schullen tor stund und twischen hute
dato und erstkommende Oistern borger werden und
sick by de hern und kemer9 erfoigen10 willen und
affdracht11 maken, ader sunst mit dem overtaele12
aus der Gemeinheit und je 6 aus den Ämtern und
Gilden. Nach neuerlichen Änderungen greift man
1449 (Urkundenbuch IV, Nr. 712) auf diese Zu-
sammensetzung des Rates und der 24 Mann zurück.
Die 24 Mann lutterten jährlich den Rat und setz-
ten den neuen Rat am 7. Jan. ein. Das Kollegium
wurde bei wichtigen besonders bezeichneten Ent-
scheidungen vom Rat herangezogen. Die ,,olderlude
der gemeinheit" werden zuerst 1446 (Urkunden-
buch IV, Nr. 635) genannt. 1481 erhielten sie vom
Rat auf ihre Frage, ,,wu se dat holden scholden ?"
die Antwort ,,dat se koren ut der gemeinen stat ge-
lyk alse me den rat deit." (Henning Brandis' Dia-
rium, 44.) Im Rezeß des Rates, der Gemeinde, Ämter
und Gilden über die Wahl der 24 Mann von 1460
(Urkundenbuch VII, Nr. 397) heißt es: ,,Unde alle
jar des Fridages vor Winachten mogen dusse vor-
benomeden twolf oldermanne der meynheit, sesse
van den ampten und sesse van den gilden, gan uppe
dat radhusz to Hildensem unde lutteren de vorscre-
ven XXIV manne...". 1528 wird die Regierung des
Rates, der Vierundzwanzig und der Stadtrezeß von
der versammelten Bürgerschaft anerkannt (Ur-
kundenbuch VIII, Nr. 798). A. Bertram I, 514ff.;
J. Gebauer I, 81ff. 170ff. Vgl. Einleitung, oben S.793.
3 = Geschlecht; vgl. Schiller und Lübben II, 597f.
4 = niemand; vgl. Schiller und Lübben II, 442;
Lasch und Borchling II, 537.
5 = oft; vgl. oben S. 837, Anm. 10.
6 Vgl. oben S. 841 mit Anm. 10; unten S. 899 mit
Anm. 5.
7 = Reihe; vgl. Schiller und Lübben III, 447f.
8 = weltlich; vgl. oben S. 865, Anm. 17.
9 = Kämmerer; vgl. Schiller und Lübben II, 443;
Lasch und Borchling II, 537.
10 =sich verfügen; vgl. Schiller und Lübben I,
741; Lasch und Borchling I, 589.
11 = Entschädigung, Genugtuung; vgl. Schiller und
Lübben I, 21; Lasch und Borchling I, 19f.
12 = Verurteilung; vgl. Schiller und Lübben lll, 280.

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